02. Juni 2023
BGB § 2205; BGB § 2211; BGB § 2147; BGB § 29; GmbHG § 16; GmbHG § 40; GmbHG § 15

Tod des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers; Einreichung einer neuen Gesellschafterliste; Nachweis der Erbfolge

BGB §§ 29, 2147, 2205, 2211; GmbHG §§ 15, 16, 40
Tod des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers; Einreichung einer neuen Gesellschafterliste; Nachweis der Erbfolge

I. Sachverhalt
G ist Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der G-GmbH. Er ist verstorben und hat in einem handschriftlichen Testament seine drei Söhne zu Erben und seine Ehefrau als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. Seinen Anteil an der G-GmbH hat er seiner Frau vermacht. Es muss ein neuer Geschäftsführer bestellt werden. Die Beantragung eines Erbscheins soll – wenn möglich – aus Kostengründen vermieden werden.

II. Fragen
1. Kann der Testamentsvollstrecker den Anteil an der G-GmbH auf sich übertragen? Kann der Notar eine neue Gesellschafterliste als Ergebnis dieser Übertragung zum Handelsregister einreichen, ohne dass zuvor eine Liste eingereicht wurde, die die Söhne in Erbengemeinschaft als Erben ausweist? Kann damit die Ehefrau als neue Gesellschafterin einen Geschäftsführer bestellen?

2. Kann alternativ der Testamentsvollstrecker einen neuen Geschäftsführer bestellen, der dann zunächst die Gesellschafterliste nach Erbgang einreicht?

3. Muss dem Handelsregister die Erbfolge durch Erbschein nachgewiesen werden, damit die Erbengemeinschaft (oder der Testamentsvollstrecker) einen Geschäftsführer bestellen kann, der dann eine Gesellschafterliste zum Handelsregister einreicht?
III. Zur Rechtslage
1. Gesellschaftsrechtliche Situation (insb.: fehlender Geschäftsführer)
a) Gesellschafter der GmbH und Gesellschafterliste
Zunächst soll die Situation hinsichtlich der Gesellschafterstellung und -liste dargestellt werden.

aa) Allgemeines
Gem. § 46 Nr. 5 Alt. 1 GmbHG unterliegt die Bestellung eines Geschäftsführers der Bestimmung der Gesellschafter. Unterstellt man, dass G von seinen drei Söhnen aufgrund letztwilliger Verfügung beerbt wurde, so sind diese in Erbengemeinschaft an seine Stelle getreten (§ 15 Abs. 1 Var. 2 GmbHG, §§ 1922, 1937 BGB). Es handelt sich dann weiterhin nur um einen Geschäftsanteil, der den drei Söhnen als Erbengemeinschaft in gesamthänderischer Verbundenheit und damit in Mitberechtigung i. S. d. § 18 Abs. 1 GmbHG zusteht (vgl. Heidinger/Knaier, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 5. Aufl. 2023, Kap. 13 Rn. 730). Das Vermächtnis an die Ehefrau ändert hieran nichts, da dieses nur einen schuldrechtlichen Übertragungsanspruch begründet (§§ 2147, 2174 BGB) und die dingliche Zuordnung der Nachlassgegenstände bei den Erben unberührt lässt.

Es ist anerkannt, dass unverzüglich nach Bekanntwerden des Todes eines Gesellschafters gem. § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG eine neue Gesellschafterliste seitens der Geschäftsführer eingereicht werden muss (BGH NJW 2015, 1303 Rn. 8; Lange, notar 2017, 28, 29; Mayer, MittBayNot 2014, 114, 124). Ein Testamentsvollstreckervermerk ist in die Gesellschafterliste nach Auffassung des BGH nicht aufzunehmen (BGH DNotZ 2015, 456 Rn. 8 ff.; kritisch hierzu bspw. MünchKommGmbHG/Heidinger, 4. Aufl. 2023, § 40 Rn. 134).

