Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 1004 Abs. 1, 906 Abs. 2 S. 2; NRG BW § 16 Abs. 1
Beseitigungsansprüche bei Einhaltung der nachbarrechtlichen
Vorschriften
1 a. Der Eigentümer
eines Grundstücks ist hinsichtlich der von einem darauf
befindlichen Baum (hier: Birken) ausgehenden natürlichen
Immissionen auf benachbarte Grundstücke Störer i. S. d. § 1004
Abs. 1 BGB, wenn er sein Grundstück nicht ordnungsgemäß
bewirtschaftet. Hieran fehlt es in aller Regel, wenn die für die
Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen
eingehalten sind.
1 b. Ein Anspruch auf Beseitigung des Baums lässt sich in diesem
Fall regelmäßig auch nicht aus dem nachbarlichen
Gemeinschaftsverhältnis herleiten.
2. Hält der Grundstückseigentümer die für die Anpflanzung
bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen ein, hat der
Eigentümer des Nachbargrundstücks wegen der Beeinträchtigungen
durch die von den Anpflanzungen ausgehenden natürlichen
Immissionen weder einen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2
Satz 2 BGB in unmittelbarer Anwendung noch einen
nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2
analog (Abgrenzung zu Senat, Urteil vom 27. Oktober 2017 –
V ZR 8/17, ZfIR 2018, 190).
BGH, Urt. v.
20.9.2019 – V ZR 218/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 31, 540 Abs. 1, 823 Abs. 1, 826, 985, 986
Vereitelung der
Räumungsvollstreckung durch Untervermietung; vorsätzliche sittenwidrige Schädigung
1. Ein Mieter ist
dem Vermieter nach § 826 BGB zum Schadensersatz verpflichtet,
wenn er den Erlass eines Räumungsurteils gegen ihn vorhersehen
kann und vertragswidrig untervermietet, um die Vollstreckung zu
verhindern oder zu erschweren.
2. Ist die Mieterin eine GmbH kommt eine persönliche Haftung des
Geschäftsführers wegen eines Missbrauchs der korporativen
Haftungsbeschränkung in Betracht.
OLG München,
Teilurt. v. 2.5.2019 – 32 U 1436/18
Erbrecht
BGB
§§ 133, 138 Abs. 1, 1937, 2082 Abs. 3, 2195; TestG § 48 Abs. 2;
FamFG § 26; ZPO § 291
Ergänzende Testamentsauslegung bei Änderung der Rechtslage
Bei der Auslegung
eines durch einen jüdischen Erblasser in der Zeit des
Nationalsozialismus errichteten Testaments kann die nicht
vorhergesehene Änderung der Rechtslage durch den Wegfall
diskriminierender gesetzlicher Regelungen nach Ende des Zweiten
Weltkriegs eine für eine ergänzende Testamentsauslegung
hinreichende Lücke darstellen.
OLG Karlsruhe,
Beschl. v. 30.9.2019 – 11 W 114/17 (Wx)
Öffentliches Recht
BayBO
Art. 76 S. 2; BauNVO § 11 Abs. 2
Keine „Wohnungsnutzung“ bei Nutzung von Räumen oder Gebäuden als
Ferienwohnung
Die entgeltliche
Nutzung von Räumen oder Gebäuden, die einem ständig wechselnden
Kreis von Gästen vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung
gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen
Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind (Ferienwohnungen), lässt
sich nicht als Wohnnutzung ansehen. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
VGH München, Beschl.
v. 12.8.2019 – 15 ZB 19.921
VwGO
§ 40 Abs. 1 S. 1; GemO BW §§ 4 Abs. 4 S. 2 Nr. 1, 18 Abs. 1 u. 6 S.
1, 32 Abs. 1 S. 1, 35 Abs. 1 S. 1 u. 2; GG Artt. 3 Abs. 1, 28 Abs. 2
S. 1
Bauplatzvergabe aufgrund Bauplatzvergaberichtlinie
1. Für die Vergabe
von Bauplätzen aufgrund einer Bauplatzvergaberichtlinie, die
eine Gemeinde zur Förderung eines bestimmten Personenkreises
erlässt, ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der
Verwaltungsrechtsweg eröffnet, wenn die Gemeinde im Interesse
der Entwicklung der örtlichen Sozialstruktur auf die Vergabe der
Bauplätze einwirken will.
2. Es widerspricht dem Sinn und Zweck des Gebots der
Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen, wenn in
nichtöffentlichen Klausurtagungen und einer nichtöffentlichen
Sitzung die maßgebliche Sachdiskussion vorweggenommen wird und
in öffentlicher Sitzung lediglich kursorische Wortmeldungen
erfolgen und dann abgestimmt wird.
3. Ein Gemeinderatsbeschluss ist gem. § 18 Abs. 1 und Abs. 6
Satz 1 GemO rechtswidrig, wenn ein Mitglied des Gemeinderats in
der Beratung und Beschlussfassung mitwirkt und sich in
unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Abstimmung über
eine Vergaberichtlinie auf einen Bauplatz in dem Gebiet bewirbt.
VG Sigmaringen,
Beschl. v. 17.6.2019 – 3 K 7459/18
Steuerrecht
ErbStG §§ 3, 20 Abs. 1 u. 3; AO §§ 5, 219; BGB §§ 1922, 2059
Erbschaftsteuer ist Nachlassverbindlichkeit; keine Beschränkung der
Erbenhaftung für Erbschaftsteuerschulden
1. Die vom Erben als
Gesamtrechtsnachfolger aufgrund Erbanfalls nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG i. V. m. § 1922 BGB geschuldete Erbschaftsteuer ist eine
Nachlassverbindlichkeit (Fortführung des BFH-Urteils vom
20.01.2016 – II R 34/14, BFHE 252, 389, BStBl II 2016, 482).
2. Eine Beschränkung der Erbenhaftung für
Erbschaftsteuerverbindlichkeiten ist nach § 2059 Abs. 1 Satz 2
BGB ausgeschlossen.
3. Bei der Inanspruchnahme des Nachlasses nach § 20 Abs. 3
ErbStG besteht ein (Entschließungs-)Ermessen, sodass
grundsätzlich keine Verpflichtung zur vorrangigen
Inanspruchnahme besteht.
BFH, Urt. v.
4.6.2019 – VII R 16/18
|