OLG Hamm 10. Juli 2020
10 W 108/18
EuErbVO Art. 4, 21; BGB § 133; FamFG §§ 26, 30 Abs. 3

Gewöhnlicher Aufenthalt i. S. d. EuErbVO; Testamentsauslegung bzgl. einer Erbeinsetzung der Kinder

letzte Aktualisierung: 28.1.2021
OLG Hamm, Beschl. v. 10.7.2020 – 10 W 108/18

EuErbVO Art. 4, 21; BGB § 133; FamFG §§ 26, 30 Abs. 3
Gewöhnlicher Aufenthalt i. S. d. EuErbVO; Testamentsauslegung bzgl. einer Erbeinsetzung
der Kinder

1. Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers i. S. d. Art. 4 EuErbVO ist neben
dem objektiven Moment des tatsächlichen Aufenthalts auch das subjektive Element, nämlich der
Aufenthalts- und Bleibewille, erforderlich.
2. Eine im Rahmen der Trennung der Eheleute bedingte Wohnsitznahme in der im Eigentum
stehenden, in Spanien gelegenen Immobilie reicht nicht aus, wenn sie lediglich der Praktikabilität
geschuldet war und der Erblasser krankheitsbedingt vor seinem Tod nicht nach Deutschland
zurückkehren konnte.
3. Ein Testament, in dem der Erblasser zu gleichen Teilen seine Kinder als alleinige Erben einsetzt
und dabei seine beiden Töchter aus zweiter Ehe, nicht aber die Töchter aus erster Ehe namentlich
benennt, kann als Erbeinsetzung nur der Kinder aus der zweiten Ehe ausgelegt werden.
4. Eine Verpflichtung zur Erhebung des Strengbeweises besteht gemäß § 30 Abs. 3 FamFG nur
dann, wenn das Gericht das Ergebnis des vorgeschalteten Freibeweisverfahrens seiner Entscheidung
zugrunde legen will.

Gründe

I.
Der Erblasser war in erster Ehe mit Frau J H, geb. L verheiratet. Diese Ehe wurde am
00.02.1984 durch das Amtsgericht Bad Oeynhausen geschieden. Aus der Ehe sind die
beiden Beschwerdeführerinnen, Frau F H-C und Frau H1 H-O, hervorgegangen. In zweiter
Ehe war der Erblasser mit der Mutter der beiden Antragstellerinnen, N, verheiratet. Diese
Ehe wurde am 00.05.2003 ebenfalls durch das Amtsgericht Bad Oeynhausen geschieden.
Der Erblasser war in dritter Ehe seit dem 00.10.2004 mit der Beteiligten zu 5) verheiratet.
Aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen.

Der Erblasser lebte bis zum Jahr 1972 mit seiner ersten Ehefrau in Deutschland, wo er
zusammen mit seinem Bruder in I einen Schlachtbetrieb führte. In der Folgezeit verzog er
nach T und gründete dort eine Firma zum Import Deutscher Lebensmittel. Im Jahr 1982
verkaufte er die Anteile an dem Schlachtbetrieb in I. Er heiratete im Jahre 1984 in D seine
zweite Ehefrau. Ab dem Jahr 1995 wohnte der Erblasser gemeinsam mit der Beteiligten zu
5) in W. Im Verlauf des Jahres 2014 begab sich der Erblasser in Deutschland in ärztliche
Behandlung. Ab dem Sommer 2015 trennte sich der Erblasser und hielt sich bei seiner
zweiten Ehefrau in T auf.

Zusammen mit seiner dritten Ehefrau errichtete der Erblasser am 22.02.2010 ein
notarielles Ehegattentestament, in dem er und seine Ehefrau sich wechselseitig zu
alleinigen Erben einsetzten. Zugunsten der Beteiligten zu 3) und 4) setzte der Erblasser
Vermächtnisse aus. Hinsichtlich der Beteiligten zu 1) und 2) erklärte er, dass er aufgrund
von Grundstücksübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von einem
Pflichtteilsverzicht ausgehe. Der Erblasser widerrief durch notarielle Erklärung vom
09.10.2015, der Ehefrau am 12.10.2015 zugestellt, dieses gemeinschaftliche Testament.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Widerrufsurkunde vom 09.10.2015, Bl. 184
ff. der Akte, Bezug genommen.

Im August 2015 wandte sich der Erblasser an den in E ansässigen Rechtsanwalt K, um
sich bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments beraten zu lassen.
Rechtsanwalt K übersandte dem Erblasser daraufhin den Entwurf eines Testaments mit
der Anweisung, diesen eigenhändig abzuschreiben und zu unterschreiben. In diesem
Testamentsentwurf heißt es zu § 3: „Zu meinen Erben setze ich meine vier Kinder… zu
gleichen Teilen ein.“ Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Kopie des
Testamentsentwurfs (Bl. 154 der Akte) verwiesen. Am 11.12.2015 errichtete der Erblasser
in Gegenwart der Zeugin M ein handschriftliches Testament mit folgendem Wortlaut:
„Mein letzter Wille.
Mit diesem Testament wiederrufe ich alle bisher errichteten Verfügungen insbesondere
meine gemeinschaftlich mit meiner getent lebenden Ehefrau S H geb. L1 verfasten
Notarielles Testament.
Ich P H geb. am 0.0.1935 in D. Setze zu gleichen Teilen meine Kinder als alleinige Erbin
ein.
Meine Tochter J1 H D1 geb. am 0.12.1983 in E. Adresse c/ G 00 00 – 0# 00000 G1 (H2)
Meine Tochter J2 H D1 geb. am 00.7.1987 in E Adresse: V 00000 V1 (V2)
B 11.12.2015 H D. H.“

