BVerfG 26. März 2019
1 BvR 673/17
GG Artt. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 u. 2; BGB § 1741 Abs. 2

Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien ist verfassungswidrig

letzte Aktualisierung: 10.5.2019
BVerfG, Beschl. v. 26.3.2019 – 1 BvR 673/17

GG Artt. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 u. 2; BGB § 1741 Abs. 2
Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien ist verfassungswidrig

1. Der Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien verstößt gegen das
allgemeine Gleichbehandlungsgebot.

2. Gegen die Stiefkindadoption vorgebrachte allgemeine Bedenken rechtfertigen nicht, sie nur in
nichtehelichen Familien auszuschließen.

3. Es ist ein legitimes gesetzliches Ziel, eine Stiefkindadoption nur dann zuzulassen, wenn die
Beziehung zwischen Elternteil und Stiefelternteil Bestand verspricht (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 Satz 2
des Europäischen Übereinkommens vom 27. November 2008 über die Adoption von Kindern
(revidiert), BGBl II 2015 S. 2 <6>).

4. Der Gesetzgeber darf im Adoptionsrecht die Ehelichkeit der Elternbeziehung als positiven
Stabilitätsindikator verwenden. Der Ausschluss der Adoption von Stiefkindern in allen
nichtehelichen Familien ist hingegen nicht zu rechtfertigen. Der Schutz des Stiefkindes vor einer
nachteiligen Adoption lässt sich auf andere Weise hinreichend wirksam sichern.

5. Auch jenseits der Regelung von Vorgängen der Massenverwaltung kommen gesetzliche
Typisierungen in Betracht, etwa wenn eine Regelung über ungewisse Umstände oder Geschehnisse
zu treffen ist, die sich selbst bei detaillierter Einzelfallbetrachtung nicht mit Sicherheit bestimmen
lassen. Die damit verbundene Ungleichbehandlung ist jedoch nur unter bestimmten
Voraussetzungen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

G r ü n d e :

A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es verfassungsgemäß ist, die Möglichkeit einer zur
gemeinsamen Elternschaft führenden Stiefkindadoption davon abhängig zu machen, dass der

Stiefelternteil mit dem Elternteil verheiratet ist.

I.
Nach derzeitiger Rechtslage ist eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur
möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, wohingegen der
Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des rechtlichen Elternteils nicht adoptieren
kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt (§ 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und §
1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind
bestehen ohne Adoption keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen.

1. Die Regelung der Stiefkindadoption geht im Wesentlichen auf das Gesetz über die Annahme als
Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz) vom 2. Juli 1976 zurück (BGBl I S.
1749), welches das Adoptionsrecht grundlegend neu geregelt hat. Im Mittelpunkt der Reform stand die
Annahme Minderjähriger. Die Annahme eines Kindes sollte „nicht mehr den Fortbestand des Namens
und des Vermögens sichern, sondern einem Kind, das ein gesundes Zuhause entbehren muss, eine
Familie geben“ (BTDrucks 7/3061, S. 1). Es wurde die sogenannte Volladoption eingeführt, die
grundsätzlich zur völligen Trennung des adoptierten Kindes von seiner bisherigen rechtlichen Familie
und zu seiner vollen Integration in die aufnehmende Familie führt.

2. Die Stiefkindadoption ist in nichtehelichen Familien nach geltendem Recht dadurch faktisch
ausgeschlossen, dass mit der Adoption jedes bislang bestehende Elternverhältnis erlöschen würde,
das Kind dann also nur noch den Stiefelternteil als rechtlichen Elternteil hätte, was typischerweise nicht
im Interesse der Beteiligten liegt. Das Erlöschen der Elternschaft folgt in dieser Konstellation aus dem
Zusammenspiel mehrerer einfachgesetzlicher Regelungen.

§ 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet an, dass mit der Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des
Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm ergebenden
Rechte und Pflichten erlöschen. Im Fall der Stiefkindadoption erlischt demnach nicht nur die
Verwandtschaft zur Familie des (regelmäßig ohnehin sozial entfernteren) „außenstehenden“ Elternteils,
sondern auch zur Familie des „bleibenden“ Elternteils. § 1755 Abs. 2 BGB macht hiervon zwar gerade
für die Stiefkindadoption eine Ausnahme. Dort ist geregelt, dass im Fall der Stiefkindadoption das
Erlöschen nur im Verhältnis zu dem außenstehenden Elternteil und dessen Verwandten eintritt; die
Verwandtschaft zum bleibenden Elternteil besteht also fort. Das gilt jedoch nur dann, wenn ein
Stiefelternteil das Kind seines Ehegatten annimmt. Im Fall der ehelichen Stiefkindfamilie bleibt also der
ursprüngliche Elternteil neben seinem annehmenden Ehegatten weiterhin Elternteil, wohingegen die
Elternschaft des außenstehenden ursprünglichen Elternteils erlischt. Für die Annahme durch einen
nicht verheirateten Stiefelternteil ist keine Ausnahme von der allgemeinen Erlöschensfolge des § 1755
Abs. 1 BGB vorgesehen:

§ 1755 BGB

(1) Mit der Annahme erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und
seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich aus ihm
ergebenden Rechte und Pflichten. Ansprüche des Kindes, die bis zur Annahme
entstanden sind, insbesondere auf Renten, Waisengeld und andere
entsprechende wiederkehrende Leistungen, werden durch die Annahme nicht
berührt; dies gilt nicht für Unterhaltsansprüche.

(2) Nimmt ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten an, so tritt das Erlöschen nur
im Verhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten ein.

Das Verwandtschaftsverhältnis erlischt im Verhältnis zu den Verwandten des außenstehenden
Elternteils ausnahmsweise nicht, wenn dieser die elterliche Sorge hatte und verstorben ist (§ 1756
Abs. 2 BGB).

Der Erlöschensregelung entsprechend ist auch die Stellung des Kindes geregelt. Grundsätzlich
erlangt das Kind durch Adoption die rechtliche Stellung eines Kindes allein des Annehmenden (§ 1754
Abs. 2 BGB). Nur im Fall der gemeinschaftlichen Adoption durch ein Ehepaar oder der
Stiefkindadoption durch einen Ehepartner wird das Kind gemeinschaftliches Kind beider (§ 1754 Abs. 1
BGB). Wiederum besteht eine solche Ausnahme nicht für die Annahme durch einen nicht verheirateten
Stiefelternteil:

§ 1754 BGB
(1) Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des
anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines
gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten.

(2) In den anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes
des Annehmenden.

[…]
Aus den Regelungen folgt, dass eine Person das rechtliche Kind ihres nicht mit ihr verheirateten
Lebensgefährten de lege lata nur mit der Folge annehmen kann, dass dessen
Verwandtschaftsverhältnis zum Kind erlischt. Damit ist die Adoption des Stiefkindes nicht - wie bei
Ehepartnern - mit der Folge möglich, dass das Kind gemeinschaftliches Kind beider wird. Der
Bundesgerichtshof geht in der angegriffenen Entscheidung (Beschluss vom 8. Februar 2017 - XII ZB
586/15 -, juris Rn. 15) nachvollziehbar davon aus, dass eine großzügigere Auslegung nicht möglich ist.
Dies ist auch der verfassungsgerichtlichen Prüfung zugrunde zu legen (vgl. BVerfGE 135, 48 <60 f. Rn.
25 a.E.>).

3. Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind bestehen ohne Adoption keine
besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Das gilt auch dann, wenn der Stiefelternteil mit dem
anderen Elternteil und dem Kind in sozial-familiärer Beziehung lebt. Der nicht verheiratete Stiefelternteil
ist weder sorgeberechtigt noch -verpflichtet. Seine rechtliche Situation unterscheidet sich von der des
nicht verheirateten rechtlichen Elternteils, der nach § 1626a BGB auch ohne Ehe gemeinsam mit dem
anderen Elternteil sorgeberechtigt sein kann. Der nicht verheiratete Stiefelternteil verfügt auch über kein
sogenanntes „kleines Sorgerecht“, das dem verheirateten Stiefelternteil gesetzlich zugewiesen ist (§
1687b BGB). Auch nach dem Tod des rechtlichen Elternteils oder einer Trennung bestehen im
Stiefeltern-Kind-Verhältnis, abgesehen von der nach § 1685 Abs. 2 BGB möglichen Umgangsregelung,
keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Im Fall des Todes des rechtlichen Elternteils ist
insbesondere die sogenannte Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB ausgeschlossen. Einzelne
vertragliche Gestaltungen sind indessen möglich.

4. Eine Adoption unterliegt nach geltendem Recht strengen materiellen und verfahrensrechtlichen
Anforderungen.

a) Wesentliche Voraussetzung der Adoption ist gemäß § 1741 BGB, dass die Annahme dem Wohl
des Kindes dient und zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-
Verhältnis entsteht. Die Annahme dient nur dann dem Wohl des Kindes, wenn sich hierdurch die
Lebensbedingungen des Kindes so verändern, dass eine erheblich bessere Entwicklung der
Persönlichkeit des Kindes zu erwarten ist (vgl. Frank, in: Staudinger, BGB, 2007, § 1741 Rn. 15 ff.;
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl. 2010, § 68 Rn. 98; Maurer, in: Münchener
Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1741 Rn. 73). Die Erwartung, dass zwischen dem
Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht, spielt bei der Minderjährigenadoption
praktisch keine eigenständige Rolle, was darauf zurückgeführt wird, dass eine Adoption, die dem nicht
genügte, auch nicht dem Wohl des Kindes dienen könnte (vgl. Frank, in: Staudinger, BGB, 2007, §
1741 Rn. 26).

