Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
WEG §
3 Abs. 2
Sondereigentumsfähigkeit einer Gartenfläche; Vermutung für
Hauptsacheeigenschaft der Wohnung bzw. der Räume
1. Das
Sondereigentum gemäß § 3 Abs. 2 WEG in der seit dem 1. Dezember
2020 geltenden Fassung kann auf einen außerhalb des Gebäudes
liegenden Teil des Grundstücks, wie z. B. Gartenflächen,
erstreckt werden, es sei denn, die Wohnung oder die Räume
bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache.
2. Die Hauptsacheeigenschaft der Wohnung bzw. der Räume wird
grundsätzlich vermutet, insbesondere bei – wie hier – Verbindung
einer Wohnung mit einem Garten.
3. Eine Prüfung durch das Grundbuchamt hat nur bei konkreten
anderweitigen Anhaltspunkten zu erfolgen.
OLG Rostock, Beschl. v.
24.10.2022 – 3 W 82/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
GBV § 49a
Grundpfandrechtsbrief; Versendungsverfahren
1. Landesrechtliche
Regelungen, die nach § 49a S. 2 Verordnung zur Durchführung der
Grundbuchordnung andere Versendungsarten zulassen, begründen
keine drittbezogene Amtspflicht.
2. Ein Ursachenzusammenhang zwischen einem verzögerungsbedingten
Zinsschaden und einem – unterstellt ordnungswidrigen – Versand
des Grundschuldbriefs per einfachen Postschreibens scheidet aus,
da ein alternativer Versand des Grundschuldbriefes per
Einschreiben den Verlust des Grundschuldbriefes und damit den
verzögerungsbedingt angefallenen Zinsschaden nicht sicher
vermieden hätte. Der Versand eines Grundschuldbriefes mittels
Einschreibens (an Stelle eines Versands mittels einfachen
Briefes und Empfangsbestätigung) stellt keine andere, sichere
Versendungsart dar, sondern ermöglicht lediglich einen Nachweis
über den Zugang und dessen Zeitpunkt.
OLG Stuttgart, Urt.
v. 13.4.2022 – 4 U 116/21
Familienrecht
VersAusglG §§ 6, 27, 28; FamGKG § 50
Versorgungsausgleich; gerichtlicher Vergleich; Abgeltungsklausel
bzgl. Berufsunfähigkeitsrenten
a) Vereinbaren
Ehegatten in einem gerichtlichen Vergleich mit allgemeiner
Abgeltungsklausel, dass Berufsunfähigkeitsrenten iSd § 28
VersAusglG vollständig der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt
werden, muss das Gericht gemäß § 26 FamFG aufklären, ob der
Vergleich auch einen (teilweisen) Ausschluss des
Versorgungsausgleichs nach § 6 VersAusglG beinhaltet, oder ob
ein (teilweiser) Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 27
VersAusglG geboten ist (im Anschluss an Senatsbeschlüsse BGHZ
184, 269 = FamRZ 2010, 720 und vom 24. August 2016 – XII ZB
84/13 – FamRZ 2016, 2000).
b) Für einen Ausgleich eines Anrechts gemäß § 28 VersAusglG
genügt es grundsätzlich, wenn der Ausgleichsberechtigte die
gesundheitlichen Voraussetzungen einer (teilweisen)
Erwerbsminderungsrente in der gesetzlichen Rentenversicherung
erfüllt.
c) Die Zahlungspflicht des ausgleichspflichtigen Ehegatten kann
unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 VersAusglG iVm § 20
Abs. 3 VersAusglG und §§ 1585 b Abs. 2, 1613 BGB bereits mit der
Rechtskraft der Ehescheidung und nicht erst mit der Rechtskraft
der Entscheidung zum Versorgungsausgleich beginnen.
d) § 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 FamGKG, wonach bei
Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20
Prozent des Einkommens zugrunde zu legen ist, findet auf den
Ausgleich gemäß § 28 VersAusglG auch dann keine Anwendung, wenn
die Entscheidung hierüber nach der Scheidung erfolgt. Bestehen
bei einem Versorgungsträger aufgrund verschiedener Verträge
mehrere Anrechte, sind diese gebührenrechtlich gemäß § 50 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1 FamGKG gesondert zu erfassen.
BGH, Beschl. v. 10.8.2022 – XII ZB 83/20
Gesellschaftsrecht
FamFG
§§ 58 ff., 70 Abs. 2, 84, 382 Abs. 4; BGB §§ 73, 74
Anmeldung des Erlöschens eines Vereins; Austritt aller Mitglieder
Sind alle Mitglieder
aus einem Verein ausgetreten, so kann dessen liquidationsloses
Erlöschen eingetragen werden. Die Anmeldung des Erlöschens durch
den Vorstand ändert am Erlöschen nichts.
(Leitsatz der
DNotI-Redaktion)
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 22.9.2022 – 25 Wx 16/22
Öffentliches Recht
BauGB § 25
Vorkaufssatzung; räumliche Ausdehnung
1. Der räumliche
Geltungsbereich einer Vorkaufssatzung i. S. d. § 25 Abs. 1 S. 1
Nr. 2 BauGB soll grundsätzlich nicht über den Bereich
hinausgehen, auf den sich die in Aussicht genommene Maßnahme
erstreckt. Das Vorkaufsrecht ist kein Mittel allgemeiner
Bodenbevorratung, sondern ermöglicht nur eine an städtebaulichen
Interessen orientierte Bodenvorratspolitik.
2. Bei einem Vorkaufsrecht in städtebaulichen
Maßnahmegebieten nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB ist das Wohl
der Allgemeinheit jedenfalls zu bejahen, wenn das Grundstück für
eine Nutzung für öffentliche Zwecke schon konkret benötigt wird.
Eine reine allgemeine Bodenbevorratung oder
privatwirtschaftliches Gewinnstreben rechtfertigen die Ausübung
des Vorkaufsrechts dagegen nicht.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
VG Würzburg, Urt. v.
22.7.2021 – W 5 K 20.928
Notarrecht/Verfahrensrecht
FamFG
§ 113; ZPO § 293
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels
a) Wird gegen die
erstinstanzliche Entscheidung über einen Antrag auf
Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels
Beschwerde eingelegt, hindern die Bestimmungen des HUÜ 2007 das
Beschwerdegericht nicht daran, die Vollstreckbarkeit der
Entscheidung im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne
Beibringung des von Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten
formalen Nachweises festzustellen.
b) Nach § 293 ZPO hat der Tatrichter ausländisches Recht, das
für die Entscheidung eines Rechtsstreits maßgebend ist, von Amts
wegen zu ermitteln. Da ausländische Rechtsnormen Rechtssätze und
keine Tatsachen sind, finden insoweit die Grundsätze über die
Darlegungs- und Beweislast keine Anwendung (im Anschluss an
Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2007 – XII ZB 240/05, FamRZ
2008, 586).
BGH, Beschl. v.
24.8.2022 – XII ZB 268/19
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