Unter diesem Testament befindet sich ein handschriftlicher Zusatz der Frau M, der
folgenden Wortlaut hat:

„Ich, M, geboren am 00. März 1940 in D, ausgewiesen durch Tsche Residenz Nummer #
000 00 000, wohnhaft in 00000 B/T, Sektor ####### 00 – 0, war bei der Errichtung dieses
Testaments des mir bekannten Herrn P H zugegen. Herr H hat dieses Testament in meiner
Gegenwart verfasst und war aus meiner Sicht uneingeschränkt geschäftsfähig.
B, 15. Dezember 2015
M“
Am 26.09.2016 stellten die Beteiligten zu 1) und 2) einen Antrag auf Erteilung eines
Erbscheins, der sie als Miterbinnen zu je ½ ausweist. Mit Schriftsatz vom 10.05.2017
beantragte die Beteiligte zu 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der alle
vier Kinder des Erblassers als Miterben zu je 1/4 ausweist.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben vorgetragen, aus dem Testament des Erblassers
ergebe sich, dass er nur sie als Erbinnen habe einsetzen wollen, da nur sie in dem
Testament namentlich erwähnt seien.

Demgegenüber haben die Beteiligten zu 3) und 4) vorgetragen, aus der Formulierung in
dem Testament „Setze zu gleichen Teilen meine Kinder als alleinige Erbin ein“ und dem
Testamentsentwurf des Rechtsanwalt K folge, dass der Erblasser alle seine vier Kinder als
Erben habe einsetzen wollen.

Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hat den Antrag durch Beschluss vom 01.02.2017 mit
der Begründung zurückgewiesen, das angerufene Gericht sei international nicht zuständig,
da der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in T gehabt habe. Auf die
Beschwerde der Antragstellerinnen hat der Senat durch Beschluss vom 02.01.2018 (10 W
35/17) den Beschluss des Amtsgerichts mit der Begründung aufgehoben, dass nach einer
Gesamtbeurteilung der Lebensumstände von einem gewöhnlichen Aufenthalt des
Erblassers in Deutschland auszugehen gewesen sei. Wegen der näheren Einzelheiten
wird auf die Abschrift des Beschlusses (Bl. 133 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht Bad Oeynhausen hat die Zeugin M und den Zeugen K telefonisch
befragt. Wegen des Ergebnisses wird auf die Telefonvermerke vom 15.03.2018 und vom
21.03.2018 (Bl. 202 ff. der Akte) sowie auf den Telefonvermerk vom 24.05.2018 (Bl. 230
der Akte) Bezug genommen. Durch den angefochtenen Beschluss vom 18.06.2018 hat
das Amtsgericht sodann die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 3) und 4)
zurückgewiesen und die Tatsachen, die zur Begründung des Erbscheinsantrags der
Beteiligten zu 1) und 2) erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Zur Begründung hat das
Amtsgericht ausgeführt, dass bereits der Wortlaut des Testaments dafür spreche, dass der
Erblasser ausschließlich die Beteiligten zu 1) und 2) zu seinen Erben habe bestimmen
wollen. Hätte er gewollt, dass auch seine beiden Töchter aus erster Ehe ihn hätten
beerben sollen, hätte es nahegelegen, diese ebenfalls namentlich in dem Testament zu
bezeichnen. Der Einwand der Beteiligten zu 3) und 4), die Beteiligten zu 1) und 2) seien
namentlich nur deshalb in dem Testament aufgeführt worden, damit ihre Personen- und
Adressdaten für das deutsche Nachlassgericht verfügbar seien, sei nicht überzeugend.
Wenn dies seine Motivation gewesen wäre, hätte der Erblasser alle Töchter namentlich
aufgeführt. Dieses Auslegungsergebnis werde gestützt durch die telefonische Befragung
der Zeugin M, die bestätigt habe, dass der Erblasser nur die Töchter aus seiner zweiten
Ehe zu seinen Erben habe bestimmen wollen. Aus der telefonischen Befragung des
Zeugen K folge nichts anderes. Dem von dem Zeugen stammenden Testamentsentwurf
komme keinerlei indizielle Bedeutung zu. Aus dem Umstand, dass der Erblasser dem
Zeugen K erklärt habe, dass er seine Ehefrau habe enterben wollen, könne nicht
geschlossen werden, dass er an die Enterbung seiner Töchter aus erster Ehe „keinen
Gedanken verschwendet habe“. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
angefochtenen Beschluss (Bl. 238 ff. der Akte) verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 13.07.2018 hat die Beteiligte zu 3) gegen diesen Beschluss
Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Amtsgericht habe die
Anwendung ausländischen Rechts nicht geprüft. Auch die Auslegung des Testaments
könne nicht nachvollzogen werden. Auf den Erbfall sei T1sches Erbrecht anwendbar, da
der Erblasser in T seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe und das T1sche Recht
dem Tschen Recht vorgehe. Den Willen nach Deutschland zurückzukehren habe der
Erblasser nicht gehabt. Sowohl nach Tschem als auch nach T1schem Recht sei das
Testament des Erblassers unwirksam aufgrund des Zusatzes der Zeugin M. Zu Unrecht
habe das Amtsgericht der Aussage des Zeugen K keine Beweiskraft beigemessen.
Mit Schriftsatz vom 20.07.2018 hat auch die Beteiligte zu 4) Beschwerde gegen den
Beschluss des Amtsgerichts eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das
Amtsgericht habe Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin M und der Glaubhaftigkeit
ihrer Aussage nicht berücksichtigt. Deshalb sei die förmliche Vernehmung der Zeugin
erforderlich. Der Testamentsentwurf des Rechtsanwalts K spreche dafür, dass der
Erblasser keines seiner vier Kinder habe enterben wollen. Entgegen der Auffassung der
Beteiligten zu 3) sei jedoch deutsches Erbrecht anwendbar. Es sei bereits geklärt, dass
der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls in Deutschland
gewesen sei.