Die Änderung der Liste erfolgt durch den Geschäftsführer auf Mitteilung und Nachweis der Veränderung (vgl. § 40 Abs. 1 S. 4 GmbHG). An diesen Nachweis sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Hierfür reicht die Vorlage eines privatschriftlichen Testaments nicht aus. Es entspricht der herrschenden Meinung, dass im Regelfall (seitens des Geschäftsführers) ein Erbschein verlangt werden darf (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 175; GroßkommGmbHG/Paefgen, 3. Aufl. 2020, § 40 Rn. 137; Link, RNotZ 2009, 193, 200).

Der Geschäftsführer dürfte im Rahmen des § 40 Abs. 1 GmbHG sogar ganz grundsätzlich berechtigt und verpflichtet sein, wegen der weitreichenden Konsequenzen der Listeneinreichung (vgl. § 16 GmbHG) auf die Vorlage eines förmlichen Erbnachweises zu bestehen (Erbschein, Europäisches Nachlasszeugnis oder notarielle letztwillige Verfügung samt Eröffnungsniederschrift, vgl. § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GBO; hierzu auch Wachter, GmbHR 2023, 328, 330). Ein privatschriftliches Testament kann hierfür nicht ausreichen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Geschäftsführer nicht sämtliche Verfügungen von Todes wegen zur Kenntnis gelangen (etwa: die Familie legt ein unliebsames Testament nicht offen; das Testament ist wegen einer bindenden vorherigen Verfügung unwirksam oder ein jüngeres privatschriftliches Testament wurde noch nicht aufgefunden) oder dass das vorgelegte privatschriftliche Testament aus anderen Gründen (etwa Geschäftsunfähigkeit) unwirksam war. Freilich begründet auch der Erbschein keine Richtigkeitsgewähr (vgl. nur § 2361 BGB), jedoch knüpft das Gesetz an den Erbschein eine Richtigkeitsvermutung (§ 2365 BGB). Zudem knüpft an einen Erbschein die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach § 2366 BGB. Diese gesetzgeberische Wertung ist im Rahmen der Überzeugungsbildung des § 40 GmbHG zu berücksichtigen. Eine notarielle letztwillige Verfügung nebst Eröffnungsniederschrift (§ 348 Abs. 1 S. 2 FamFG) ist dem Erbschein insofern allerdings gleichzustellen, wie die Wertung des § 35 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GBO aufzeigt (vgl. auch Wachter, GmbHR 2023, 328, 330).

Angesichts dessen dürfte der Geschäftsführer pflichtwidrig handeln, wenn er sich auf die Angaben der vermeintlichen Erben verlässt. Stellt der Geschäftsführer eine berichtigte Gesellschafterliste gleichwohl ohne einen förmlichen Erbnachweis in das Handelsregister ein und zeigt sich im Nachhinein, dass eine andere als die in der Liste eingetragene Person Erbe des Gesellschafters geworden ist, dürfte von einer Pflichtverletzung auszugehen sein und eine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers nach § 40 Abs. 3 GmbHG in Betracht kommen.

bb) Tod des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers
Vorliegend besteht die Besonderheit, dass mit G auch der einzige Geschäftsführer weggefallen ist (instruktiv zum Tod des einzigen Gesellschafter-Geschäftsführers MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 337 ff.), jedoch nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG der Geschäftsführer die neue (die Erben ausweisende) Liste einreichen muss.