Zur Annahme eines Kindes sind gemäß §§ 1746 ff. BGB insbesondere die Einwilligungen des Kindes
(§ 1746 BGB) und beider rechtlicher Eltern (§ 1747 BGB) erforderlich.

b) Über die Annahme des Kindes entscheidet das Familiengericht (§ 1752 BGB). Ob eine Adoption
dem Wohl des Kindes dient, ist nach Prüfung des Einzelfalls im Wege einer Prognoseentscheidung zu
beantworten. Das Familiengericht hat die maßgeblichen Umstände von Amts wegen zu ermitteln (§ 26
FamFG). Bei Stiefkindadoptionen wird es hierbei nach Maßgabe von § 189 Satz 2, § 194 Abs. 1
FamFG durch Adoptionsvermittlungsstellen und durch das Jugendamt unterstützt. Das Jugendamt hat
die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen sowie dem Familiengericht die ermittelten Tatsachen
mitzuteilen und soll dem Gericht einen bestimmten Entscheidungsvorschlag unterbreiten (vgl. BGH,
Beschluss vom 18. Juni 1986 - IVb ZB 105/84 -, juris, Rn. 16; Krause, in: Prütting/Helms, FamFG, 4.
Aufl. 2018, § 194 Rn. 3 m.w.N.).

II.
1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist die leibliche Mutter der zum Zeitpunkt der Erhebung der
Verfassungsbeschwerde minderjährigen Beschwerdeführer zu 2) und 3). Der mit der Mutter
verheiratete leibliche Vater der Kinder verstarb im Jahr 2006. Seit 2007 leben die Beschwerdeführerin
zu 1) und der Beschwerdeführer zu 4) in nichtehelicher Lebensgemeinschaft. Sie haben nach eigenen
Angaben davon abgesehen, die Ehe zu schließen, weil die Beschwerdeführerin zu 1) eine Witwenrente
bezieht, die sie als einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage betrachtet und die sie durch die
Wiederverheiratung verlöre. Die beiden haben einen gemeinsamen, im Jahr 2009 geborenen Sohn. Im
Oktober 2013 wurde der Antrag der Beschwerdeführer zu 1) und 4) auf Ausspruch der Annahme der
Beschwerdeführer zu 2) und 3) als gemeinschaftliche Kinder notariell beurkundet.

2. Das Amtsgericht wies den Antrag auf Ausspruch der Annahme zurück. Eine unverheiratete Person
könne ein Kind nur allein annehmen. Eine Adoption dergestalt, dass die Anzunehmenden die Stellung
gemeinschaftlicher Kinder der Beschwerdeführer zu 1) und 4) erlangten, sei nach derzeitiger
Gesetzeslage nicht möglich. Diese gesetzliche Regelung sei auch nicht verfassungswidrig. Es solle
sichergestellt sein, dass das Kind durch die Adoption in stabile Verhältnisse mit dauerhaften
Bezugspersonen gelange.

3. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde der Beschwerdeführer zu 1) und 4) gegen den
Beschluss des Amtsgerichts zurück und ließ die Rechtsbeschwerde zu.

4. Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde zurück. Die beantragte Adoption sei nach
geltendem Recht nicht möglich. Die eindeutigen Regelungen der § 1741 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, § 1754
Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB ließen eine teleologische Reduktion nicht
zu.

§ 1741 Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 BGB seien auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere seien die
Beschwerdeführer zu 1) und 4) auch unter Zugrundelegung eines strengen Prüfungsmaßstabs nicht in
ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der erstrebte Zweck, den
anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten, sei legitim. Wenn der
Gesetzgeber hierfür maßgeblich auf eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft abstelle, liege das noch
in seinem gesetzgeberischen Ermessen. Auch wenn sich ein gesellschaftlicher Wandel vollziehe,
wonach immer mehr Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften hervorgingen, ändere das
nichts daran, dass sich die Ehe von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft rechtlich deutlich
abhebe. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung zur Beschränkung der Leistungen
der gesetzlichen Krankenversicherung für künstliche Befruchtung auf Ehepaare ausgeführt, dass der
Gesetzgeber auch in typisierender Betrachtung die Ehe wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens
als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen dürfe, die den Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage
als eine nichteheliche Lebensgemeinschaft (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Die Beschwerdeführer
zu 2) und 3) würden insbesondere nicht in ihrem Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege
und Erziehung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, da die Grenzen des
gesetzgeberischen Spielraums auch insoweit nicht überschritten seien. Die betroffenen Kinder seien
nicht elternlos, sondern hätten mit der Beschwerdeführerin zu 1) einen Elternteil im Rechtssinne.

III.
Die Beschwerdeführer rügen, durch die angegriffenen Entscheidungen und die zugrunde liegenden
Normen in verschiedenen Grundrechten verletzt zu sein.

Die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Adoption verletzten die Rechte der
Beschwerdeführer zu 2) und 3) aus Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere würden sie gegenüber Kindern
ungleich behandelt, deren Stiefeltern verheiratet sind, weil ihnen die Möglichkeit versagt werde, mit
dem Beschwerdeführer zu 4), ihrem „gefühlten Vater“, einen mit den Rechten und Pflichten eines
rechtlichen Vaters ausgestatteten Vater zu erhalten. Im konkreten Fall entstehe auch ein
Benachteiligungsgefühl gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Beschwerdeführer zu 1) und 4). Der
als legitim anzusehende Zweck, adoptierten Kindern stabile Familienverhältnisse zu schaffen, erfordere
es in Fällen wie ihrem nicht, die Adoption auszuschließen, da Jugendamt und Familiengericht ohnehin
eine sorgfältige Prüfung des Adoptionsantrags durchführen müssten.

Durch die Entscheidungen der Zivilgerichte würden auch Grundrechte des Beschwerdeführers zu 4)
aus Art. 6 GG verletzt, weil er trotz sozial-familiärer Beziehung zu den Kindern nicht deren rechtlicher
Vater werden könne, ohne dass dabei die Elternstellung der Mutter verloren gehe.

Auch die Beschwerdeführerin zu 1) sei in ihrem Grundrecht auf Schutz der Familie verletzt, weil sie
daran gehindert werde, im Interesse ihrer Kinder eine Situation zu schaffen, in der die Mitglieder der
Familie jene wechselseitigen Rechte und Pflichten haben, wie sie zwischen Eltern und Kindern
bestehen. Sie würde in erheblichem Umfang davon profitieren, wenn die elterlichen Pflichten nicht
alleine auf ihren Schultern lasteten und für den Fall ihres frühzeitigen Ablebens durch rechtliche
Verbindung zum Beschwerdeführer zu 4) für ihre Kinder gesorgt wäre.

IV.
Gelegenheit zur Stellungnahme haben unter anderem das Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz, die Regierungen der Bundesländer, der Bundesgerichtshof, die
Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der
Deutsche Caritasverband e.V., der Deutsche Familiengerichtstag e.V., die Wissenschaftliche
Vereinigung für Familienrecht e.V., der Deutsche Juristinnenbund e.V., der Berufsverband Deutscher
Psychologinnen und Psychologen e.V., der Berufsverband der Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten e.V., die
Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V., der Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.,
das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., die Deutsche Liga für das Kind in Familie
und Gesellschaft e.V., das Deutsche Jugendinstitut e.V. und die Vereinigung Analytischer Kinder- und
Jugendlichen-Psychotherapeuten in Deutschland e.V. erhalten.

1. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat namens der Bundesregierung
Stellung genommen. Ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG oder gegen Art. 6 Abs. 1 GG liege nicht vor. Auch Art. 3 GG sei nicht verletzt.
Hinsichtlich der Beschwerdeführer zu 2) und 3) möge im Vergleich zu Kindern, die von Ehegatten
adoptiert werden, eine Ungleichbehandlung vorliegen. Diese sei jedoch durch einen sachlichen Grund
gerechtfertigt. Dem anzunehmenden Kind solle eine stabile Elternbeziehung gewährleistet werden. Das
typisierende Anknüpfen an die Ehe als rechtlich verfestigte Lebensgemeinschaft sei ein legitimes Mittel
zur Erreichung dieses Zwecks. Zwar könnten auch lediglich tatsächliche Beziehungen im Einzelfall
dauerhaft tragfähig sein. Die Ehe sei jedoch die einzige Beziehungsform, die diese Stabilität und
Dauerhaftigkeit auch nach außen hin für Dritte erkennbar objektiviere und rechtlich verfestige, während
dies bei einer nur tatsächlich bestehenden Lebensgemeinschaft deutlich schwerer feststellbar sei. Die
Bedeutung der Ehe als Anknüpfungspunkt für eine verfestigte, stabile Beziehung betone auch das
Bundesverfassungsgericht (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Darüber hinaus bestehe für den Fall des
Scheiterns der Beziehung eine bessere Absicherung des Kindes, wenn die Partner verheiratet seien.
Aus Art. 6 Abs. 1 GG lasse sich zudem eine Pflicht des Staates zum Schutz und zur Förderung der Ehe
gegenüber anderen Lebensformen ableiten. Schließlich sei bereits die „echte“ Stiefkindadoption durch
den Ehegatten nicht frei von Schwierigkeiten; eine weitere Ausdehnung dieser Adoptionsform sei daher
eher nicht angezeigt. Eine Problematik der Stiefkindadoption bestehe darin, dass der bisherige Vater
infolge der Adoption nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich aus dem Leben des Kindes verdrängt
werde, während grundsätzlich - und dieser Vorstellung folge auch die Ausgestaltung des
Kindschaftsrechts bei Trennung und Scheidung - die Aufrechterhaltung der Beziehung zu beiden
Elternteilen vorzugswürdig sei.