Demgegenüber verteidigen die Beteiligten zu 1) und 2) die angefochtene Entscheidung
und tragen ergänzend vor, es sei erklärter und ausdrücklicher Wille des Erblassers
gewesen, dass nur seine beiden „Tschen Töchter“ seine alleinigen Erbinnen sein sollten.
Der Erblasser habe seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland beibehalten wollen.
Das Amtsgericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sache durch Beschluss
vom 25.07.2018 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Verfahrensstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat die geschiedene zweite Ehefrau des Erblassers, Frau N um eine schriftliche
Aussage zu den Umständen der Testamentserrichtung gebeten. Diese Anfrage blieb
unbeantwortet.

II.
Die Rechtsmittel der Beteiligten zu 3) und 4) bleiben ohne Erfolg.

1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) sind zulässig.

a) Das angerufene Nachlassgericht Bad Oeynhausen ist international zuständig.
Der Erblasser ist am 00.07.2016 in G, P1, T verstorben. Damit ist gemäß Art. 83 Abs. 1
EuErbVO die am 17.8.2015 in Kraft getretene EUErbVO anzuwenden. Gemäß Art. 4
EuErbVO sind für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass die Gerichte
desjenigen Mitgliedstaates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt
seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Die internationale Zuständigkeit ist
selbständige Verfahrensvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen
zu beachten; einer Rüge eines Beteiligten bedarf es nicht (OLG Zweibrücken NJW-RR
2002, 154; BayObLG FamRZ 1994, 913).

Der Senat hat allerdings bereits mit Beschluss vom 02.01.2017 (10 W 35/17) entschieden,
dass das Amtsgericht – Nachlassgericht - Bad Oeynhausen international zuständig ist,
weil der Erblasser in dem dortigen Gerichtsbezirk seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt
gehabt habe. Grundsätzlich ist das Beschwerdegericht, wenn dasselbe Verfahren erneut in
die Rechtsmittelinstanz gelangt, bei einer erneuten Befassung mit derselben Sache an
seine erste Entscheidung gebunden. Die Bindung entfällt nur, wenn inzwischen eine
Änderung des Sachverhalts (neue Tatsachen oder Beweismittel) gegeben ist oder das
Beschwerdegericht nach Erlass des Zurückweisungsbeschlusses entscheidungserheblich
seine Rechtsprechung geändert hat (Keidel-Sternal, FamFG, § 69 Rn. 30 m.w.Nw.).
Entgegen dem Vorbringen der Beteiligten zu 3) hat der Senat jedoch keine Veranlassung,
von seiner bisherigen Rechtsauffassung abzurücken. Neue Tatsachen oder Beweismittel,
die die Annahme, der internationalen Gerichtsbarkeit der deutschen Gerichte in Frage
stellen, sind nicht ersichtlich.

Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ i.S.d. Art. 4 EuErbVO ist unter Heranziehung
der Erwägungsgründe (23) und (24) zu bestimmen. Insoweit ist eine Gesamtbeurteilung
der Lebensumstände vorzunehmen, insbesondere der Dauer und der Regelmäßigkeit des
Aufenthalts des Erblassers im Zweitstaat, der besonders engen Bindung an einen Staat,
der Sprachkenntnisse, der Lage des Vermögens (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 26. April
2016 – 1 AR 8/16 –, juris; OLG München, Beschluss vom 22. März 2017 – 31 AR 47/17 –,
juris, jeweils m.w.Nw.). Daraus ergibt sich, dass in Bezug auf den „gewöhnlichen
Aufenthalt“ der tatsächliche Lebensmittelpunkt einer natürlichen Person zu verstehen ist,
der mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren
vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist (Keidel/Zimmermann,
FamFG, § 343 Rn. 62). Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, dass für die
Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers neben dem objektiven
Moment des tatsächlichen Aufenthalts auch ein subjektives Element, nämlich ein
Aufenthalts- bzw. Bleibewille, erforderlich ist (Keidel/Zimmermann, FamFG, § 343 Rn. 67).
Dass der Erblasser während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens mit seiner dritten
Ehefrau, der Beteiligten zu 5), seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, steht
nicht infrage. Nach Überzeugung des Senats hat aber auch ein Wechsel des
gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers nicht im Zuge der Trennung von seiner Ehefrau
stattgefunden. Nach diversen Krankenhausaufenthalten in Deutschland hat sich der
Erblasser ab Mai 2015 zwar mehrfach in T aufgehalten. Im Juni 2015 ist er jedoch bereits
für einen weiteren Krankenhausaufenthalt nach Deutschland zurückgekehrt. Auch wenn er
anschließend wieder zurück nach T gefahren ist, hat sich der Erblasser bereits im
September 2015 wieder in Deutschland aufgehalten. Dort hat er im September und
Oktober mehrmals Besprechungstermine mit einem hiesigen Rechtsanwalt
wahrgenommen. Hätte der Erblasser bereits mit der Trennung von seiner Ehefrau im
August 2015 den Willen gehabt, dauerhaft in T zu bleiben, hätte es nahegelegen allein
dort einen Rechtsanwalt zu konsultieren, zumal er sich in T bereits an den Rechtsanwalt K
gewandt hatte. Davon, dass der Erblasser, nachdem er abermals nach T gefahren war,
dauerhaft dort bleiben wollte, kann nicht mit Gewissheit ausgegangen werden. Vielmehr
scheint es so gewesen zu sein, dass sich der Erblasser nur vorübergehend in T aufhalten
hat, jedoch nach Deutschland zurückkehren wollte. Dafür spricht, dass der Erblasser, wie
bereits in dem Senatsbeschluss vom 02.01.2018 ausgeführt, weiterhin seine
Meldeadresse in Deutschland hatte und in Deutschland krankenversichert geblieben ist.
Entgegen der Empfehlung des Rechtsanwalts K hatte er seine Bankverbindung zur
Kreissparkasse I nicht aufgegeben und seinen Wohnsitz nicht offiziell in T angemeldet. In
der notariellen Urkunde vom 09.10.2015, mit der das gemeinschaftliche Testament mit
seiner Ehefrau widerrufen worden ist, hat er sowohl seine deutsche als auch seine Tsche
Adresse als Wohnsitz angegeben. Der Wille, dauerhaft in T zu bleiben kann auch nicht
daraus hergeleitet werden, dass der Erblasser möglicherweise zumindest überwiegend in
T leben wollte, wie aus dem Aktenvermerk des Rechtsanwalts B1 vom 22.09.2015
hervorgeht. Die trennungsbedingte Wohnsitznahme in der Immobilie in T reicht zur
Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts dort nicht aus, weil sie lediglich der
Praktikabilität geschuldet war (OLG Hamm, Beschluss vom 02. Januar 2018 – I-10 W
35/17 –, juris; zustimmend MüKoFamFG/Rauscher, 3. Aufl. 2019, EU-ErbVO Art. 4 Rn.
21). Vor diesem Hintergrund ist auch die Angabe der Verfahrensbevollmächtigte der
Ehefrau des Erblassers in deren Schriftsatz vom 30.11.2015 zu sehen, dass der Erblasser
sich lediglich aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich länger in T aufhalten wolle,
sein erster Wohnsitz und Lebensmittelpunkt aber in W bleibe. Hinreichende Anhaltspunkte
dafür, dass der Erblasser in Deutschland „seine Zelte abgebrochen hatte“, sind
demgegenüber nicht ersichtlich. Nach alledem erscheint es daher naheliegend, wie von
den Beteiligten zu 1) und 2) bereits vorgetragen, dass der Erblasser in dem Zeitraum
zwischen der Abfassung seines Testaments im Dezember 2015 und seinem Tod im Juli
2016 lediglich krankheitsbedingt nicht wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist.
Keine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich aus der erst nach Erlass der
Senatsentscheidung vom 02.01.2018 mit Schriftsatz vom 08.01.2018 erstmals
vorgetragenen Tatsache, dass sich der Erblasser im August 2015 an den Rechtsanwalt K
in E gewandt hatte. Dass sich bereits in der Beratung durch einen deutschen
Rechtsanwalt in T ein Aufenthaltswille manifestieren soll, ist nicht nachvollziehbar,
insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Erblasser keinem der Ratschläge des
Rechtsanwalts gefolgt ist. Der Erblasser hat weder den von Rechtsanwalt K gefertigten
Testamentsentwurf abgeschrieben, noch sich in Deutschland abgemeldet bzw. sich in T
angemeldet. Die Bankverbindung zur Kreissparkasse I hatte er schließlich auch nicht
aufgegeben. Dieses Verhalten lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass der Erblasser auf
keinen Fall wieder nach Deutschland zurückkehren und dauerhaft in T bleiben wollte.
Deshalb kann auch nicht aus der bloßen Errichtung des Testaments in T geschlossen
werden, dass der Erblasser den Willen hatte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in T zu
begründen.

b) Die Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) sind gem. §§ 342 Abs. 1 Nr. 6, 58
FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht
eingelegt worden, §§ 63, 64 FamFG.

