Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB
§§ 1092 Abs. 1 S. 2, 1093; ZPO § 857 Abs. 3; InsO §§ 36 Abs. 1 S. 1,
80 Abs. 1
Wohnungsrecht; Zulässigkeit der Bestellung am eigenen Grundstück;
Pfändung eines Eigentümerwohnungsrechts
1. Die Bestellung
eines Wohnungsrechts am eigenen Grundstück ist zulässig.
2a. Sind
Grundstückseigentümer und Wohnungsberechtigter personenidentisch, sei es durch eine anfängliche Bestellung des
Wohnungsrechts als Eigentümerrecht, sei es durch eine
nachträgliche (Wieder-)Vereinigung von Wohnungsrecht und
Eigentum in einer Person (§ 889 BGB), muss sich der
Wohnungsberechtigte für die Pfändung so behandeln lassen, als
habe er es gestattet, die Ausübung des Wohnungsrechts einem
anderen zu überlassen; infolgedessen ist ein
Eigentümerwohnungsrecht stets pfändbar (Fortführung von Senat,
Urteil vom 11. März 1964 – V ZR 78/62, NJW 1964, 1226, insoweit
in BGHZ 41, 209 nicht abgedruckt).
2b. Aufgrund der Pfändbarkeit fällt das Eigentümerwohnungsrecht
bei Insolvenz des wohnungsberechtigten Grundstückseigentümers in
die Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter ist befugt, im Rahmen
der Verwertung die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen.
BGH, Beschl. v.
2.3.2023 – V ZB 64/21
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
GBBerG § 5
Erlöschen unveräußerlicher Rechte nach § 5 GBBerG, wenn Geburtsdatum des Berechtigten nicht aus Grundbuch oder Grundakten ersichtlich
1. Ergibt sich aus
dem Grundbuch oder den Grundakten das Geburtsdatum des
Berechtigten einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit nicht,
kann eine Löschung des Rechts gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 GBBerG erst
110 Jahre nach Grundbucheintragung erfolgen.
2. Von dem Wortlaut des § 5 GBBerG kann auch dann nicht
abgewichen werden, wenn die Bewilligung hinsichtlich der
eingetragenen Dienstbarkeit bereits vor 119 Jahren erfolgte.
OLG Nürnberg,
Beschl. v. 16.2.2023 – 15 Wx 249/23
Erbrecht
BGB §§ 133, 2084, 2087, 2247 Abs. 1
„Verschenken“ eines Hausanteils für den Fall des Ablebens als
Erbeinsetzung
1. Ein vom Erblasser
handschriftlich verfasstes Schriftstück, in dem er erklärt, für
den Fall seines plötzlichen Ablebens seinen Hausanteil
„verschenken“ zu wollen, ist nicht als Schenkung im Rechtssinne
zu verstehen. Denn im Zweifel ist die Auslegung gem. § 2084 BGB
so vorzunehmen, dass die Verfügung Erfolg haben kann. Damit
kommt hier nur eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis in
Betracht.
2. Gem. § 2087 Abs. 2 BGB ist die Zuwendung nur einzelner
Gegenstände im Zweifel allerdings nicht als Erbeinsetzung
aufzufassen. Die Vorschrift kommt jedoch erst dann zur
Anwendung, wenn im Wege der individuellen Auslegung kein
anderer Erblasserwille festgestellt werden kann.
3. Wenn eine Immobilie ihrem Wert nach den wesentlichen Teil des
Vermögens des Erblassers bildet, liegt es nahe, in ihrer
Zuwendung an eine bestimmte Person deren Einsetzung als
Alleinerben zu sehen.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 22.2.2023 – 3 W 31/22
BGB §§ 2077, 2257
Keine Anwendung des § 2077 bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften;
Widerruf eines Widerrufstestaments
1. § 2077 BGB ist
trotz späteren Verlöbnisses oder Eheschließung auch dann nicht
auf die Einsetzung des Partners einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft durch Testament anzuwenden, wenn ein Widerruf
des Einsetzungstestaments während der Ehe wiederum widerrufen
wird.
2. Der Widerruf eines Widerrufstestaments führt wie eine
Anfechtung dazu, dass das ursprüngliche Testament rückwirkend
wieder in Kraft tritt.
OLG Schleswig,
Beschl. v. 30.1.2023 – 3 Wx 37/22
BGB
§§ 2205, 2206; ZPO § 287
Verpflichtungsbefugnis des Testamentsvollstreckers: Veräußerung von
Nachlassgegenständen durch den Testamentsvollstrecker an sich oder
seine Kinder unter Verkehrswert
1. Ein
Testamentsvollstrecker überschreitet seine
Verpflichtungsbefugnis nach § 2206 Abs. 1 Satz 2 BGB durch
Abschluss von Verträgen, die ihm oder seinen Kindern den Erwerb
eines Nachlassgegenstandes zu 80 % des Verkehrswerts und unter
zweijähriger Stundung des Kaufpreises ermöglichen sollen.
Entsprechend sind dahingehende Verfügungsgeschäfte
nach § 2205 Satz 3 BGB unwirksam.
2. Den Wert eines Grundstücks kann ein Gericht nach
pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 287 Abs. 1 ZPO schätzen, nachdem
es sich durch Einholung von Sachverständigengutachten eine
Schätzungsgrundlage verschafft hat, auch wenn die Parteien mit
den Ergebnissen der Beweisaufnahme nicht einverstanden sind und
deren Fortsetzung wünschen.
3. Der als Scheineigentümer im Grundbuch eingetragene
bösgläubige Besitzer, der zur Zustimmung zur
Grundbuchberichtigung und zur Herausgabe verpflichtet ist, hat
gegen den Eigentümer keinen Anspruch hinsichtlich der Kosten,
die er für den unwirksamen Erwerb hatte, weder aus § 812 Abs. 1
Satz 1 Var. 1 BGB noch aus §§ 994 Abs. 2, 670, 683 Satz 1 BGB.
4. Die Zwangsversteigerung eines Grundstücks steht der
Geltendmachung von Verwendungsersatzansprüchen nicht gemäß §
1001 BGB entgegen. Der frühere Eigentümer muss sich mit
Zuschlagserteilung gegenüber dem früheren Besitzer so behandeln
lassen, als hätte er das Grundstück wiederbekommen.
OLG Düsseldorf, Urt.
v. 6.3.2023 – 9 U 149/19
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