Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Aktuelles
Regierungsentwurf für ein "Corona-Steuerhilfegesetz"
Die Bundesregierung
hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem insbesondere die
steuerlichen Rückwirkungszeiträume in § 9 S. 3 und § 20 Abs. 6
S. 1 und S. 3 Umwandlungssteuergesetz vorübergehend verlängert
werden. So soll ein Gleichlauf mit der Verlängerung des
Rückwirkungszeitraums in § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG hergestellt
werden. Der Regierungsentwurf kann
hier abgerufen werden.
Entscheidung der Woche
BGB § 917
Kein gewohnheitsrechtliches Wegerecht aufgrund Duldung durch den
Nachbarn
1a. Gewohnheitsrecht
kann als dem Gesetz gleichwertige Rechtsquelle allgemeiner Art
nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug
auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen entstehen, nicht aber
beschränkt auf ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen einzelnen
Grundstücksnachbarn.
1b. In einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen
Grundstücksnachbarn kann ein Wegerecht nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund
schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht unter den
Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen.
2. Die i. S. v. § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnungsmäßige Benutzung
eines Gewerbegrundstücks kann es nach den Umständen des
Einzelfalls erfordern, dass auf dem verbindungslosen
Grundstücksteil Kraftfahrzeuge be- und entladen sowie
gegebenenfalls auch abgestellt werden, so dass eine Zufahrt
erforderlich ist; dies setzt aber in der Regel voraus, dass das
Grundstück nach seinen konkreten Verhältnissen eine gewerbliche
Nutzung größeren Umfangs erlaubt.
BGH, Urt. v.
24.1.2020 – V ZR 155/18
Immobilienrecht/allg.
Zivilrecht
BGB §§ 823 Abs. 2, 1004; BauO BE §
30 Quasinegatorischer Beseitigungsanspruch bei nachbarrechtswidrigem
Gebäudezustand
1. Beantragen die
Parteien einvernehmlich die Verlegung eines Verkündungstermins,
weil sie ernsthafte Vergleichsgespräche führen wollen, ist
regelmäßig ein erheblicher Grund im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO
gegeben; das Gericht darf bei dieser Sachlage jedenfalls keine
Endentscheidung verkünden, sondern es muss den Termin verlegen
und den Parteien zumindest Gelegenheit geben, gemäß § 251 ZPO
das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. 2a. Steht der Zustand eines Gebäudes im Widerspruch zu
nachbarschützenden Vorschriften des Bauordnungsrechts (hier:
fehlende Brandwand), kann der Nachbar mit dem quasinegatorischen
Beseitigungsanspruch die Beseitigung der Störung verlangen; der
Grundstückseigentümer, der einen solchen Zustand seines Gebäudes
aufrechterhält, ist ohne weiteres als Zustandsstörer anzusehen. 2b. Für den quasinegatorischen Beseitigungsanspruch bedarf es
keiner über die Verletzung des Schutzgesetzes hinausgehenden
Beeinträchtigung des Nachbarn; der Zustand des Gebäudes muss
nicht konkret „gefahrenträchtig“ sein, wenn das Schutzgesetz
dies nicht verlangt (Klarstellung zu Senat, Urteil vom 22.
September 2000 – V ZR 443/99, NZM 2001, 396, 397). 3. Widerspricht ein Gebäude nachbarschützenden
Brandschutzvorschriften, kann dessen Eigentümer die von dem
Nachbarn beanspruchte Störungsbeseitigung nicht gemäß § 275 Abs.
2 BGB verweigern, weil selbst ein hoher finanzieller Aufwand
nicht in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse
des Nachbarn steht.
BGH, Urt. v.