Obwohl die Beteiligte zu 3), anders als die Beteiligte zu 4), die mit Schriftsatz vom
10.05.2017 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt hatte, keinen
eigenen Erbscheinsantrag gestellt hat, ist sie entgegen § 59 Abs. 2 FamFG dennoch
beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeberechtigung bezeichnet die verfahrensrechtliche
Befugnis eines Beteiligten, gegen eine beschwerende erstinstanzliche Entscheidung
Beschwerde mit dem Rechtsschutzziel einer Beseitigung der Beschwer einzulegen. Die
Beschwerdeberechtigung stellt eine selbstständige, von Amts wegen (§ 68 Abs. 2 S. 1
FamFG) zu prüfende Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels dar. Nur soweit sie
besteht, ist das Beschwerdegericht zur Sachprüfung befugt; im Übrigen ist die
Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG (Keidel/Meyer-Holz,
FamFG, § 59 Rn. 2). In Amtsverfahren reicht für die Beschwerdeberechtigung eine
materielle Beschwer, d. h. eine Beeinträchtigung in eigenen Rechten, aus, § 59 Abs. 1
FamFG. In Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit hingegen ist zusätzlich, wie
sich aus § 59 Abs. 2 FamFG ergibt, eine formelle Beschwer erforderlich. Danach muss der
Beschwerdeführer als Antragsteller am Verfahren beteiligt gewesen und sein Antrag
mindestens teilweise zurückgewiesen worden sein (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, § 59 Rn.
4). Im Erbscheinsverfahren ist indessen nicht nur der Antragsteller berechtigt, Beschwerde
gegen den Beschluss nach § 352 e FamFG, durch den der Antrag auf Erbscheinserteilung
abgelehnt worden ist, einzulegen, sondern auch jeder Antragsberechtigte, selbst wenn er
keinen eigenen Antrag gestellt hat, einen solchen jedoch stellen könnte (OLG Stuttgart,
Beschluss vom 14. Mai 2018 – 8 W 302/16 –, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht,
Beschluss vom 28. April 1998 – 1Z BR 26/98 –, juris; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, § 59
FamFG, Rdnr. 78). Dass die Beteiligte zu 3) als Abkömmling des Erblassers
antragsberechtigt ist, steht hier außer Frage, so dass ihr auch die
Beschwerdeberechtigung nicht abgesprochen werden kann.

2. In der Sache sind die Beschwerden der Beteiligten zu 3) und 4) jedoch
unbegründet. Die beiden Beteiligten sind nach Auffassung des Senats nicht Miterben des
Erblassers.

a) Maßgeblich für die Erbfolge ist das handschriftliche Testament des Erblassers
vom 11.12.2015. Auf diese letztwillige Verfügung ist das deutsche Erbrecht anzuwenden.
Dies folgt aus Art. 21 Abs. 1 EuErbVO, nachdem die gesamte Rechtsnachfolge von Todes
wegen dem Recht des Staates unterliegt, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Wie oben zu Ziff. 1 a) bereits festgestellt, hatte der
Erblasser, obwohl er dort gestorben ist, seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt
seines Todes nicht in T, sondern in Deutschland. Ein Ausnahmefall nach Art. 21 Abs. 2
EuErbVO liegt nicht vor. Dass der Erblasser nach T eine offensichtlich engere Verbindung
als nach Deutschland hatte mit der Folge, dass das deutsche Erbrecht nicht zur
Anwendung kommt, lässt sich nicht feststellen. Es besteht zwischen den Beteiligten auch
Einigkeit darüber, dass der Erblasser keine Rechtswahl im Sinne des Art. 22 EuErbVO
getroffen hat.

b) Nach Auffassung des Senats kann das Testament des Erblassers nur in dem
Sinn ausgelegt werden, wie es auch das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss
getan hat. Danach hat der Erblasser nur seine beiden Töchter aus der zweiten Ehe zu
seinen Erben berufen, nicht jedoch die beiden Beschwerdeführerinnen, die Beteiligten zu
3) und 4).