Damit eine neue Liste eingereicht werden kann (nach entspr. Nachweis der Erben, s. o.), muss zunächst ein neuer Geschäftsführer bestellt werden. Allerdings gibt es keine weiteren Gesellschafter, die eine Gesellschafterversammlung einberufen könnten; die Erben sind noch nicht in der Gesellschafterliste eingetragen. Die Ausübung von Gesellschafterrechten von Erben ist aber erst nach Aufnahme der geänderten Gesellschafterliste möglich (vgl. KG GmbHR 2023, 349, 350; OLG Naumburg MittBayNot 2017, 287 Rn. 27 ff.; OLG Köln FGPrax 2019, 219; Wachter, GmbHR 2023, 328, 329; GroßkommGmbHG/Löbbe, 3. Aufl. 2019, § 16 Rn. 30; MünchKommGmbHG/Heidinger, 4. Aufl. 2022, § 16 Rn. 163 ff.; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 16 Rn. 20). Dies legt nahe, dass die Erben keinen Geschäftsführer bestellen können, weshalb zur Listeneinreichung ein Notgeschäftsführer bestellt werden müsste (so OLG Köln FGPrax 2019, 219).

Es wird zur Lösung des Problems vorgeschlagen, sich der Vorschrift des § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG zu bedienen. Demgemäß wäre es möglich, dass ein Geschäftsführerbestellungsbeschluss durch die noch nicht in der Gesellschafterliste eingetragenen Erben gefasst wird. Dieser Beschluss könnte im Rahmen einer Gesellschafterversammlung stattfinden, bei der die Erben auf alle Formalia, insb. die form- und fristgerechte Ladung, verzichten. Würde sodann die vom neuen Geschäftsführer eingereichte, die Erben ausweisende Gesellschafterliste in das Handelsregister aufgenommen, so würden die Erben – letztlich im Wege der „Selbstheilung“ – rückwirkend zu (relativen) Gesellschaftern, welche einen wirksamen Geschäftsführerbestellungsbeschluss fassen konnten (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 340-342). Der zunächst schwebend unwirksame Beschluss würde damit wirksam. In dieser Sondersituation aber müssen sich die nicht in die Gesellschafterliste eingetragenen Erben gegenüber dem Registergericht förmlich legitimieren und zweifelsfrei ihre Erbenstellung nachweisen (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 340). Hierfür reicht die Vorlage eines privatschriftlichen Testaments nicht aus. Wiederum bedürfte es der Vorlage eines Erbscheins oder einer notariellen letztwilligen Verfügung samt Eröffnungsniederschrift.

Da mithin auch diese Möglichkeit ausscheidet, wenn die Beteiligten keinen Erbschein beantragen wollen, bleibt nur die Vertretung des verstorbenen G mittels einer transmortalen Vollmacht oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers gem. § 29 BGB analog (vgl. dazu OLG Köln FGPrax 2019, 219; Servatius, § 16 Rn. 20; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 342; Mayer, MittBayNot 2014, 114, 124; vgl. auch Heidinger, GmbHR 2020, 274, 275 f.), um eine neue Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG einreichen zu können. Unterstellt man, dass eine von G erteilte und über dessen Tod hinausreichende Vollmacht nicht besteht (Tatfrage), müsste mithin ein Notgeschäftsführer bestellt werden. Sollte hingegen eine über den Tod hinauswirkende Vollmacht erteilt worden sein, könnte der Bevollmächtigte die Gesellschafterrechte des Verstorbenen ausüben und eine Gesellschafterversammlung abhalten (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 338; Wachter, DB 2009, 159).

Doch auch wenn ein Notgeschäftsführer seitens des Registergerichts oder ein „normaler“ Geschäftsführer seitens eines transmortal Bevollmächtigten bestellt werden könnte, ändert dies nichts daran, dass dieser keine neue Gesellschafterliste einreichen dürfte, bis die Erben ihre Gesellschafterstellung ordnungsgemäß nachweisen. Hierfür reicht die Vorlage des privatschriftlichen Testaments gerade nicht aus (s. o. unter sublit. aa). Es führt daher, da keine notarielle letztwillige Verfügung des G vorliegt, kein Weg an der Beantragung eines Erbscheins vorbei.