13.12.2019 – V ZR 152/18
Familienrecht
BGB
§§ 675, 249; ZPO § 287; EStG §§ 22 Nr. 2, 23
Anwaltshaftung bei fehlerhafter steuerlicher Beratung; Scheidungsfolgenvereinbarung
1. Berät ein
Rechtsanwalt eine Mandantin im Zusammenhang mit einer
Scheidungsfolgenvereinbarung, hat er sie auf die Notwendigkeit
der Einschaltung eines Steuerberaters hinzuweisen, sofern sich
bei sachgerechter Bearbeitung wegen der Übertragung von
Grundeigentum eine steuerliche Belastung nach §§ 22 Nr. 2, 23
EStG aufdrängen kann und er zu einer steuerrechtlichen Beratung
nicht bereit oder imstande ist.
2. Der durch eine fehlerhafte steuerliche Beratung verursachte
Schaden umfasst die Kosten eines von dem Mandanten eingeholten
Wertgutachtens, mit dessen Hilfe ein geringerer Verkehrswert
eines für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Grundstücks
nachgewiesen und die Steuerlast verringert werden kann.
3. Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens gilt nicht, wenn
der vernünftigerweise einzuschlagende Weg die Mitwirkung eines
Dritten voraussetzt.
BGH, Urt. v.
9.1.2020 – IX ZR 61/19
Erbrecht
BGB
§§ 2065 Abs. 2, 2069, 2113 Abs. 2; GBO §§ 16, 51
Eintragungspflichtigkeit des Nacherbenvermerks bei bedingter
Nacherbfolge
Im Falle der
Anordnung einer Nacherbfolge unter der Bedingung, dass der
Vorerbe nicht letztwillig anderweitig über den ererbten Nachlass
verfügt, darf die Eintragung des Nacherbenvermerks vor dem Tod
des Vorerben grundsätzlich nicht unterbleiben. Denn erst mit dem
Tod des Vorerben kann die Frage beantwortet werden, ob
Nacherbfolge eingetreten ist (Anschluss an Senat, 15 W 102/13
und 15 W 364/18).
OLG Hamm, Beschl. v.
5.11.2019 – 15 W 342/19
Steuerrecht
GrEStG §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 6a; UmwG §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 Abs. 2
Nr. 2; AEUV Art. 107 Abs. 1
Grunderwerbsteuerbefreiung im Konzern bei Umstrukturierung
1. § 6a GrEStG gilt
für alle Rechtsträger i. S. des GrEStG, die wirtschaftlich tätig
sind. Unerheblich ist, ob die Beteiligung an der abhängigen
Gesellschaft im Privat- oder im Betriebsvermögen gehalten wird.
2. Die Vorschrift erfasst auch den Fall, dass eine abhängige
Gesellschaft auf eine natürliche Person als herrschendes
Unternehmen verschmolzen wird.
3. Die in § 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur
insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten
Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.
4. Bei der Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf ein
herrschendes Unternehmen muss das herrschende Unternehmen
innerhalb von fünf Jahren vor der Verschmelzung zu mindestens 95
% an der verschmolzenen abhängigen Gesellschaft ununterbrochen
beteiligt gewesen sein (Vorbehaltensfrist). Die Frist von fünf
Jahren nach dem Umwandlungsvorgang (Nachbehaltensfrist) muss in
Bezug auf die verschmolzene abhängige Gesellschaft nicht
eingehalten werden, weil sie aufgrund der Verschmelzung nicht
eingehalten werden kann.
BFH, Urt. v.
21.8.2019 – II R 15/19
GrEStG §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 1
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei einheitlichem
Erwerbsgegenstand
Ergibt sich bereits
aus den zivilrechtlichen Vereinbarungen, dass Gegenstand des
Erwerbs nicht das unbebaute, sondern das Grundstück in seinem
(zukünftig) bebauten Zustand ist, sind die Bauerrichtungskosten
in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Sie bilden zusammen
mit dem Kaufpreis für das (noch) unbebaute Grundstück die
Gegenleistung für den Erwerb des (zukünftig) bebauten
Grundstücks.
BFH, Beschl. v.
10.12.2019 – II B 20/19
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