aa) Diese Auslegung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Testaments vom
11.12.2015. Darin sind nur die beiden Kinder des Erblassers aus dessen zweiter Ehe
namentlich benannt. Nicht erwähnt sind hingegen die beiden Beschwerdeführerinnen, bei
denen es sich um Kinder aus der ersten Ehe handelt. Es hätte jedoch nahegelegen, sie
ebenfalls in dem Testament mit aufzuführen, wenn es dem Willen des Erblassers
entsprochen hätte, sie auch als Erben einzusetzen. Zwar heißt es einleitend: „Ich P H geb.
am 0.8.1935 in D. Setze zu gleichen Teilen meine Kinder als alleinige Erben ein.“ Daraus
kann indessen nicht der sichere Schluss gezogen werden, dass es dem Willen des
Erblassers entsprach, auch von den Beschwerdeführerinnen beerbt zu werden. Es heißt
nämlich nicht „setze zu gleichen Teilen alle meine Kinder als alleinige Erben ein“ oder
„setze zu gleichen Teilen meine vier Kinder als alleinige Erben ein“, obwohl eine solche
Formulierung nahegelegen hätte, wenn es dem Willen des Erblassers entsprochen hätte,
tatsächlich alle vier Kinder als Erben einzusetzen. Vielmehr muss die namentliche
Benennung der beiden Kinder aus zweiter Ehe dahin verstanden werden, dass der
Erblasser mit dieser Aufzählung erläutert hat, wer mit „meine Kinder“ in dem
voraufgegangenen Satz gemeint sein sollte, nämlich nur die Beteiligten zu 1) und 2). Dem
steht nicht entgegen, dass dieser Satz nicht mit einem Doppelpunkt, sondern mit einem
einfachen Punkt abgeschlossen ist. Angesichts der im gesamten Testament willkürlich
vorgenommenen Interpunktion kann diesem Umstand keine besondere Bedeutung
beigemessen werden. So hat der Erblasser vor der Angabe der Adresse der Beteiligten zu

1) keinen Doppelpunkt gesetzt, während ein Doppelpunkt bei der Adresse der Beteiligten
zu 2) verwendet worden ist. Auch die Verwendung eines Punktes zwischen dem Wort „D“
und dem Wort „setze“ im zweiten Satz der letztwilligen Verfügung ergibt keinen Sinn.
Ein plausibler Grund, lediglich die Beteiligten zu 1) und 2) namentlich zu benennen, nicht
jedoch die beiden Beschwerdeführerinnen, wenn der Erblasser dennoch die Absicht hatte,
jedes seiner vier Kinder zu Miterben zu bestimmen, ist nicht erkennbar. Nicht
nachvollziehbar erscheint jedenfalls die Erklärung, der Erblasser habe dadurch lediglich
sicherstellen wollen, dass die beiden in T lebenden Töchter von einem deutschen
Nachlassgericht nicht „übergangen“ werden. Da der Erblasser sein Testament in T
errichtet hat, musste er damit rechnen, dass die beiden dort lebenden Töchter, wie auch
tatsächlich geschehen, sich um die Beantragung eines Erbscheins kümmern würden.
Dann wäre es aber hilfreich gewesen, die beiden in Deutschland lebenden Töchter
namentlich zu erwähnen und deren Adressen aufzuführen, um zu gewährleisten, dass
keines seiner Kinder „übergangen“ wird.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Erblasser eine nur unvollständige
Aufzählung seiner vier Kinder in das Testament aufgenommen hat. Schon nach dem
äußeren Erscheinungsbild der Urkunde deutet nichts darauf hin, dass der Erblasser seinen
letzten Willen unvollständig zu Papier gebracht hat. Die letztwillige Verfügung ist nach der
Bezeichnung seiner Tochter J2, der Beteiligten zu 2), ordnungsgemäß mit der
Bezeichnung des Ortes der Testamentserrichtung, dem Datum und der Unterschrift des
Erblassers abgeschlossen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage der vom
Amtsgericht befragten Zeugin M, die lediglich bekundet hat, dass der Erblasser das von
ihm bereits teilweise errichtete Testament in ihrem Beisein vollendet habe. Dass dabei die
Erwähnung der Beteiligten zu 3) und 4) unterblieben sei, obwohl der Erblasser vorgehabt
habe, alle Kinder in seinem Testament aufzuführen, geht aus der Aussage der Zeugin
nicht hervor.

bb) Der Senat verkennt nicht, dass bei der Testamentsauslegung vor allem der
wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des
Ausdrucks zu haften ist. Nach der Rechtsprechung des BGH darf nicht bei der Analyse
des Wortlauts stehen geblieben werden. Vielmehr muss der Wortsinn der benutzten
Ausdrücke gewissermaßen "hinterfragt" werden, wenn dem wirklichen Willen des
Erblassers Rechnung getragen werden soll. Dafür müssen auch alle zugänglichen
Umstände außerhalb der Testamentsurkunde heran gezogen werden (BGH, Beschluss
vom 19. Juni 2019 – IV ZB 30/18 –, juris; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – IV
ZR 31/14 –, juris). Die von den Beteiligten im vorliegenden Verfahren vorgetragenen
Umstände lassen indessen nicht den Schluss zu, dass der Erblasser abweichend vom
Text der von ihm errichteten letztwilligen Verfügung auch die Beteiligten zu 3) und 4) als
Miterben einsetzen wollte.

