Unterschriftsbeglaubigung vor hessischem Ortsgerichtsvorsteher; Bezeichnung der Person im Beglaubigungsvermerk
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 194407
letzte Aktualisierung: 02. Juni 2023
Unterschriftsbeglaubigung vor hessischem Ortsgerichtsvorsteher; Bezeichnung der
Person im Beglaubigungsvermerk
I. Sachverhalt
Die Tochter möchte ihre demente Mutter beim Verkauf ihrer Immobilie vertreten. Sie verfügt
über eine von der Mutter unterzeichnete Generalvollmacht vom 7.10.2009, welche vom Ortsgericht
W. (Hessen) „bestätigt“ worden ist. Der vom Ortsgerichtsvorsteher angebrachte Vermerk
lautet wie folgt:
„Die vorliegende Vollmacht wurde in meinem Beisein unterschrieben. Der Vollmachtsgeber ist
geschäftsfähig. Er kann die Tragweite einer Bevollmächtigung überschauen und seinen Willen frei
bestimmen.“
Es folgen die Angabe von Ort und Datum, die Unterschrift des Ortsgerichtsvorstehers sowie ein
Siegel des Ortsgerichts.
II. Frage
Handelt es sich bei der „Bestätigung“ des Ortsgerichts um eine öffentliche Beglaubigung der Unterschrift
der Vollmachtgeberin in der Form des
III. Zur Rechtslage
1. Vorbemerkung
Vorab ist klarzustellen, dass in materiell-rechtlicher Hinsicht die Wirksamkeit der
Vollmacht grundsätzlich nicht von der Wahrung einer bestimmten Form abhängt. Wegen
Vollmachtgebers ein formbedürftiges Geschäft, etwa einen Grundstückskaufvertrag (vgl.
Beurkundungsbedürftigkeit der Vollmacht vgl. indes Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16.
Aufl. 2020, Rn. 3538).
Zum Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt ist allerdings
u. a. die Vollmacht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde
nachgewiesen werden muss (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 167 Rn. 2).
2. Beglaubigungskompetenz von hessischen Ortsgerichtsvorstehern
Die Befugnis zur Beglaubigung von Unterschriften ist nach
Grundlage des
für die Beglaubigung von Unterschriften (nicht von Handzeichen) zu begründen, so
geschehen durch den hessischen Landesgesetzgeber für die Vorsteher der hessischen Ortsgerichte,
§ 13 Abs. 1 HessOrtsGG (vgl. Winkler, BeurkG, 20. Aufl. 2022, § 68 Rn. 1, § 40
Rn. 10; BeckOGK-BeurkG/Franken, Std.: 1.9.2022, § 68 Rn. 2 und 3; BeckOKBeurkG/
Schmitz, Std.: 1.3.2023, § 68 Rn. 8.2; BVerfG
Gemeinden, OLG Frankfurt
Sind landesrechtlich zuständige Stellen zur öffentlichen Beglaubigung von Unterschriften befugt,
so genügen derartige Beglaubigungen über die Landesgrenzen hinaus im gesamten Bundesgebiet
den Vorgaben des
Std.: 1.6.2022, § 29 Rn. 200; Böhringer,
ausgeführt:
„Bei Vorliegen einer aus
landesrechtlichen Bestimmung für die Zuständigkeit bei öffentlichen
Beglaubigungen sind neben den in
Notaren auch die in dem Landesgesetz aufgeführten
Stellen in den gesetzlich vorgesehenen Fällen zur öffentlichen
Beglaubigung befugt. Dies ist daraus herzuleiten, dass die Verfahrensweise
der öffentlichen Beglaubigung im Einzelnen im BeurkG
geregelt ist (
anderweitiger Zuständigkeitsverteilung durch die Länder
vorgesehen hat.“
(
Auch Schöner/Stöber (Grundbuchrecht, Rn. 162, dort insb. Fn. 380) gehen davon aus, dass es
sich hierbei um eine grundbuchtaugliche öffentliche Beglaubigung i. S. v. § 29 Abs. 1 S. 1
GBO handelt.
3. Bezeichnung der Person im Beglaubigungsvermerk
Bedenken ergeben sich mit Blick auf den hier in Rede stehenden Vermerk des
Ortsgerichtsvorstehers deshalb, weil dieser lediglich „bestätigt“, die Vollmacht sei in dessen
Beisein unterschrieben worden, ohne die Person, die die Unterschrift geleistet hat, zu
bezeichnen. Ferner spricht der Vermerk nicht von einer „öffentlichen Beglaubigung“.
Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass
Zuständigkeitsvorbehalt statuiert, sich aber nicht auf das Beurkundungsverfahren erstreckt.
Die vom Landesgesetzgeber ausgewählten Personen und Stellen haben daher gem. § 1 Abs. 2
BeurkG bei der Beglaubigung von Unterschriften die
(Grziwotz/Heinemann/Heinemann, BeurkG, 3. Aufl. 2018, § 68 Rn. 7; BeckOGKBeurkG/
Franken, § 68 Rn. 2). Der Beglaubigungsvermerk muss gem. § 40 Abs. 3 S. 1
BeurkG die Person bezeichnen, welche die Unterschrift vollzogen oder anerkannt hat. Fehlt
diese Angabe, so ist der Vermerk als öffentliche Urkunde wirkungslos (BeckOGKBeurkG/
Theilig, § 40 Rn. 36 und 44, Winkler, BeurkG, § 40 Rn. 53 f.).
Diesen Anforderungen genügt der hier vorliegende Vermerk u. E. nicht. Zwar ist es zur
Wirksamkeit der Beglaubigung nicht erforderlich, dass die Person so genau bezeichnet ist,
dass Zweifel und Verwechslungen ausgeschlossen sind (vgl.
da es sich insoweit nur um Sollvorschrift handelt. Insbesondere ist eine Bezeichnung mit Vorund
Familiennamen, Geburtsdatum und Anschrift (vgl.
(vgl. Grziwotz/Heinemann/Grziwotz, BeurkG, § 40 Rn. 44). Der hiesige
Vermerk bezeichnet die Person, die die Unterschrift geleistet hat, jedoch überhaupt
nicht näher. Es ist nur davon die Rede, die Vollmacht sei – von wem auch immer – im
Beisein des Ortsgerichtsvorstehers unterzeichnet worden. Dies lässt nicht zwingend den
Schluss darauf zu, dass gerade der auf Seite 1 des Schriftstücks genannte Vollmachtgeber die
Vollmacht unterschrieben hat. Im Übrigen dürfte es ohnehin nicht genügen, lediglich zu
vermerken, „der Vollmachtgeber“ habe die Unterschrift eigenhändig anerkannt oder
vollzogen, ohne diesen im Vermerk selbst näher zu konkretisieren; denn § 40 Abs. 3 S. 1
BeurkG verlangt als „muss“-Vorschrift die Bezeichnung der unterschriftsleistenden bzw.
unterschriftsanerkennenden Person durch die Urkundsperson.
Überdies mag man fragen, ob eine wirksame öffentliche Beglaubigung auch dann vorliegen
kann, wenn im Vermerk lediglich von einer „Bestätigung“, nicht aber einer (öffentlichen)
Beglaubigung gesprochen wird. Darauf kommt es zwar nach dem Vorstehenden hier nicht
mehr entscheidend an. Nach unserem Verständnis dürfte die Verwendung des Begriffes der
„Beglaubigung“ im Rahmen der Vermerkurkunde jedoch nicht als
Wirksamkeitsvoraussetzung anzusehen sein. Die Qualität einer „öffentlichen Urkunde“ bzw.
als Beglaubigungsurkunde erlangt diese nicht dadurch, dass sie in der Urkunde als solche bzw.
als „Beglaubigung“ bezeichnet wird, sondern dadurch, dass sie die im BeurkG (§§ 39, 40)
genannten Kriterien erfüllt (insbesondere Siegel, Unterschrift, Zeugnisleistung der
zuständigen Person und Bezeichnung der unterschriftsleistenden/-anerkennenden Person)
enthält. Wir gehen im Ergebnis somit davon aus, dass eine Beglaubigungsurkunde auch
hergestellt werden kann, ohne dass sie den Begriff „öffentlich beglaubigen“ (in der ein oder
anderen Form) enthält, wenn sie nur die oben genannten, beurkundungsgesetzlichen
Kriterien erfüllt.
4. Ergebnis
Grundsätzlich genügt die Beglaubigung einer Unterschrift durch einen hessischen
Ortsgerichtsvorsteher den Anforderungen des
gem.
Beglaubigungsvermerk jene Person bezeichnen, die die Unterschrift geleistet bzw. anerkannt
hat. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, ist u. E. der vorliegende Bestätigungsvermerk keine
wirksame Beglaubigung. Die Vollmacht stellt somit lediglich eine „einfache“ Privaturkunde
dar, die den Anforderungen des
194407
Erscheinungsdatum:02.06.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Grundbuchrecht
Beurkundungsverfahren
BeurkG § 40 Abs. 3; BeurkG § 68; GBO § 29