2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Insbesondere
hält sie die Ungleichbehandlung für gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe an Unterschiede von
Verfassungsrang angeknüpft. Das Rechtsinstitut der Ehe genieße im Gegensatz zu nichtehelichen
Lebensgemeinschaften den besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Zudem sei die eheliche
Verbindung der Eltern für die betroffenen Kinder vorteilhaft. Bei einer Ehe wirkten die Einstandspflichten
deutlich über ein mögliches Scheitern hinaus, was auch Auswirkungen auf die aus der Ehe
hervorgehenden Kinder habe.

3. Der Bundesgerichtshof weist auf seine Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung hin und
ergänzt, soweit der Beschwerdeführer zu 4) seine Beziehung zur Kindesmutter als einer Ehe
wesensgleich bezeichne, übersehe er § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Ehegatten einander zur
ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet seien und füreinander Verantwortung trügen. Solche
Verpflichtungen bestünden im Verhältnis des Beschwerdeführers zu 4) zur Kindesmutter nicht.

4. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter legt dar, dass die Stabilität der
Elternbeziehung untereinander ein entscheidender Faktor für ein möglichst unbelastetes Aufwachsen
eines Kindes sei. Dieses Bedürfnis sei grundsätzlich unabhängig von der jeweiligen Familienform. Da
Kinder in Stiefkindfamilien bereits eine Trennung vom leiblichen Elternteil erlebt hätten, komme der
Stabilität und Belastbarkeit der elterlichen Partnerschaft eine zentrale Bedeutung zu. Eine langjährige,
stabile Partnerschaft zwischen Elternteil und Stiefelternteil könne zudem als Indiz für eine dauerhafte
Bereitschaft zur Zusammengehörigkeit und Verantwortungsübernahme auch gegenüber dem Kind der
Partnerin oder des Partners angesehen werden. Eine langjährige Partnerschaft eröffne überhaupt erst
die Möglichkeit, auch krisenhafte Situationen gemeinsam zu durchleben und Belastungen des Alltags
zu meistern. Die Fachkräfte in den Adoptionsvermittlungsstellen setzten oftmals eine Dauer der
Beziehung von drei bis fünf Jahren voraus. Im Sinne der Kindeswohldienlichkeit spielten für die
Stabilität der Elternbeziehung auch qualitative Aspekte eine Rolle. So könnten Paarbeziehungen
durchaus dauerhaft sein, aber dennoch destruktiv auf die Entwicklung der Kinder wirken.

Im Sinne der Kindeswohldienlichkeit sei schließlich zu beachten, dass mit der Adoption durch den
Stiefelternteil das Kind für sein ganzes weiteres Leben auch für diesen verantwortlich werde. Sei die
Partnerschaft zwischen dem leiblichen Elternteil und dem Annehmenden nicht von Dauer, so bleibe die
Beziehung zwischen dem Annehmenden und dem Angenommenen unabhängig von der Trennung der
Eltern mit gegenseitigen Pflichten weiterhin bestehen. Dies führe nicht selten zu erheblichen
Spannungen im Familiensystem. Da durch eine Stiefkindadoption unumkehrbare, dauerhafte Fakten
und Rechtsfolgen geschaffen würden, sollte dem auch eine auf Dauerhaftigkeit ausgelegte
Paarbeziehung als Fundament zugrunde liegen.

Auf Nachfrage, welche Kriterien angewandt würden, um die Stabilität zu bestimmen, legt die
Bundesarbeitsgemeinschaft dar, es spielten Stärken und Schwächen einer Partnerschaft, deren
Konfliktlösungspotentiale, die Zufriedenheit mit der Partnerschaft sowie das Bestehen möglicher
Dauerkonflikte oder pathologischer Beziehungsmuster eine Rolle. Hingewiesen wird aber auch darauf,
dass Prognosen zur Beurteilung der partnerschaftlichen Stabilität durchgängig einen gewissen
Unsicherheitsfaktor aufwiesen. Hinzu komme eine starke Abhängigkeit von der Offenheit des Paares
gegenüber dem Beurteilenden. Mit der Frage, welche Rolle die Ehe in diesem Zusammenhang spiele,
hätten sich wegen der geltenden Gesetzeslage nur wenige Fachkräfte auseinandergesetzt. Mit einer
rechtlich abgesicherten Partnerschaft verbinde die Mehrheit der Fachkräfte eine stabile
Elternbeziehung, weil der Ehe durch das öffentliche Bekenntnis zueinander eine höhere Verbindlichkeit
innewohne. Ein geringerer Teil der Fachkräfte halte den Fokus auf die Ehe zur Bestimmung von
relativer Stabilität in Familien für nicht mehr zeitgemäß. Von einer qualitativen Beurteilung der
Paarbeziehung entbinde der Umstand der Eheschließung nicht. Der überwiegende Teil schlage vor,
dass die Ehe die gesetzliche Grundlage für die Annahme bleiben solle, weil deren gesetzliche
Rahmenbedingungen am besten die finanzielle Versorgung der Kinder sicherten. Die Ehe strebe eine
höhere Stabilität an. Dazu gehöre auch der gemeinsame Ehename als Zeichen der Gemeinschaft und
Verbundenheit. Dieses höhere Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit unterstütze den
Grundgedanken der Adoption. Die Ehe werde nicht als alleiniger Indikator und ausschlaggebender
Punkt für die Bewertung angesehen, sei aber ein wichtiges Indiz für die Stabilität der Partnerschaft.
Entfiele das Eheerfordernis, fehlte ein klares Kriterium, an dem die Stabilität der Partnerschaft und
damit die Kindeswohldienlichkeit gemessen werden könne.

5. Nach Auffassung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sind unter Familie zwar auch
nichteheliche Formen von verbindlich gelebter Partnerschaft zu verstehen. Jedoch genieße die Ehe
besondere Wertschätzung, da sie einen besonders stabilen Rahmen für die Partnerschaft und die
Entwicklung der Kinder biete. Insbesondere bringe die rechtliche Verbindlichkeit einer Ehe
weitergehende Unterhaltspflichten unter den Eheleuten und für die Familie. Die rechtliche
Differenzierung zwischen ehebasierten und nichtehelichen Familien liege im Ermessen des
Gesetzgebers.

6. Der Deutsche Caritasverband ist der Ansicht, die Verweigerung der Adoption bedeute keine
Verletzung von Grundrechten. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1
GG auf Gewährleistung elterlicher Erziehung und Pflege sei nicht verletzt. Eine Verletzung der Kinder
im Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG wird in Betracht gezogen aber verneint, weil der Gesetzgeber nur
für die Ehe, nicht aber für nichteheliche Gemeinschaften umfassende Regelungen für den Fall der
Trennung oder des Versterbens eines Partners getroffen habe.

7. Die Kinderrechtekommission des Deutschen Familiengerichtstags ist mehrheitlich der Ansicht, der
Gesetzgeber bewege sich im Rahmen seines Gestaltungsspielraums. Eine Ausweitung der
Stiefkindadoption auf nichteheliche Partnerschaften sei verfassungsrechtlich möglich, jedoch nicht
geboten. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Verwehrung der Adoption einen Eingriff in Art. 6
Abs. 1 GG darstelle (was die Mehrheit der Kommission verneine), sei dieser gerechtfertigt. Das
angestrebte Ziel der Typisierung, Kindern bei einer Adoption ein beständiges und ausgeglichenes
Zuhause zu verschaffen, sei legitim. Die geltende Regelung sei auch geeignet, da sie die
Stiefkindadoption auf rechtlich verbindliche Partnerschaften beschränke und damit auf solche, die bei
typisierender Betrachtung ein mögliches Höchstmaß an Bestandskraft gewährleisteten. Sie sei trotz der
gesetzlich vorgesehenen Einzelfallprüfung erforderlich im Sinne der Verhältnismäßigkeit. Typisierungen
erschienen beim Einrücken oder Ausscheiden aus der rechtlichen Elternstellung notwendig und
angemessen, da die Entwicklungen in den familiären Beziehungen nur eingeschränkt vorhersehbar
seien. Dass auch die einzelfallbezogene Kindeswohlprüfung der Stabilität der Beziehung in solchem
Maße Rechnung trage, dass der Gesetzgeber verpflichtet wäre, den Partnern einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft eine Stiefkindadoption wie Eheleuten zu ermöglichen, vermöge die Mehrheit der
Kommission nicht zu bejahen. Auch die beschwerdeführenden Kinder würden nicht ungerechtfertigt
benachteiligt. Es falle in das allgemeine Lebensrisiko eines Kindes, wenn sein leiblicher Elternteil und
dessen Partner keine rechtsverbindliche Ehe eingehen wollten und ihm deshalb eine Adoption in der
erstrebten Form versagt bleibe.

8. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat eine Stellungnahme übersandt. Danach
verstößt das Verbot der Stiefkindadoption durch den mit der Mutter nicht verheirateten Lebensgefährten
nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Typisierung beruhe auf sachgerechten Überlegungen. Im Fall der
Adoption stabilisiere die vorherige Eheschließung die Verbindung der Eltern. Der Gesetzgeber komme
bei nicht verheirateten Paaren - anders als bei verheirateten - schwerlich um eine inhaltliche
Präzisierung der Verbindung herum, wodurch erneut die Gefahr einer Ungleichbehandlung ehelicher
und nichtehelicher Lebensgemeinschaften heraufbeschworen werde. Das Kriterium der Dauer der
Beziehung sei schwer kontrollierbar.

9. Der Deutsche Juristinnenbund hält die Regelung noch für verfassungsgemäß. Rechtlich nicht ganz
unproblematisch sei allerdings die Vereinbarkeit des geltenden Rechts mit dem Gleichheitsgrundsatz
(Art. 3 Abs. 1 GG). Anders als der Bundesgerichtshof sollte nicht nur auf die rechtlichen Unterschiede
zwischen Ehe und faktischer Lebensgemeinschaft abgestellt werden. Die tatsächlichen Ähnlichkeiten
seien ein entscheidender Faktor. Im Rahmen der einzelfallbezogenen Kindeswohlprüfung bei einer
Adoption könne der Stabilität und dem inneren Zusammenhalt der Beziehung Rechnung getragen
werden. Im Ergebnis sei die Auffassung des Bundesgerichtshofs zwar nicht zu beanstanden, da sich
der Gesetzgeber im Rahmen seines Wertungsspielraums bewege. Gleichwohl bestehe
gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Im Einzelfall könne es trotz der rechtlichen Unterschiede von Ehe
und faktischer Lebensgemeinschaft durchaus dem Kindeswohl dienen, einem unverheirateten
Lebensgefährten die Adoption der Stiefkinder zu gestatten. Hierfür stritten die Ähnlichkeiten zwischen
Ehe und faktischer Lebensgemeinschaft im Hinblick auf Stabilität und Intensität der emotionalen
Bindungen sowie die zahlenmäßige Zunahme faktischer Lebensgemeinschaften in den vergangenen
Jahrzehnten. Dafür spreche schließlich auch die Möglichkeit, die Eignung des konkreten
Lebensgefährten und bislang nur sozialen Elternteils im Rahmen der einzelfallorientierten
Adoptionsentscheidung zu beurteilen. Es biete sich an, eine faktische Lebensgemeinschaft von
gewisser Festigkeit und ein Zusammenleben der Partner für mindestens zwei bis drei
zusammenhängende Jahre zu verlangen.

Der Deutsche Juristinnenbund bezweifelt, dass die geltende Rechtslage mit der Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar sei.

10. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen hält die typisierende Annahme,
die Lebensbedingungen in einer rechtlich verbindlichen Lebensgemeinschaft böten grundsätzlich die
bessere Gewähr für kindeswohlverträgliche Lebensverhältnisse, nicht für gerechtfertigt. Vielmehr sollte
die Möglichkeit einer rechtlichen Absicherung, wie sie beispielsweise eine Adoption biete, auch für
nichteheliche Lebensgemeinschaften geschaffen werden, und zwar mit einer am Kindeswohl
orientierten Einzelfallprüfung. Stabilität und Sicherheit, gerade auch in einschneidenden
Lebenssituationen, wie schwerer Erkrankung oder Tod eines Erziehungsberechtigten, seien besonders
bedeutsame Faktoren für die kindliche Entwicklung. Hier könne eine rechtliche Regelung Sicherheit
schaffen. Gerade bei jungen Kindern könne die Möglichkeit der Integration eines neuen Partners zur
Verbesserung der Familienprozesse und damit der kindlichen Entwicklung beitragen. Dieser Effekt
scheine zwar mit zunehmendem Alter der Kinder zu verpuffen, da der in das Familiensystem neu
eintretende Partner nicht mehr diese Bedeutung für das System entwickele. Aber auch hier könne die
Adoption zur Klarheit hinsichtlich der Rollenverteilung, des Rollenverständnisses und letztlich auch der
Familienstruktur beitragen. Die rechtliche Absicherung sozialer Elternschaft durch Adoption fördere
gerade in komplexen Stiefkindfamilien (Familien mit gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern)
eine Nivellierung von Unterschieden zwischen gemeinsamen leiblichen Kindern und Stiefkindern und
trage zu einer Harmonisierung innerhalb des Familiensystems bei.

11. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten weist auf generelle Bedenken gegen die Stiefkindadoption hin. Die
Verbindung zum einen leiblichen Elternteil werde aufgelöst und das Kind in eine „Zwangsgemeinschaft“
hinein adoptiert. Dadurch entstünden Loyalitätskonflikte. Zudem gebe es für die Stiefkindadoption
häufig Motive, die nicht am Kindeswohl orientiert seien, sowie einen erheblichen Anteil „gescheiterter“
Adoptionen mit Nachfolgeproblemen bei Trennung und Scheidung. Im konkreten Fall sei es dem
Kindeswohl jedoch zuträglich, wenn die Kinder nach einer Stiefkindadoption mit beiden Eltern verwandt
seien. Insbesondere stelle die Verlässlichkeit der väterlichen Beziehung, gerade auch wegen möglicher
Ängste nach dem bereits erlebten Verlust, einen wichtigen Aspekt dar. Nachdem der Annehmende in
den letzten zehn Jahren Verantwortung übernommen habe, sei die Sicherheit, dass dieser Vater auch
über mögliche familiäre Krisen hinaus verantwortlich bleibe, für das Kindeswohl wichtig.

12. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie berichtet, ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
Familienklima und Familienstatus, der belegen könnte, dass Familien mit nicht verheirateten Paaren ein
tendenziell schlechteres Familienklima als jene mit verheirateten Paaren aufwiesen, habe in keiner
Familienstudie nachgewiesen werden können. Wahrscheinlich sei der Grund dafür insbesondere darin
zu sehen, dass auch nicht verheiratete Paare zumeist stabile und auf Langfristigkeit angelegte
Partnerschaften eingingen. Demnach sei der Rechtsrahmen einer Ehe für die Schaffung eines
harmonischen Familienklimas nur eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung. Für Familien
mit nicht verheirateten Paaren sei eine vergleichbare Regelung von Elternschaft und Adoption heute
mehr denn je angezeigt. Gerade in den immer häufiger auftretenden Patchwork-Familien sei besonders
relevant, dass alle Kinder, leibliche wie Stiefkinder, unter denselben rechtlichen Bedingungen lebten.
Ein unklar strukturiertes Familiengefüge stelle insgesamt ein Risiko für die Schaffung eines
harmonischen Familienklimas dar.

13. Nach Einschätzung des Bundesverbands der Pflege- und Adoptivfamilien hat sich der Stellenwert
der Ehe gravierend verändert. Die Zahl der Eheschließungen sei rückläufig und die Vision der Ehe als
langanhaltender Partnerschaft entspreche nicht mehr der Realität. Die Bewertung einer Ehe als Basis
für die Bildung einer Familie habe dem Zeitgeist und der Lebenswirklichkeit der Bevölkerung vor vierzig
Jahren entsprochen. Der Gesetzgeber sei gefordert, auch im Fall langjähriger Paarbeziehungen ohne
Trauschein zu ermöglichen, dass adoptionsbedürftige Kinder zwei Erwachsene als Eltern bekommen.
14. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht ist der Ansicht, der allgemeine
Gleichheitssatz gebiete, die Adoption auch durch Lebenspartner zuzulassen. Zwar sei das
Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu Leistungen der Krankenversicherung für
künstliche Befruchtung vom Erfordernis einer Verrechtlichung der Elternbeziehung ausgegangen und
habe dargelegt, dass der Gesetzgeber zur Legitimation von Ungleichbehandlungen daran anknüpfen
dürfe, dass das geltende Recht in Ausformung der besonderen Schutzgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG in
Ehegatten Partner einer auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft sehe und sie gesetzlich anhalte,
füreinander Verantwortung zu tragen (Verweis auf BVerfGE 117, 316 ff.). Dies sei allerdings mit der hier
anstehenden Frage nach der Ermöglichung einer Stiefkindadoption nur begrenzt vergleichbar, da es
aus der Perspektive der betroffenen Kinder einen deutlichen Unterschied mache, ob es um eine
Zeugung gehe oder um die Verrechtlichung einer bereits bestehenden faktischen Eltern-Kind-
Beziehung. So möge bei der Frage, ob eine künstliche Befruchtung sozialleistungsrechtlich zu fördern
sei, ein gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum dahin angenommen werden, nur (vermeintlich) ideale
Elternkonstellationen fördern zu wollen. Die Frage, ob der Gesetzgeber diese Unterscheidung auch bei
schon gewachsenen Eltern-Kind-Beziehungen treffen dürfe, lasse sich hiermit jedoch nicht vergleichen,
da es sich in erster Konstellation um eine zukünftige, in letzterer jedoch um eine schon bestehende
Eltern-Kind-Beziehung handele. Der Zweck, Adoptionen nur in stabilen Familienverhältnissen
zuzulassen, könne auf andere Art als allein durch die Voraussetzung der Verrechtlichung der
Elternbeziehung sichergestellt werden. Eine tragfähige Eltern-Kind-Beziehung festzustellen, sei
ohnehin vom Einzelfall abhängig und somit nach der gesetzlichen Regelung anhand der
Individualumstände zu überprüfen. Selbst wenn man diese Einzelfallüberprüfung zur Erreichung des
legitimen Zwecks nicht als ausreichend erachte, könnten statt des Erfordernisses der Verrechtlichung
der Elternbeziehung als milderes Mittel andere äußerlich nachweisbare Umstände, wie beispielsweise
eine bestimmte Beziehungsdauer mit gemeinsamem Haushalt, gefordert werden.