(1) Ein solcher Wille des Erblassers, lässt sich nicht aus dem Umstand herleiten,
dass sich der Erblasser in T an den in E tätigen Rechtsanwalt K gewandt hat. Dieser hat
ihm einen Testamentsentwurf mit der Anweisung übersandt, diesen handschriftlich
abzuschreiben und die von ihm vorgesehenen Leerfelder mit den entsprechenden Daten
auszufüllen. Dieser Entwurf enthält bezüglich der Erbeinsetzung die klare Formulierung
„zu meinen Erben setze ich meine vier Kinder ______, ______, ______ und ______ zu
gleichen Teilen ein.“ Dem kommt aber keine maßgebliche Bedeutung zu, denn der
Erblasser ist dem Rat des Rechtsanwalts K nicht gefolgt. Wenn es der Wille des
Erblassers gewesen wäre, alle vier Kinder als Miterben zu bestimmen, hätte es aber nahe
gelegen, zumindest den durch den Zeugen K vorformulierten Satz in das
handgeschriebene Testament zu übertragen und die Namen der vier Kinder einzusetzen.
Dies hat der Erblasser aber gerade nicht gemacht. Er hat weder die Zahl „vier“
übernommen noch alle Kinder in seinem Testament namentlich benannt, obwohl der
Entwurf des Rechtsanwalts K in diesem Punkt unmissverständlich war.

Die Befragung des Zeugen K durch das Amtsgericht hat auch nicht ergeben, dass es der
eigentliche Wille des Erblassers gewesen ist, alle Kinder gleichermaßen zu bedenken. Wie
aus dem Telefonvermerk vom 24.05.2018, Bl. 230 der Akte, hervorgeht, hat der Zeuge
erklärt, dass die Frage, ob den Erblasser nur seine beiden Kinder aus der zweiten Ehe
oder darüber hinaus auch die beiden Töchter aus der ersten Ehe beerben sollten, nicht
Gegenstand seiner Beratung gewesen sei und der Erblasser ihm gegenüber auch keine
hierauf bezogenen Vorstellungen oder Wünsche artikuliert habe.

(2) Auch der in den Telefonvermerken vom 15.03. und 21.03.2018, Bl. 202 ff. d.A.,
niedergelegten Aussage der Zeugin M lässt sich nicht entnehmen, dass der Erblasser den
Wunsch gehabt hat, sowohl die Kinder aus der zweiten Ehe als auch die beiden Töchter
aus erster Ehe als seine Erben einzusetzen. Die Zeugin hat angegeben, dass sie mit dem
Erblasser nicht darüber gesprochen habe, ob außer den beiden in dem Testament
namentlich genannten Töchtern aus zweiter Ehe auch die beiden Töchter aus erster Ehe
den Erblasser beerben sollten. Dies hat die Zeugin damit erklärt, dass es dafür kein
Bedürfnis gegeben habe, denn es sei klar gewesen, dass nur die beiden Töchter aus
zweiter Ehe Erbinnen des Erblassers sein sollten. Zur Begründung der Motivation des
Erblassers für diese Regelung hat die Zeugin angegeben, dass das Verhältnis des
Erblassers zu seinen Töchtern aus erster Ehe schlecht gewesen sei.

Für die Entscheidung des Senats sind die Aussagen der beiden Zeugen nicht relevant.
Der Zeuge K konnte schon keine Angaben zum Willen des Erblassers machen, soweit es
nicht um die Enterbung der dritten Ehefrau, der Beteiligten zu 5), sondern um die
Erbeinsetzung der Kinder ging. Aber auch die Aussage der Zeugin M ist nicht
entscheidungserheblich, denn die Tatsache, dass nur die beiden Beteiligten zu 1) und 2)
den Erblasser beerben sollten, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Testaments. Die
Behauptung der Beteiligten zu 3) und 4), es seien alle vier Töchter gemeint gewesen, hat
die Zeugin nicht bestätigt. Deshalb kann auch dahinstehen, ob die von den Beteiligten zu
3) und 4) geäußerten Bedenken gegen die Richtigkeit der Aussage der Zeugin und deren
Glaubwürdigkeit zutreffend sind. Selbst wenn die Zeugin unglaubwürdig sein sollte, könnte
daraus nicht der Schluss auf das Gegenteil dessen gezogen werden, was die Zeugin
selbst angegeben hat.

Da die Aussagen der beiden vom Amtsgericht befragten Zeugen die Behauptung der
Beteiligten zu 3) und 4) nicht bestätigt haben, kann der Senat auch von einer förmlichen
Vernehmung gem. § 30 Abs. 3 FamFG absehen. Eine Verpflichtung zur förmlichen
Vernehmung besteht nicht, da nach § 29 FamFG lediglich eine Beweiserhebung in
geeigneter Form vorgesehen ist, also auch durch eine nicht förmliche Beweisaufnahme.
Nach § 30 Abs. 3 FamFG soll eine förmliche Beweisaufnahme über die Richtigkeit einer
Tatsachenbehauptung stattfinden, wenn das Gericht seine Entscheidung maßgeblich auf
die Feststellung dieser Tatsache stützen will und die Richtigkeit von einem Beteiligten
ausdrücklich bestritten wird. Das ist hier aber nicht der Fall, denn auf die Aussagen der
beiden befragten Zeugen kommt es – wie dargelegt – für die Entscheidung nicht an.

