Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 906 Abs. 2 S. 2, 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1
Nachbarrechtliche Haftung bei Detonation einer Weltkriegsbombe
1. Ein Bauschutt
recycelndes Unternehmen verstößt nicht gegen die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt, wenn in seinem Betrieb Betonteile, die
nicht bekanntermaßen aus einer Abbruchmaßnahme stammen, bei der
mit Bomben im Beton gerechnet werden muss, vor ihrer
Zerkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel auf
Explosivkörper untersucht werden.
2a. Wer die Beeinträchtigung seines Nachbarn durch eine eigene
Handlung verursacht, ist Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.
Seine Qualifikation als Störer hängt, anders als bei einem
mittelbaren Störer und beim Zustandsstörer, nicht von dem
Vorliegen entsprechender Sachgründe dafür ab, ihm die
Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen.
2b. Beschäftigte können selbst unmittelbarer Handlungsstörer nur
sein, wenn ihnen ein eigener Entschließungsspielraum mit
entsprechendem Verantwortungsbereich verbleibt, aber nicht, wenn
sie weisungsgebunden sind.
2c. Die Regelung in § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist auf
Beeinträchtigungen nicht entsprechend anwendbar, die durch die –
unverschuldete – Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten
Weltkrieg verursacht werden.
BGH, Urt. v. 5.7.2019 – V ZR 96/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 133, 157, 313
Tod des zu pflegenden wohnberechtigten
Grundstücksübergebers kurze Zeit nach Abschluss des
Übergabevertrags
Vereinbaren die
Vertragsparteien bei einer Grundstücksübertragung ein Wohnrecht
des Veräußerers und eine Pflegepflicht der Erwerberin, gibt der
Tod des Veräußerers nur wenige Wochen nach Vertragsschluss für
sich genommen weder Anlass für eine ergänzende Vertragsauslegung
noch für eine Anpassung des Vertrags nach den Grundsätzen des
Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Sinne eines Zahlungsanspruchs
der Erben des Veräußerers als Ausgleich für das infolge des
Todes gegenstandslos gewordene Wohnrecht und die
Pflegeverpflichtung.
OLG Frankfurt,
Beschl. v. 6.5.2019 – 8 W 13/19
BGB
§§ 687 Abs. 1, 812 Abs. 1 S. 1, 951; WEG § 21 Abs. 4
Kein Ersatzanspruch bei eigenmächtiger Instandsetzungsarbeit des
Wohnungseigentümers
a) Dem
Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Instandsetzungs- und
Instandhaltungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchführt,
steht kein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder
Bereicherungsrecht zu. Das gilt auch dann, wenn die von dem
Wohnungseigentümer durchgeführte Maßnahme ohnehin hätte
vorgenommen werden müssen (insoweit Aufgabe von Senat, Urteil
vom 25. September 2015 – V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 12 f.).
b) Auch wenn der Wohnungseigentümer eine Maßnahme zur
Instandsetzung oder Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums in
der irrigen Annahme durchführt, er habe diese als
Sondereigentümer auf eigene Kosten vorzunehmen (hier:
Fenstererneuerung), besteht ein solcher Anspruch nicht.
BGH, Urt. v.
14.6.2019 – V ZR 254/17
Familienrecht
BGB
§§ 1577 Abs. 2, 1578 Abs. 1, 1581, 1586b, 1603, 1615l Abs. 2 S. 2 u. Abs. 3 S. 4
Konkurrenz des Anspruchs aus § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB mit einem
gleichrangigen ehelichen Unterhaltsanspruch
a) Wenn der Anspruch
aus § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB mit einem gleichrangigen ehelichen
Unterhaltsanspruch konkurriert und ersterer bereits vor
Rechtskraft der Scheidung bestanden hat, ist der zum Zeitpunkt
des Todeseintritts des Unterhaltspflichtigen bestehende Bedarf
des Unterhaltsberechtigten fiktiv fortzuschreiben.
b) Den Erben bleibt es unbenommen, sich die Beschränkung ihrer
Haftung auf den Nachlass vorzubehalten (im Anschluss an BGH
Urteil vom 17. Februar 2017– V ZR 147/16 – FamRZ 2017, 1317).
c) Für den Bedarf und die Bedürftigkeit des nach § 1615l Abs. 2
Satz 2 BGB Unterhaltsberechtigten ist auch bei Anwendung des
Halbteilungsgrundsatzes grundsätzlich allein auf das
Erwerbseinkommen abzustellen, das der betreuende Elternteil
infolge der Betreuung nicht mehr (in voller Höhe) erzielen kann
(im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 – XII ZR
121/03 – FamRZ 2005, 442).
BGH, Beschl. v.
15.5.2019 – XII ZB 357/18
Gesellschaftsrecht
BGB
§§ 311 Abs. 3, 823 Abs. 2, 826; GmbHG § 43 Abs. 1; StGB § 266
Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei Veruntreuung von
Gesellschaftsvermögen
a) Bei mittelbaren
Schädigungen setzt ein Schadensersatzanspruch wegen
vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB voraus,
dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu
haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft,
der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht (Fortführung
Senatsurteil vom 20. Februar 1979 – VI ZR 189/78, NJW 1979,
1599, 1600, juris Rn. 16 ff.; BGH, Urteil vom 11. November 1985
– II ZR 109/84, BGHZ 96, 231, 236 f., juris Rn. 15).
b) Die Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH aus § 43
Abs. 1 GmbHG, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft
rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen
nachkommt, besteht grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft,
nicht hingegen im Verhältnis zu außenstehenden Dritten
(Bestätigung Senatsurteil vom 10. Juli 2012 – VI ZR 341/10, BGHZ
194, 26 Rn. 22 f.; ferner BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 – I ZR
242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 23 – Geschäftsführerhaftung).
c) Zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern wegen eines zur Insolvenz der
Gesellschaft führenden "Griffs in die Kasse".
BGH, Urt. v.
7.5.2019 – VI ZR 512/17
GmbHG
§ 46 Nr. 5
Absprache zur Geschäftsführervergütung mit Drittem
Der Kompetenz der
Gesellschafterversammlung zur Regelung der
Geschäftsführervergütung unterfällt auch eine Absprache der GmbH
mit einem Dritten, nach der der Dritte die Kosten, die bei ihm
deshalb ohne Gegenleistung anfallen, weil seine von ihm
bezahlten Mitarbeiter ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der
GmbH nachgehen, der GmbH weiterberechnen darf.
BGH, Urt. v.
14.5.2019 – II ZR 299/17
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