Zu berücksichtigen sei auch, dass die Ehe zwar zweifellos rechtlich aufwendiger auflösbar sei als eine
nichteheliche Lebensgemeinschaft, dass jedoch rein tatsächlich die gleichen Auflösungsrisiken
bestünden und die Ehe das angenommene Kind nicht vor einer Trennung der Eltern bewahren könne.
Wie der Bundesgerichtshof selbst darlege, vollziehe sich ein gesellschaftlicher Wandel, nachdem immer
mehr Kinder aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften hervorgingen. Lägen keine belastbaren Daten
dazu vor, dass merklich mehr Kinder aus solchen Gemeinschaften mit einer Trennung ihrer Eltern
zurechtkommen müssten als Kinder aus Ehen, sei die Verrechtlichung nicht erforderlich, um den zu
adoptierenden Kindern ein stabiles Familienverhältnis zu gewährleisten.

15. Die Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft hebt in ihrer Stellungnahme hervor, die
fehlende Möglichkeit zur Adoption bedeute vor allem, dass eine gemeinsame elterliche Sorge verwehrt
bleibe. Das Kind, für das faktisch gemeinsam Sorge getragen werde, bleibe der alleinigen elterlichen
Sorge der Mutter unterstellt, was die tatsächlichen Verhältnisse nicht abbilde. Dies stelle für alle
Beteiligten eine Schlechterstellung dar. Angesichts der hohen Scheidungsrate auch von Ehepaaren mit
Kindern (jede dritte Ehe werde heute geschieden) könne in Zweifel gezogen werden, ob der rechtliche
Rahmen der Ehe Kindern tatsächlich noch eine größere Stabilität und Sicherheit in der Eltern-Kind-
Beziehung gegenüber einem Aufwachsen von Kindern in nichtehelichen Lebensgemeinschaften biete.
Aber selbst wenn man für eine Ehe eine größere Stabilität prognostiziere, stelle sich die Frage, ob der
Gesetzgeber die Privilegierung von Ehegatten bei der Eröffnung der gemeinsamen Sorgetragung für
Kinder angesichts des großen Anteils von Kindern, die nicht in einer ehelichen Beziehung aufwüchsen,
noch rechtfertigen könne.

16. Das Deutsche Jugendinstitut kritisiert in seiner Stellungnahme, der Bundesgerichtshof nenne
keine Gründe dafür, warum zur Bestimmung adoptionswürdiger Verhältnisse überhaupt eine
typisierende Regelung erforderlich sei. Aus sozialwissenschaftlicher Sicht seien aufgrund empirischer
Forschung drei Argumente gegen die typisierende Regelung im Adoptionsrecht erkennbar. Erstens
existiere bereits ein etabliertes System der einzelfallbezogenen Prüfung der Adoptionseignung durch
Fachkräfte. Die einzelfallbezogene Prüfung der Adoptionseignung sei im Vergleich zu einem
typisierenden Ansatz diagnostisch deutlich überlegen. Hier könnten mehrere Faktoren berücksichtigt
und näher an der Lebenswirklichkeit angesiedelte Indikatoren einbezogen werden, wodurch eine
Einschätzung in aller Regel aussagekräftiger werde. Auf gesellschaftliche Veränderungen könne im
Vergleich zu einem typisierenden (in sich statischen) Ansatz schneller reagiert werden. Zweitens sei der
typisierende Ansatz für bestimmte Gruppen von Kindern mit signifikanten Nachteilen verbunden, die
sich durch einen flexibleren Ansatz jedenfalls teilweise vermeiden ließen. Die Befundlage zu komplexen
Stiefkindfamilien (Familien mit gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern) zeige, dass ein
fehlender Status als „gemeinsames Kind“ mit Entwicklungsnachteilen verbunden sei. Drittens sei die
der Typisierung zugrunde liegende Grundannahme nicht mehr zutreffend. Kinder in Ehen
beziehungsweise Lebenspartnerschaften hätten keinen Vorteil gegenüber Kindern in nichtehelichen
Lebensgemeinschaften, der über eine deutlich größere Beständigkeit des Verhältnisses der
Bezugspersonen zueinander vermittelt wäre. Wenngleich Ehen insgesamt noch etwas stabiler sein
möchten als nichteheliche Lebensgemeinschaften, zeigten sich hier in kindeswohlrelevanten Kriterien
doch keine beziehungsweise keine substanziellen Unterschiede mehr.

17. Nach Einschätzung der Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten in
Deutschland sind möglichst klare, geordnete Familienverhältnisse für die kindliche Entwicklung
grundsätzlich förderlich. Die Adoption durch den langjährigen Lebensgefährten der Mutter, der
gleichzeitig auch leiblicher Vater des Halbbruders ist und den die Kinder als „sozialen Vater“ erlebten,
könne hier ein erhöhtes und entwicklungsförderndes Gefühl von Sicherheit und Eingebundensein
vermitteln, auch ohne dass die Eltern verheiratet seien. Für die Kinder falle damit auch die Sorge weg,
den Ersatzvater zu verlieren, falls die Beziehung zwischen der Mutter und dem sozialen Vater nicht
halten sollte. Mögliche Fantasien im Sinne von „Du hast mir nichts zu sagen, Du bist ja gar nicht mein
Vater!“ oder „Wenn ich etwas tue, was dem sozialen Vater nicht gefällt, könnte er nicht mehr mein Vater
sein wollen!“, könnten in ihrer Bedrohlichkeit entschärft werden.

B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

Insbesondere besteht das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers zu 2) fort, obwohl er am 28.
Dezember 2018 volljährig geworden ist. Die beantragte Minderjährigenadoption ist damit zwar nicht
mehr möglich. In Betracht kommt jedoch eine Volljährigenadoption mit den Wirkungen der vom
Beschwerdeführer zu 2) angestrebten Minderjährigenannahme (§§ 1767, 1772 BGB). Diese wird aber
durch dieselben Vorschriften begrenzt wie die Adoption des minderjährigen Stiefkinds. Insbesondere
würde auch dann die Verwandtschaft zur Mutter erlöschen (§ 1772 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1755 Abs. 1
Satz 1 BGB).

Auch der Grundsatz der Subsidiarität steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde nicht
entgegen. Den Beschwerdeführern zu 2) und 3) kann nicht entgegengehalten werden, nicht alle
verfügbaren prozessualen Möglichkeiten ergriffen zu haben, um die geltend gemachten
Grundrechtsverletzungen zu verhindern oder zu beseitigen, weil sie nicht als
(Rechts-)Beschwerdeführer am Beschwerdeverfahren beziehungsweise Rechtsbeschwerdeverfahren
beteiligt waren. Als Anzunehmende sind die Kinder am Adoptionsverfahren zwar gemäß § 188 Abs. 1
Nr. 1 Buchst. a FamFG formal beteiligt. Nach § 59 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 1752 Abs. 1 BGB
sind sie bei Ablehnung des Adoptionsantrags jedoch nicht beschwerdeberechtigt.

C.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Zwar sind weder das Elterngrundrecht (I) noch das Recht
der anzunehmenden Kinder auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung (II) noch
das Familiengrundrecht (III) für sich genommen verletzt. Die maßgeblichen Bestimmungen verstoßen
auch nicht gegen Art. 6 Abs. 5 GG (IV). Die derzeitige Rechtslage führt jedoch zu verfassungswidrigen
Ungleichbehandlungen (Art. 3 Abs. 1 GG), weil vollständig ausgeschlossen ist, dass ein Kind von
seinem mit einem Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Stiefelternteil adoptiert
werden kann, ohne dass die verwandtschaftliche Beziehung zum Elternteil erlischt, wohingegen ein
Kind durch den mit einem Elternteil verheirateten Stiefelternteil ohne Erlöschen der Verwandtschaft zum
bleibenden Elternteil adoptiert und damit gemeinschaftliches Kind beider Eltern werden kann (V). Die
angegriffenen Entscheidungen beruhen auf dieser verfassungswidrigen Gesetzeslage und sind deshalb
ebenfalls verfassungswidrig.