(3) Auch aus früheren letztwilligen Verfügungen des Erblassers lassen sich keine
Anhaltspunkte dafür herleiten, dass der Erblasser den Willen gehabt hat, alle vier Töchter
zu seinen Erbinnen zu bestimmen. Weder das notarielle Testament vom 15.09.1966 noch
das letztlich widerrufende Ehegattentestament vom 22.02.2010 enthält eine Erbeinsetzung
der Kinder. In beiden Testamenten ist die jeweilige Ehefrau des Erblassers als Alleinerbin
eingesetzt. In dem gemeinschaftlichen Testament sind zugunsten der Kinder lediglich
Vermächtnisse angeordnet worden.

(4) Der von der Beteiligten zu 4) vorgelegten handschriftlichen Notiz der Frau I1
H-C kommt ebenfalls keine entscheidende Bedeutung zu. Der Umstand, dass in dieser
Notiz u.a. unter dem Stichwort „welche Erben, wie bedenken“ alle vier Kinder des
Erblassers namentlich aufgelistet sind, lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass der
Erblasser vorhatte, alle Töchter als Miterbinnen einzusetzen. Es mag sein, dass er diesen
Willen noch bei dem Zusammentreffen mit seiner Schwester gehabt hat. Dass er zum
Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch immer dazu entschlossen war, kann nicht sicher
angenommen werden und geht schon gar nicht aus der Notiz hervor.

(5) Schließlich ist auch eine förmliche Beweisaufnahme durch Vernehmung der
Zeugin N, der zweiten Ehefrau des Erblassers, entbehrlich. Die Zeugin ist vom Senat
angeschrieben und gebeten worden, schriftlich Angaben zu den Umständen der Errichtung
des Testaments zu machen. Auf dieses gerichtliche Anschreiben hat die Zeugin nicht
reagiert. Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, dass das Schreiben die Zeugin nicht
erreicht hat, liegen nicht vor. Gleichwohl ist die Ladung der Zeugin und deren förmliche
Vernehmung gemäß § 30 Abs. 3 FamFG nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung des
Senats (OLG Hamm, Beschluss vom 15. November 2019 – I-10 W 143/17 –, juris) ist eine
förmliche Vernehmung nur geboten, wenn das Gericht die entscheidungserhebliche
Tatsachenbehauptung nach dem Ergebnis bisheriger Ermittlungen für wahr hält und sie
daher seiner Entscheidung zugrunde legen will. In diesem Fall soll das Gericht insoweit
eine positive Überzeugung vom Vorliegen einer Tatsache noch einmal durch den
Strengbeweis überprüfen (BT-Drs. 16/6308, 190). Daraus folgt, dass eine Verpflichtung zur
Erhebung des Strengbeweises gemäß § 30 Abs. 3 FamFG nur besteht, wenn das Gericht
das Ergebnis eines vorgeschalteten Freibeweisverfahrens seiner Entscheidung zugrunde
legen will (Prütting in: Prütting/Helms, FamFG, § 30 FamFG Rn. 11; MüKoFamFG/Ulrici,
FamFG, § 30 Rn. 13, 14; BeckOK FamFG/Burschel, FamFG, § 30 Rn. 12, 13;
Musielak/Borth/Borth/Grandel, FamFG, § 30 Rn. 3-4). Das ist hier aber nicht der Fall. Die
schriftliche Befragung der Zeugin N war unergiebig und hat keine Erkenntnisse erbracht,
die im Wege des Strengbeweises zu überprüfen wären, damit sie der Entscheidung des
Senats zugrunde gelegt werden könnten.

cc) Die Beschwerdeführerinnen haben weitere Beweismittel nicht angegeben. Die
Vornahme zusätzlicher Ermittlungen von Amts wegen gem. § 26 FamFG erscheint nicht
geboten. Welche Nachforschungen erforderlich sind, bestimmt das Gericht nach
pflichtgemäßem Ermessen. Die von Amts wegen einzuleitenden und durchzuführenden
Ermittlungen sind so weit auszudehnen, wie es die Sachlage erfordert; mit anderen
Worten muss das Verfahren geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die
zu treffende Entscheidung zu erlangen. Die richterliche Aufklärungspflicht ist aber nur
dann verletzt, wenn Ermittlungen, zu denen nach dem Sachverhalt als solchem und dem
Vorbringen der Beteiligten Anlass bestand, nicht durchgeführt worden sind; die
Ermittlungen können abgeschlossen werden, wenn von weiteren Maßnahmen ein
sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist.
Das ist hier der Fall. Wenn aber keine außerhalb der Urkunde liegenden Umstände mehr
herangezogen werden können, muss sich die Testamentsauslegung auf die Ausdeutung
des Wortlauts beschränken (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – IV ZR 31/14 –,
juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Voraussetzungen für die
Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Weder hat
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des
Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Hamm

Erscheinungsdatum:

10.07.2020

Aktenzeichen:

10 W 108/18

Rechtsgebiete:

Deutsches IPR (EGBGB)
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)

Normen in Titel:

EuErbVO Art. 4, 21; BGB § 133; FamFG §§ 26, 30 Abs. 3