b) Veräußerung der Geschäftsanteile
Die unter lit. a geschilderte Notwendigkeit der Beantragung eines Erbscheins kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass zwecks der Vermächtniserfüllung eine Anteilsabtretung vor der Einreichung einer neuen Liste beurkundet würde.

aa) Pflicht zur unverzüglichen Listeneinreichung auch bei einer Vermächtnisanordnung
Eine Ausnahme der unverzüglichen Einreichung einer aktuellen Liste nach dem Tod des Gesellschafter-Geschäftsführers wird zwar mitunter angenommen, wenn die Erben die Geschäftsanteile unmittelbar veräußern wollen (Gutachten DNotI-Report 2010, 53, 56). Allerdings entspricht es der herrschenden Auffassung, auch in dieser Situation eine Pflicht zur Voreintragung der Erben und damit zur lückenlosen Fortführung der Liste anzunehmen (so bspw. Heidinger/Knaier, Kap. 13 Rn. 678; Wachter, GmbHR 2010, 152, 155; BeckOGK-GmbHG/Hardung, Std. 15.6.2022, § 40 Rn. 282; Link, RNotZ 2009, 193, 206; ).

In jedem Falle entspricht es dem sichersten Weg, auch bei einer unmittelbar anstehenden Geschäftsanteilsabtretung zunächst eine neue Gesellschafterliste einzureichen, welche die Erben ausweist. Damit erledigt sich die soeben unter lit. a sublit. aa geschilderte Problematik trotz des angeordneten Vermächtnisses zugunsten der Ehefrau nicht.

bb) Mangelnde Überzeugung des Notars i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG
Doch selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellen wollte, dass vorab keine korrigierte Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 1 GmbHG einzureichen sei, verhilft die Geschäftsanteilsübertragung nicht dazu, auf einen förmlichen Erbnachweis der Söhne des G verzichten zu können. Hintergrund ist die fehlende Überzeugung des Notars von der Wirksamkeit der Abtretung, falls ein nicht in der Gesellschafterliste aufgeführter und nicht förmlich legitimierter Erbe als Veräußerer auftreten sollte.

Der Notar ist nach § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG gehalten, nach Wirksamwerden der Veränderungen, an denen er mitwirkte, eine neue Liste einzureichen. Der Notar, der Zweifel hat, ob die Veränderung, an der er mitgewirkt hat, wirksam ist, darf eine entsprechende Liste zum Handelsregister erst dann einreichen, wenn die Zweifel beseitigt sind (vgl. KG NJOZ 2022, 1142 Rn. 15; MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225 ff.; hierzu auch Gutachten DNotI-Report 2010, 53).

Wie weit die Prüfungspflicht des Notars vor Erstellen und Einreichen einer neuen Gesellschafterliste i. S. d. § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG reicht und wie hoch der Grad an Überzeugung sein muss, ist im Gesetz nicht geregelt (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 227; Mayer, MittBayNot 2014, 114, 119). Wegen der gesteigerten Bedeutung der Gesellschafterliste bezüglich der unwiderleglichen Vermutung der relativen Gesellschafterstellung (§ 16 Abs. 1 GmbHG) und der Möglichkeit des darauf beruhenden gutgläubigen Erwerbs (§ 16 Abs. 3 GmbHG) ist es zwar einerseits wichtig, dass die Liste so schnell wie möglich im Handelsregister aufgenommen wird. Andererseits muss aber verhindert werden, dass der Falsche in der Gesellschafterliste ausgewiesen wird (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 225). Eine generelle Aussage dahingehend, dass nur Nachweise in einer bestimmten Form zu akzeptieren sind – wie z. B. in § 29 GBO, § 12 HGB oder § 55 GmbHG – verbietet sich zwar im Rahmen des § 40 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Jedoch erscheint eine Orientierung am Prüfungsmaßstab des Handelsregisters sinnvoll (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 227; Hauschild, ZIP 2012, 660, 663 f.; Schmidt, NotBZ 2013, 13, 16). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird sogar davon ausgegangen, dass der Notar die aktualisierte Gesellschafterliste erst dann zum Handelsregister einreichen dürfe, wenn er sich vom Eintritt der Veränderungen sicher überzeugt habe (KG NJOZ 2022, 1142 Rn. 15; OLG Jena DNotZ 2011, 65, 66).