I.
Die gesetzlichen Grenzen der Stiefkindadoption verletzen nicht das Elterngrundrecht (Art. 6 Abs. 2
GG).

1. Der Stiefelternteil kann sich vor der Adoption des Kindes nicht auf das Elterngrundrecht berufen.
Insoweit ist bereits der Schutzbereich des Grundrechts nicht eröffnet. Der Stiefelternteil ist vor der
Adoption selbst dann nicht Träger dieses Grundrechts, wenn er mit dem anderen Elternteil und dessen
Kind in sozial-familiärer Gemeinschaft lebt. Soziale Elternschaft allein begründet grundsätzlich keine
Elternposition im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und vermittelt damit auch kein Recht auf Adoption.
Dem verfassungsrechtlichen Schutzbedarf der familiären Bindungen zwischen einem Kind und der
Person, die ihm gegenüber eine soziale Elternrolle einnimmt, ohne rechtlich Elternteil zu sein, wird
durch den Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen, der vom formalen Elternstatus
unabhängig ist (vgl. BVerfGE 133, 59 <81 f. Rn. 59>).

2. Auch das Elterngrundrecht des anderen Elternteils, hier der Mutter, wird durch die beanstandeten
Regelungen nicht verletzt. In das Elterngrundrecht dieses Elternteils wird weder dadurch eingegriffen,
dass eine andere Person daran gehindert wird, durch Adoption die zweite rechtliche Elternstellung zu
erlangen, noch wird in das Elterngrundrecht dadurch eingegriffen, dass nach den beanstandeten
Regelungen die Verwandtschaft zum Kind erlöschen würde, wenn der Stiefelternteil das Kind
adoptierte. Zur Adoption kommt es gemäß § 1747 BGB grundsätzlich nicht, wenn der rechtliche
Elternteil dies nicht will; er läuft also nicht etwa Gefahr, die Elternposition ohne eigenes Zutun an den
Stiefelternteil zu verlieren. Die als Beeinträchtigung empfundene Wirkung der angegriffenen
Regelungen liegt nicht in einem zwangsweisen Verlust der Elternschaft des bisherigen rechtlichen
Elternteils, sondern darin, dass der Stiefelternteil das Kind nicht ohne einen solchen Verlust adoptieren
kann.

II.
Auch das den Kindern nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zustehende Recht
auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ist durch die gesetzliche Begrenzung der
Stiefkindadoption nicht verletzt.

1. Das Recht des Kindes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit verpflichtet den Gesetzgeber, die
erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit sich Kinder zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten
innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln können. Die unmittelbare Schutzverantwortung für die
Persönlichkeitsentwicklung des Kindes ist durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG allerdings bereits
verfassungsrechtlich vor allem den Eltern zugewiesen. Den Staat trifft insoweit eine grundrechtliche
Gewährleistungspflicht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Ihm verbleibt eine
Kontroll- und Sicherungsverantwortung dafür, dass sich ein Kind in der Obhut seiner Eltern tatsächlich
zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit entwickeln kann. Teil dieser dem Staat verbleibenden
Verantwortung ist es, die spezifisch elterliche Hinwendung zu den Kindern dem Grunde nach zu
ermöglichen und zu sichern. Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG begründet insofern
ein auf die tatsächliche Pflichtenwahrnehmung durch Eltern gerichtetes subjektives
Gewährleistungsrecht des Kindes gegenüber dem Staat (vgl. BVerfGE 133, 59 <74 f. Rn. 43>). Das
den Kindern nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zustehende Recht auf
staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung ist hier berührt, da der adoptionswillige
Stiefelternteil faktisch nicht in die rechtliche Elternposition einrücken und damit nicht zum Wohle und
zum Schutz des Kindes als weiterer Elternteil Elternverantwortung im rechtlichen Sinne übernehmen
kann (vgl. BVerfGE 133, 59 <75 Rn. 44>).

2. Dadurch hat der Gesetzgeber seine Gewährleistungsverantwortung gegenüber den Kindern jedoch
nicht verletzt (vgl. BVerfGE 133, 59 <75 ff. Rn. 45 ff.>). Dem Gesetzgeber kommt bei der Frage, wie er
die Wahrnehmung der Pflege- und Erziehungsverantwortung durch die Eltern effektiv sichert, ein
Spielraum zu (vgl. BVerfGE 133, 59 <75 f. Rn. 45>). Die Grenzen dieses Spielraums sind nicht
überschritten. In der Konstellation der Stiefkindadoption haben die Kinder mit dem bleibenden Elternteil
bereits einen Elternteil, der rechtlich und tatsächlich zur Übernahme der Elternverantwortung
verpflichtet und bereit ist. Die Kinder sind also nicht elternlos. Aus dem Gewährleistungsrecht des
Kindes ergibt sich kein Anspruch darauf, dass der Gesetzgeber in dieser Situation die Erlangung eines
zweiten rechtlichen Elternteils ermöglicht, der tatsächlich Elternverantwortung zu tragen bereit ist (vgl.
BVerfGE 133, 59 <76 Rn. 46>).

III.
Auch das Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG, auf das sich alle Mitglieder einer Stiefkindfamilie
berufen können, ist durch die gesetzlichen Adoptionsgrenzen nicht verletzt.

1. Der Schutzbereich des Familiengrundrechts ist zwar berührt. Die tatsächliche Lebens- und
Erziehungsgemeinschaft von Eltern mit Kindern ist als Familie durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt (vgl.
BVerfGE 79, 256 <267>; 108, 82 <112>). Der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG reicht insofern
über das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG hinaus, als er auch Familiengemeinschaften im
weiteren Sinne einbezieht, die als soziale Familien von einer rechtlichen Elternschaft unabhängig sind
(vgl. BVerfGE 68, 176 <187>; 79, 51 <59>; 80, 81 <90>; 99, 216 <231 f.>; 108, 82 <107, 116>; 133, 59
<82 f. Rn. 62>). Für den Schutz durch das Familiengrundrecht kommt es nicht darauf an, ob die Eltern
miteinander verheiratet sind oder nicht; der Familienschutz schließt auch die nichteheliche Familie ein
(vgl. BVerfGE 10, 59 <66>; 18, 97 <105 f.>; 45, 104 <123>; 79, 256 <267>; 108, 82 <112>). Das
Familiengrundrecht garantiert insbesondere das Zusammenleben der Familienmitglieder und die
Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden
(vgl. BVerfGE 61, 319 <347>; 99, 216 <231>; 133, 59 <84 Rn. 67>). Die angegriffenen Regelungen
berühren das familiäre Zusammenleben, weil dem Stiefelternteil gegenüber dem Kind elterntypische
rechtliche Befugnisse verwehrt bleiben, so dass die beiden Partner die Erziehungsaufgaben nicht ohne
Weiteres gleichberechtigt wahrnehmen können (vgl. BVerfGE 133, 59 <84 Rn. 67>).

Im Ergebnis ist die Verwehrung der Adoptionsmöglichkeit jedoch von der Befugnis des Gesetzgebers
zur rechtlichen Ausgestaltung der Familie gedeckt. Dass das Familiengrundrecht das familiäre
Zusammenleben auch in Beziehungen schützt, die einem Eltern-Kind-Verhältnis gleichkommen, ohne
vom Elterngrundrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) erfasst zu sein, bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber
diesen Schutz gerade durch Eröffnung des vollen Elternrechts gewähren müsste (vgl. BVerfGE 133, 59
<84 ff. Rn. 67 ff.>).

2. a) Die Berücksichtigung der als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von
Grundrechten heranzuziehenden Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfGE 111, 307 <317>; 138, 296 <355 f.
Rn. 149>; 141, 186 <218 Rn. 73>) führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Fall Emonet hat der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zwar eine der deutschen Rechtslage ähnelnde
schweizerische Regelung zur Stiefkindadoption wegen Unvereinbarkeit mit dem durch Art. 8 EMRK
geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens für konventionswidrig gehalten (vgl. EGMR,
Emonet u.a. v. Schweiz, Urteil vom 13. Dezember 2007, Nr. 39051/03; deutsche Übersetzung in
FamRZ 2008, S. 377 ff.). Dort war eine erwachsene Frau mit Behinderung durch den langjährigen
Lebenspartner ihrer Mutter adoptiert worden, mit dem diese nicht verheiratet war. Durch die Adoption ist
nach schweizerischem Recht - wie es auch bei der vorliegend zu beurteilenden Minderjährigenadoption
nach deutschem Recht der Fall wäre - die verwandtschaftliche Beziehung zur Mutter erloschen. Der
Gerichtshof sah darin einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK. Allerdings betraf seine Entscheidung eine
Volljährigenadoption. Für die Adoption von Minderjährigen hat der Gerichtshof hingegen ausdrücklich
festgestellt, dass es mit der Konvention vereinbar sei, wenn mit der Adoption die verwandtschaftlichen
Beziehungen zum leiblichen Elternteil erlöschen.

b) Auch aus dem revidierten Europäischen Adoptionsübereinkommen vom 27. November 2008 folgt
nichts anderes. Zwar erlaubt dieses den Vertragsstaaten in Art. 7 Abs. 2 Satz 2, den
Anwendungsbereich des Übereinkommens auf gleich- oder verschiedengeschlechtliche Paare
auszudehnen, sofern diese „in einer stabilen Beziehung“ leben (BGBl II 2015 S. 2 <6>). Eine
Verpflichtung, dies tatsächlich zu tun, ist damit jedoch nicht verbunden.

