5. - 9. September 2022

Neu auf der DNotI-Homepage

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5. - 9. September 2022

 

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen, Arbeitshilfen und Links.

Da instanzgerichtliche Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.

 

Entscheidung der Woche

 

BauGB § 28 Abs. 1 S. 3
Vorkaufsrecht; Negativzeugnis; (kein) Prüfungsrecht der Gemeinde bzgl. Wirksamkeit des Kaufvertrags

Steht einer Gemeinde kein Vorkaufsrecht zu, kann sie die Ausstellung eines Negativzeugnisses im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB nicht mit der Begründung verweigern, der Kaufvertrag sei wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig. Denn die Gemeinde hat in diesem Fall kein über die Frage des Bestehens eines Vorkaufsrechts nach den § 24, § 25 BauGB hinausgehendes Recht, die Vereinbarkeit der vertraglichen Regelungen mit anderen öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Vorgaben zu prüfen.

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 6.7.2022 – 5 S 2129/20

 


Immobilienrecht/allg. Zivilrecht

 

BGB §§ 916, 917 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 2, 918 Abs. 1
Einräumung eines Notwegrechts auch bei technisch nicht herstellbarer Verbindung

1. Fehlt einem bebauten Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg deshalb, weil die in der bestandskräftigen Baugenehmigung vorgesehene Zuwegung schon bei der Bebauung technisch nicht herstellbar war oder jedenfalls nicht (mehr) hergestellt werden kann, ist das Notwegrecht nicht gemäß § 918 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.
2. Wird durch den Notweg eine Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstück beeinträchtigt, muss der Eigentümer des verbindungslosen Grundstücks die Duldung des Notwegs nicht nur von dem Eigentümer des Nachbargrundstücks, sondern auch von dem Dienstbarkeitsberechtigten verlangen.
3. Ob eine Zuwegung zu einem bebauten Grundstück den Anforderungen an eine zur ordnungsmäßigen Grundstücksnutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg genügt, beurteilt sich nach den aktuellen technischen und rechtlichen Voraussetzungen und nicht nach den Gegebenheiten bei Erteilung der Baugenehmigung.

BGH, Urt. v. 13.5.2022 – V ZR 4/21

 

NachbarG Bln § 16a Abs. 1
Anspruch auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung

a) Der gegen den Nachbarn gerichtete Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbarG Bln auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt. Einschränkungen des Duldungsanspruchs, wie sie die Nachbarrechtsgesetze anderer Bundesländer enthalten, können der Regelung nicht unter Rückgriff auf „allgemeine Rechtsgrundsätze“ oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung entnommen werden.
b) Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbarG Bln.

BGH, Urt. v. 1.7.2022 – V ZR 23/21

 

ZPO § 287 Abs. 1; BGB §§ 280, 281, 437 Nr. 3
Kaufvertraglicher Schadensersatzanspruch; Bemessung mithilfe fiktiver Mängelbeseitigungskosten

Wird der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen, hat das Gericht eine Schadensermittlung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmen und insoweit zu prüfen, in welcher Höhe ein Schaden überwiegend wahrscheinlich ist; das gilt auch und gerade dann, wenn in einem Sachverständigengutachten eine Schätzungsbandbreite (hier: +/- 30 %) genannt wird.

BGH, Urt. v. 11.3.2022 – V ZR 35/21

 


Gesellschaftsrecht

 

GG Art. 19 Abs. 4 S. 1; VwGO §§ 42 Abs. 2, 43 Abs. 1 u. 2 S. 1; StiftG BW §§ 1 Abs. 1, 8 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1; BGB §§ 29, 86 S. 1
Kein Notklagerecht Stiftungsinteressierter

1. Das Mitglied des Aufsichtsrates einer Stiftung, welches die Wirksamkeit der Aufhebung der Stiftung bestreitet, ist nach dem geltenden Stiftungsaufsichtsrecht nicht klagebefugt, gerichtlich feststellen zu lassen, dass die Rechtsaufsicht der Stiftungsbehörde über die Stiftung fortbesteht.
2. Das geltende Stiftungsaufsichtsrecht kennt kein sogenanntes (öffentlich-rechtliches) Notklagerecht Stiftungsinteressierter.
3. Ein Verständnis des § 8 Abs. 1 Satz 1 StiftG in Anlehnung an die Grundsätze der actio pro socio im Sinne einer gesetzlichen Prozessstandschaft der Nachkommen des verstorbenen Stifters für die aufgehobene Stiftung überschreitet die Grenzen einer zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung.
4. Das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) verlangt nicht, eine (geeignete) bundes- oder landesgesetzliche Bestimmung im Sinne einer gesetzlichen Regelung einer Prozessstandschaft gemäß § 42 Abs. 2 1. Hs. VwGO auszulegen oder anzuwenden.
5. Gegen die Aufhebung einer Stiftung hat vorrangig die Stiftung selbst um gerichtlichen Rechtsschutz zu ersuchen.

VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.6.2022 – 1 S 1865/20

 

SGG §§ 54 Abs. 1, 70 Nr. 1; FamFG § 394 Abs. 1 S. 1; GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 7; SGB X §§ 10 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 2
Keine Beteiligungsfähigkeit einer GmbH bei Löschung wegen Vermögenslosigkeit

Eine wegen Vermögenslosigkeit vor Klageerhebung gegen einen Betriebsprüfungsbescheid gelöschte GmbH ist nach § 70 Nr. 1 SGG nicht mehr beteiligungsfähig. Mit dem Entfallen der Rechtsfähigkeit der GmbH hat sich der ihr gegenüber zuvor ergangene Betriebsprüfungsbescheid auf sonstige Weise erledigt.

LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 8.6.2022 – L 28 BA 29/19

 


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