Die Intensität der Überzeugungsbildung ist damit eine Einzelfallfrage. Jedoch reicht es nach unserem Dafürhalten nicht aus, aufgrund eines privatschriftlichen Testaments die Gesellschafterstellung der Söhne als gegeben anzusehen. Insofern ist auf die obigen Ausführungen (unter Ziff. 1 lit. a sublit. aa), insbesondere die gesetzgeberische Wertung der Richtigkeitsvermutung eines Erbscheins gem. § 2365 BGB (und der diesem insofern gleichzustellenden notariellen letztwilligen Verfügung samt Eröffnungsniederschrift) zu verweisen. Eine entsprechende Überzeugung kann daher beim Notar nicht bestehen, wenn er allein auf Basis eines privatschriftlichen Testaments die Anteilsabtretung beurkunden würde. In diesem Fall dürfte er keine aktualisierte, die Erwerberin (die Ehefrau als Vermächtnisnehmerin) ausweisende Gesellschafterliste einreichen.

Es wird daher allgemein empfohlen, dass der Notar auf Korrekturen der Gesellschafterliste hinzuwirken hat, wenn diese nicht auf dem aktuellen Stand ist (vgl. Kallrath, in: Hauschild/Kallrath/Wachter, Notarhandbuch Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 3. Aufl. 2022, § 16 Rn. 667; Gutachten DNotI-Report 2010, 53, 55). Obwohl es für die Wirksamkeit der Abtretung eines Geschäftsanteils materiell-rechtlich nicht zwingend erforderlich ist, dass der Veräußerer in die Gesellschafterliste eingetragen ist (vgl. BGH NZG 2021, 117 Rn. 17), sollte die Überzeugung des Notars von der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, insbesondere im Rahmen der Listeneinreichung, nicht unterschätzt werden. Ablehnen darf der Notar die Beurkundung freilich nur, wenn er von der Unwirksamkeit der Geschäftsanteilsabtretung überzeugt ist (vgl. MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 228). Allerdings bestehen erhebliche Zweifel schon im Rahmen der Beurkundung der Abtretung, wenn sich bei Einsicht in die Gesellschafterliste herausstellt, dass der Veräußerer dort nicht eingetragen ist. Spätestens aber bei der Listeneinreichung nach § 40 Abs. 2 GmbHG tritt das Problem, wie apostrophiert, (erneut) zu Tage. Daher gilt: Selbst wenn der Notar seine Beurkundungstätigkeit hinsichtlich der Geschäftsanteilsabtretung nicht verweigerte, kann die Einreichungspflicht der Gesellschafterliste bei Zweifeln an der Wirksamkeit der Veränderung leerlaufen (Gutachten DNotI-Report 2010, 53, 54). Letztlich wird also auch auf dieser Ebene das Problem des fehlenden Erbscheins virulent.

2. Besonderheiten der Testamentsvollstreckung
Der Umstand der Testamentsvollstreckung ändert an der oben dargestellten gesellschaftsrechtlichen Lage nichts.

Die Testamentsvollstreckung führt zum Verlust der Verfügungsbefugnis des Erben hinsichtlich der der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlassgegenstände, § 2211 Abs. 1 BGB. Insoweit tritt der Testamentsvollstrecker an die Stelle des Erben, er hat den Nachlass zu verwalten, § 2205 S. 1 BGB. Obwohl der Testamentsvollstecker nicht als Vertreter der Erben agiert, handelt er mit unmittelbarer Rechtswirkung für und gegen diese (BeckOGK-BGB/Grotheer, Std.: 1.4.2022, § 2205 Rn. 60). Zwar ist auch § 181 BGB grundsätzlich auf den Testamentsvollstrecker anwendbar (vgl. BeckOGK-BGB/Grotheer, § 2205 Rn. 92 m. N.), jedoch würde die Anteilsabtretung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit, nämlich der Vermächtnisanordnung, vorgenommen werden.