IV.
Die Rechte der Kinder aus Art. 6 Abs. 5 GG sind nicht betroffen. Träger des Grundrechts aus Art. 6
Abs. 5 GG sind nur Kinder, deren Eltern im Zeitpunkt der Geburt nicht miteinander verheiratet waren.
Zwar ist auch im Fall eines in nichtehelicher Stiefkindfamilie lebenden Kindes der Elternteil nicht mit
dem Stiefelternteil verheiratet. Dies schließt jedoch nicht aus, dass das Kind in die Ehe des Elternteils
mit dem damaligen Ehepartner geboren wurde und damit eheliches Kind ist. Auch die
beschwerdeführenden Kinder sind aus der Ehe ihrer leiblichen Eltern als eheliche Kinder
hervorgegangen. An der Ehelichkeit ändert der Tod des Vaters nichts.

V.
Das geltende Recht verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es Kinder in nichtehelichen
Stiefkindfamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien ohne ausreichenden Grund
benachteiligt.

1. Nach geltendem Recht werden Kinder in nichtehelichen Stiefkindfamilien, in denen der
Stiefelternteil also nicht mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, gegenüber Kindern in ehelichen
Stiefkindfamilien ungleich behandelt. Ihnen ist im Gegensatz zu Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien
jegliche Möglichkeit verwehrt, vom Stiefelternteil unter Aufrechterhaltung des
Verwandtschaftsverhältnisses zum rechtlichen Elternteil adoptiert und damit zugleich
gemeinschaftliches Kind beider Elternteile zu werden, mit denen es in nichtehelicher Stiefkindfamilie
zusammenlebt.

2. Die Rechtfertigung dieser Benachteiligung der Kinder in nichtehelichen Stiefkindfamilien bemisst
sich nach strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen.

a) Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen
jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der
Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen
sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und
Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den
die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je
nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen
Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann
sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die
verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung
anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern
(BVerfGE 138, 136 <180 f. Rn. 121 f.>; stRspr).

b) Nach diesen Grundsätzen ist hier ein strengerer Prüfungsmaßstab anzuwenden. Die
verfassungsrechtlichen Anforderungen gehen über das bloße Willkürverbot deutlich hinaus, weil die
Adoption für die Persönlichkeitsentfaltung wesentliche Grundrechte des Kindes betrifft (aa) und das
nach derzeitiger Rechtslage maßgebliche Differenzierungskriterium, die Ehe zwischen Elternteil und
Stiefelternteil, durch die Kinder weder beinflussbar ist noch den Kindern die Einflussmöglichkeiten der
Eltern zuzurechnen sind (bb). Eine Nähe zu Art. 3 Abs. 3 GG besteht hingegen nicht.

aa) Der Ausschluss der Adoption betrifft für die Persönlichkeitsentfaltung wesentliche Grundrechte der
Kinder und ist insgesamt zu deren Nachteil. Indem Stiefkindern in nichtehelichen Familien ohne
Ansehung der konkreten Umstände des Einzelfalls die Adoption verwehrt wird, bleiben ihnen nämlich
jene Möglichkeiten der Entwicklung und Lebensgestaltung versagt, die mit der Adoption durch den
anderen, bislang nur faktischen Elternteil, also den Stiefelternteil, verbunden wären (vgl. bereits
BVerfGE 133, 59 <87 Rn. 73>).

(1) Berührt ist zum einen das Recht der Kinder auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung
aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (oben Rn. 53). Die Verwehrung der
Adoption durch einen nichtehelichen Lebenspartner schließt aus, dass dieser die Sorge für die
Entfaltung des Kindes in vollem Umfang übernehmen kann. Die mit der Verwehrung der rechtlich
vollwertigen Elternstellung verbundenen Beschränkungen elterlicher Befugnisse erschweren zum
anderen das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte familiäre Zusammenleben des Kindes mit seinen
Eltern, weil sie einer gleichberechtigten Wahrnehmung der Elternverantwortung durch beide Partner
entgegenstehen (oben Rn. 56).

Der unverheiratete Stiefelternteil hat ohne Adoption keinerlei Sorgerecht und -pflicht gegenüber dem
Stiefkind (oben Rn. 9). Er hat im Gegensatz zum verheirateten Stiefelternteil auch weder das
sogenannte „kleine Sorgerecht“ (§ 1687b BGB) noch ist er etwa bei Gefahr im Verzug gemäß § 1687b
Abs. 2 BGB dazu berechtigt, Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig
sind.

Die spezifischen Vorteile der Stiefkindadoption für das Kind wurden im Gesetzgebungsverfahren zur
Einführung der Stiefkindadoption für eingetragene Lebenspartner hervorgehoben (BTDrucks 15/3445,
S. 15):

„Wenn der Elternteil eines Kindes, bei dem es lebt, eine Lebenspartnerschaft
begründet hat, besteht in der Regel eine gemeinsame Familie. Auch der
Lebenspartner, der nicht Elternteil ist, übernimmt Verantwortung für das Kind. Bei
Auflösung der Lebenspartnerschaft durch Aufhebung oder Tod eines Partners
kann eine unsichere Situation für das Kind entstehen. Zwar kann durch
entsprechende Verträge geholfen werden, dies reicht jedoch nicht immer aus.
Durch die Stiefkindadoption wird die Rechtsstellung des Kindes gegenüber dem
Nichtelternteil erheblich verbessert: Die von einem Lebenspartner
wahrgenommene Verantwortung für das Kind seines Lebens-partners kann durch
die Adoption als gemeinsame elterliche Verantwortung weitergeführt werden.“

Wie in einigen fachlichen Stellungnahmen im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren
dargelegt ist, kann eine rechtliche Gleichstellung der beiden Elternteile zudem innerhalb der Familie
und für die Kinder stabilisierend wirken, weil das gemeinsame Sorgerecht das Zugehörigkeitsgefühl der
Kinder und das Verantwortungsgefühl der Eltern stärken und die gemeinsame Erziehung durch die
Eltern erleichtern kann (vgl. bereits BVerfGE 133, 59 <91 Rn. 83>). Hervorgehoben wird zudem, dass
die Verwehrung der Stiefkindadoption das Familiengefüge belastet, wenn neben den Stiefkindern auch
gemeinsame Kinder der Partner in der Familie leben, so dass es zu ungleichen Eltern-Kind-
Verhältnissen im Vergleich der Halbgeschwister kommt. Insbesondere besteht die Gefahr, dass die
Stiefkinder sich in dieser Konstellation nicht für vollwertige Kinder neben ihren Halbgeschwistern halten.
Die Stiefkindadoption zu verwehren, belastet das Kind auch mit Risiken des Verlusts des
Stiefelternteils durch Trennung oder Tod des rechtlichen Elternteils. Ohne Adoption hat die Beziehung
des Kindes zum Stiefelternteil keine rechtliche Grundlage, sondern ist allein über den rechtlichen
Elternteil und dessen Beziehung zum Stiefelternteil vermittelt. Nach Trennung oder Tod des rechtlichen
Elternteils entfällt diese Grundlage, ohne dass eine tatsächlich verbleibende Stiefeltern-Kind-Beziehung
rechtlich geschützt wäre. Selbst wenn das Kind jahrelang in einer Familie mit dem Stiefelternteil gelebt
und ihn faktisch als Elternteil wahrgenommen hat, sieht das Recht für diese Konstellation außer dem
Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB keine besonderen Beziehungen zwischen Kind und
Stiefelternteil vor. Auch eine Verbleibensanordnung nach § 1682 BGB ist ausgeschlossen. Vertraglich
lassen sich die Beziehungen des Kindes zum Stiefelternteil für diese Fälle nicht umfassend absichern.
Die betroffenen Kinder haben ohne die Adoption keine Gewissheit, dass ihnen der Stiefelternteil im Fall
des Verlusts des leiblichen Elternteils erhalten bleibt.

(2) In finanzieller Hinsicht stehen sich bei der Stiefkindadoption tendenziell gleiche Vor- und Nachteile
gegenüber. Das Kind verliert Unterhalts- und Erbansprüche gegen den ausscheidenden Elternteil,
gewinnt aber entsprechende Ansprüche gegen den neuen Elternteil hinzu. Zwar kann es selbst
gegenüber dem neuen Elternteil unterhaltspflichtig werden, jedoch wird es zugleich von einer
potentiellen Unterhaltspflicht gegenüber dem ausscheidenden Elternteil frei.

