Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BeurkG § 53; BNotO §§ 14 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 3 S. 2, 15
Abs. 2
Bauträgervollmacht; Vollzugspflicht; Vorbescheid
1a. Der Notar hat
die Amtspflicht, vor der Vollziehung einer Erklärung, die ein
Urkundsbeteiligter als Vertreter eines anderen abgegeben hat,
die Vertretungsmacht zu prüfen.
1b. Hinsichtlich der materiell-rechtlichen Wirksamkeit einer
Vollmacht (hier: Änderungsvollmacht des Bauträgers) und der
Wirksamkeit eines Widerrufs der Vollmacht ist der
Prüfungsmaßstab des Notars eingeschränkt. Er hat die Vollziehung
eines unter § 53 BeurkG fallenden Vertretergeschäfts nur dann zu
unterlassen, wenn für ihn ohne jeden vernünftigen Zweifel
erkennbar und damit offensichtlich ist, dass eine wirksame
Vollmacht nicht (mehr) vorliegt. Ebenso liegt es, wenn ein
evidenter Missbrauch einer im Außenverhältnis unbeschränkten
Vollmacht aufgrund von Verstößen gegen im Innenverhältnis
bestehende Beschränkungen gegeben ist.
2a. Der Notar, der seiner Amtspflicht zur Einreichung vollzugsreifer Urkunden gemäß § 53 BeurkG nachkommt, verstößt
auch dann nicht gegen seine Pflicht zu unabhängiger und
unparteiischer Betreuung aus § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2
BNotO, wenn ein Beteiligter die Wirksamkeit der zu vollziehenden
Erklärung mit beachtlichen Gründen bestreitet (insoweit Aufgabe
von Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2015 – V ZB 171/14, ZfIR
2016, 104 Rn. 25).
2b. Den beabsichtigten Vollzug einer Urkunde i.S.d. § 53 BeurkG
muss der Notar regelmäßig in einem Vorbescheid ankündigen, wenn
einer der Urkundsbeteiligten dem Vollzug widerspricht.
BGH, Beschl. v.
19.9.2019 – V ZB 119/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 280, 249, 675; WEG § 27
Verkehrssicherungspflichten des WEG-Verwalters
1. Eine
Schadensersatzpflicht des WEG-Verwalters gegenüber einem
Wohnungseigentümer, der eine zum Gemeinschaftseigentum gehörende
Treppenanlage hinabgestürzt ist und sich schwer verletzt hat,
kann aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht folgen.
2. Kennt allerdings ein Wohnungseigentümer die von ihm
beanstandete Gefahrenquelle seit vielen Jahren, so ist eine
etwaige Haftung wegen Mitverschuldens ausgeschlossen, § 254 BGB.
AG Moers, Urt. v.
11.7.2019 – 564 C 9/19
BGB §
307 Abs. 1; VOB/B § 17
Zulässigkeit einer kombinierten Bürgschaft in AGB
1. Die in
Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines
Bauvertrags enthaltene Klausel gemäß Nr. 4 BVB des VHB – Bund –
Ausgabe 2008 (Stand: Mai 2010) über die Stellung einer
Vertragserfüllungssicherheit hält der Inhaltskontrolle nach §
307 Abs. 1 BGB stand.
2. Durch das Formblatt „Vertragserfüllungs- und
Mängelansprüchebürgschaft – 421“, wonach eine kombinierte
Vertrags- und Mängelansprüchebürgschaft (sog. „Kombibürgschaft“)
in Höhe von 5 % der Auftragssumme gestellt wird, wird die Gefahr
einer Übersicherung nicht begründet. Solange der Auftraggeber
eine Kombibürgschaft vorliegen hat, kann er keine weitere
Mängelansprüchesicherheit verlangen.
OLG Stuttgart, Urt.
v. 9.7.2019 – 10 U 247/18
WEG §
21
Der Verwaltungsbegriff i. S. v. § 21 WEG
a) Der Begriff der
Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist weit zu verstehen und
umfasst deshalb regelmäßig auch Maßnahmen, die eine Veränderung
der sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft vorbereiten
sollen, damit die Wohnungseigentümer diese anschließend aus
eigenem Entschluss umsetzen können; solche Maßnahmen können
mehrheitlich beschlossen werden.
b) Allerdings müssen auch Beschlüsse dieser Art ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen. Daran wird es regelmäßig fehlen, wenn
schon bei der Beschlussfassung absehbar ist, dass einzelne
Wohnungseigentümer an der späteren Umsetzung nicht mitwirken
werden und hierzu zweifelsfrei auch nicht (ausnahmsweise)
verpflichtet sind, die mit der Vorbereitungsmaßnahme verbundenen
Kosten also aller Voraussicht nach vergeblich aufgewendet
werden.
BGH, Urt. v.
20.9.2019 – V ZR 258/18
WEG §
27 Abs. 1 Nr. 2, 3 u. 5
Hinweispflicht des Bauträgerverwalters auf gegen ihn gerichtete
Gewährleistungsansprüche
a) Der Verwalter
muss zur Vorbereitung der Beschlussfassung über Maßnahmen der
Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums die
verschiedenen Handlungsoptionen aufzeigen; dabei hat er die
Wohnungseigentümer auf mögliche Gewährleistungsansprüche und auf
eine drohende Verjährung dieser Ansprüche hinzuweisen.
b) Den mit dem Bauträger identischen, von ihm eingesetzten, mit
ihm verbundenen oder von ihm abhängigen Verwalter (sog.
Bauträgerverwalter) treffen die gleichen Pflichten hinsichtlich
der Vorbereitung einer sachgerechten Beschlussfassung der
Wohnungseigentümer über Maßnahmen der Instandhaltung und
Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums wie jeden anderen
Verwalter; er muss somit auch auf Gewährleistungsansprüche
„gegen sich selbst“ und eine drohende Verjährung dieser
Ansprüche hinweisen.
c) Hat der Verwalter Anhaltspunkte dafür, dass ein Mangel am
Gemeinschaftseigentum entgegen einer Erklärung des Bauträgers
nicht beseitigt ist, muss er die Wohnungseigentümer hierüber
unterrichten und auf einen sachgerechten Beschluss über das
weitere Vorgehen hinwirken.
BGH, Urt. v.
19.7.2019 – V ZR 75/18
Sozialrecht
SGB
IV §§ 7 Abs. 1, 7a Abs. 1 S. 1
Selbständige Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers bei
echter Sperrminorität
Ein
Gesellschafter-Geschäftsführer ist bei der GmbH selbständig
tätig, wenn er über eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50 %
oder eine echte Sperrminorität verfügt. Die Sperrminorität muss
sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben, die gesamte
Unternehmenstätigkeit erfassen und hinreichend beständig sein.
Kann ein Gesellschafterbeschluss, der Einstimmigkeit vorsieht,
jederzeit durch die Gesellschafterversammlung mit der
satzungsmäßigen Mehrheit gegen den Willen des
Gesellschafter-Geschäftsführers aufgehoben werden, so ist seine
durch den Einstimmigkeitsbeschluss vermittelte Sperrminorität
nicht hinreichend beständig.
LSG
Baden-Württemberg, Urt. v. 17.10.2019 – L 7 BA 704/18
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