Unabhängig davon können die Gesellschafter (hier die Söhne, die als Erben gemeinschaftlich den Geschäftsanteil des verstorbenen G halten) ohne einen Erbschein zum einen nicht das Problem beheben, dass unverzüglich eine neue Gesellschafterliste einzureichen ist und für ihre Eintragung die Vorlage des privatschriftlichen Testaments nicht ausreicht (dazu oben Ziff. 1 lit. a). Zum anderen kann auch die Vermächtniserfüllung im Wege der Geschäftsanteilsübertragung nicht ohne förmlichen Erbnachweis vorgenommen werden bzw. jedenfalls kann beim Notar nicht die erforderliche Überzeugung hinsichtlich der Wirksamkeit der Abtretung für die Listeneinreichung gem. § 40 Abs. 2 GmbHG bestehen (dazu oben Ziff. 1 lit. b).

3. Ergebnis
Auf die erste Frage ist zu antworten, dass eine Abtretung des Geschäftsanteils (durch die Testamentsvollstreckerin, hier zur Vermächtniserfüllung) nur beurkundet werden sollte, wenn der Notar von der Wirksamkeit der Abtretung überzeugt ist. Jedenfalls aber darf der Notar die neue Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 2 GmbHG nur einreichen, wenn er am Eintritt der Veränderungen keinen Zweifel hat. Dies kann bei der Vorlage eines privatschriftlichen Testaments ganz grundsätzlich nicht der Fall sein. Es ist insofern ein Erbschein oder eine notarielle letztwillige Verfügung samt Eröffnungsniederschrift erforderlich.

Auf die zweite Frage ist zu antworten, dass die Testamentsvollstreckerin noch keinen Gesellschafterbeschluss fassen kann, da die Erben des G – für die sie als Testamentsvollstreckerin handelt – noch nicht in die Gesellschafterliste eingetragen sind. Die denkbare Möglichkeit der „Selbstheilung“, indem seitens der Testamentsvollstreckerin ein Geschäftsführer bestellt wird, der sodann die neue Liste einreicht und damit die Gesellschafterstellung der Erben rückwirkend begründet (vgl. § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG) scheidet ohne Vorliegen eines förmlichen Erbnachweises (hier nur in Form des Erbscheins denkbar) ebenfalls aus.

Auf die dritte Frage ist zu antworten, dass in der Tat ein Erbschein beantragt werden muss. Sodann müsste (jedenfalls nach h. M.) zunächst eine korrigierte Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 1 GmbHG eingereicht werden, welche die Söhne als Erben des G als Gesellschafter (bzw. als Mitberechtigte des vererbten Geschäftsanteils) ausweist. Sofern das Registergericht eine „Selbstheilung“ durch einen Beschluss der künftigen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Liste eingetragenen Gesellschafter nicht akzeptiert, müsste ein Notgeschäftsführer zwecks Listeneinreichung bestellt werden. Anschließend kann die Übertragung des Geschäftsanteils der Söhne im Wege der Vermächtniserfüllung an die Testamentsvollstreckerin erfolgen und eine neue Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 2 GmbHG eingereicht werden.

Gutachten/Abruf-Nr:

197568

Erscheinungsdatum:

02.06.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Verein
Vermächtnis, Auflage
Testamentsvollstreckung
GmbH

Erschienen in:

DNotI-Report 2023, 83-87

Normen in Titel:

BGB § 2205; BGB § 2211; BGB § 2147; BGB § 29; GmbHG § 16; GmbHG § 40; GmbHG § 15