(3) Allerdings birgt die Stiefkindadoption, worauf insbesondere die Bundesregierung in diesem
Verfahren hingewiesen hat, in nichtehelichen wie in ehelichen Familien auch Risiken für das Kind (vgl.
Bovenschen/Bränzel/Heene/Horn-feck/Kappler/Kindler/Ruhfaß, Empfehlungen des Expertise- und
Forschungszentrums Adoption zur Weiterentwicklung des deutschen Adoptionswesens und zu
Reformen des deutschen Adoptionsrechts, 2017, S. 75 und S. 78 ff.). Insbesondere wenn zwischen
neuem Elternteil und Kind keine nachhaltige eigenständige Beziehung entsteht, sich die tatsächliche
familiäre Beziehung vielmehr im Wesentlichen von der Paarbeziehung ableitet, kann nach einer
Trennung der Eltern der Fortbestand der durch Adoption begründeten Eltern-Kind-Beziehung zum
vormaligen Stiefelternteil eine Belastung für das Kind sein (unten Rn. 93). Eine Stiefkindadoption kann
sich auch dadurch belastend auf das Kind auswirken, dass der außerhalb der Stiefkindfamilie lebende
Elternteil sowie grundsätzlich dessen weitere Verwandtschaft (etwa Großeltern) bei einer Adoption
rechtlich und tatsächlich aus dem Leben des Kindes verdrängt werden (vgl. Bovenschen u.a., a.a.O.,
S. 72 f., 75; Frank, StAZ Nr. 11/2010, S. 324 <326>).

(4) Dass Stiefkindadoptionen in bestimmten Fällen Probleme für das Kind aufwerfen, ändert jedoch
nichts daran, dass sie im Grunde dem Wohl des Kindes dienen können. Deshalb hat der Gesetzgeber
sie in ehelichen Stiefkindfamilien vorbehaltlich der Ergebnisse einer konkreten Einzelfallprüfung
zugelassen. Dem Kind in der nichtehelichen Stiefkindfamilie bleiben die mit der Adoption verbundenen
Entwicklungschancen demgegenüber von vornherein verwehrt, ohne dass es überhaupt zu einer
Prüfung der Vor- und Nachteile der Adoption im konkreten Fall kommt.

bb) Zwar eröffnet sich die Adoptionsmöglichkeit einer Stiefkindfamilie, sobald die Eltern miteinander
die Ehe eingehen. Für die Kinder ist das Kriterium der Ehelichkeit jedoch nicht verfügbar. Es liegt allein
in der Macht des Elternteils und des Stiefelternteils, die Ehe zu schließen. Die Kinder haben keinen
Einfluss darauf, die Eheschließung als Voraussetzung für die Adoption herbeizuführen. Es gibt auch
keinen Grund, den Kindern die Entscheidung der Eltern gegen eine Eheschließung zuzurechnen. Zwar
sind Kinder selten in der Lage, selbst rechtlich relevante Verfügungen zu treffen. Regelmäßig müssen
ihre Eltern rechtlich für sie handeln. Insofern wird Kindern das Handeln ihrer Eltern zugerechnet. Hier
geht es indessen nicht um ein rechtliches Handeln oder Unterlassen der Eltern in Angelegenheiten der
Kinder, die ihre Eltern für sie vornehmen müssten. In Rede steht mit der Heirat vielmehr ein rechtliches
Handeln oder Unterlassen, das allein Angelegenheit der Eltern ist und nur diesen zusteht. Es besteht
kein Anlass, dieses Tun oder Unterlassen den Kindern zuzurechnen. Anderes folgt auch nicht aus der
Entscheidung des Senats zur Behördenanfechtung vom 17. Dezember 2013 (BVerfGE 135, 48). Zwar
wurde in dieser Entscheidung den Kindern das Verhalten der Eltern in bestimmter Hinsicht
zugerechnet. Die Zurechnung war jedoch allein der besonderen Schutzrichtung des dort relevanten Art.
16 Abs. 1 Satz 1 GG geschuldet (vgl. BVerfGE 135, 48 <63 ff. Rn. 31 ff.>).

3. Den demnach zur Anwendung kommenden strengeren Rechtfertigungsanforderungen genügen die
angegriffenen Regelungen nicht. Im Ergebnis ist die Benachteiligung der betroffenen Stiefkinder
unverhältnismäßig. Generelle Bedenken gegen die Stiefkindadoption können die Benachteiligung von
Kindern in nichtehelichen Stiefkindfamilien von vornherein nicht rechtfertigen (a). Hingegen ist es zwar
ein legitimer Zweck, verhindern zu wollen, dass ein Kind unter unzulänglichen familiären Bedingungen
aufwachsen muss. Dieses Ziel kann jedoch in der konkreten Situation des Stiefkindes nicht durch den
Adoptionsausschluss erreicht werden (b). Ein legitimer Gesetzeszweck ist auch, die Stiefkindadoption
nur in Stabilität versprechenden Lebensgemeinschaften zuzulassen, um zu verhindern, dass ein Kind
vom Stiefelternteil adoptiert wird, obwohl dessen Beziehung zum rechtlichen Elternteil keine längere
Bestandsaussicht hat; der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien ist
jedoch kein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks (c). Schließlich ist die angegriffene
Differenzierung auch nicht durch die in Art. 6 Abs. 1 GG zugunsten der Ehe enthaltene
Wertentscheidung gerechtfertigt (d).

a) Generell gegen die Stiefkindadoption vorgebrachte Bedenken (oben Rn. 73) können die
Benachteiligung von Kindern in nichtehelichen Familien nicht rechtfertigen, weil sie keine spezifischen
Probleme der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien betreffen, sondern für eheliche und
nichteheliche Stiefkindfamilien gleichermaßen gelten.

b) Der Gesetzgeber verband mit der Beschränkung der Adoption auf verheiratete Paare die
Erwartung, ein adoptiertes Kind wachse in einer ehelichen Familie unter günstigeren familiären
Bedingungen auf als in einer nichtehelichen Familie. Die Beschränkung der Stiefkindadoption auf
eheliche Stiefkindfamilien lässt sich so jedoch nicht rechtfertigen. Zwar ist es im Sinne des Kindeswohls
und damit legitim, verhindern zu wollen, dass ein Kind durch Adoption in eine unzulängliche
Lebenssituation hineingelangt (aa). Ungeachtet der Frage, ob die Nichtehelichkeit einer Familie
tatsächlich ungünstigere Lebensbedingungen für das zu adoptierende Stiefkind indiziert, vermag die
Verhinderung der Adoption das Stiefkind jedoch von vornherein nicht vor einer unzulänglichen
Lebenssituation zu bewahren (bb).

aa) Der Gesetzgeber zielte im Jahre 1975 mit der Beschränkung der Adoption auf Verheiratete vor
allem auf die rechtliche Sicherung und die Qualität der Beziehungen, die er in einer ehelichen Familie
für typischerweise höher hielt als in einer nichtehelichen Familie. Zwar beziehen sich die Ausführungen
in der Begründung zum Regierungsentwurf nur auf die gemeinschaftliche Adoption, nicht auf die
Stiefkindadoption. Jedoch liegt die Annahme nahe, dass die Beschränkung der Stiefkindadoption auf
verheiratete Partner aus den gleichen Gründen erfolgte wie die Beschränkung der gemeinschaftlichen

Adoption auf Ehepaare:
„Das anzunehmende Kind soll in eine harmonische und lebenstüchtige Familie
aufgenommen werden. Diese Familie gruppiert sich in der Regel um ein Ehepaar,
so dass die Annahme des Kindes durch ein Ehepaar die besten Voraussetzungen
für seine Entwicklung bietet“ (BTDrucks 7/3061, S. 28).

„Jede andere Lebensgemeinschaft als die Ehe ist rechtlich nicht abgesichert, um
eine gemeinschaftliche Annahme des Kindes durch ihre Mitglieder zu rechtfertigen.
Es fehlen die Voraussetzungen, um das Kind rechtlich in diese Gemeinschaft
einzuordnen“ (BTDrucks 7/3061, S. 30).

Auch der Bundesgerichtshof stellt in der hier angegriffenen Entscheidung (Beschluss vom 8. Februar
2017 - XII ZB 586/15 -, juris, Rn. 30) auf Vorteile ab, die das Kind habe, wenn es in einer ehelichen
Familie aufwachse, und zitiert hierfür die Ausführungen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 2007 zur Begrenzung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung für künstliche
Befruchtung (BVerfGE 117, 316 <328 f.>): Der Gesetzgeber dürfe in typisierender Betrachtung die Ehe
wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind ansehen, die den
Kindeswohlbelangen mehr Rechnung trage als eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die ehelichen
Bindungen böten einem Kind grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit, von beiden Elternteilen betreut
zu werden. Auch seien Ehegatten einander nach § 1360 BGB gesetzlich verpflichtet, durch ihre Arbeit
und mit ihrem Vermögen die Familie zu unterhalten. Dieser Unterhalt sei mit auf die Bedürfnisse der
gemeinsamen Kinder ausgerichtet, begünstige auch sie und bestimme maßgeblich ihre wirtschaftliche
und soziale Situation. Zudem werde die wirtschaftliche und soziale Situation eines ehelichen Kindes
durch die für die Ehe geltenden besonderen güter-, versorgungs- und erbrechtlichen Regelungen
gestärkt.

bb) Diese Überlegungen gehen jedoch letztlich an der konkreten Situation des Stiefkindes vorbei.

(1) In der Situation des Stiefkindes kann das zweifellos kindeswohldienliche Ziel, einem Kind das
Aufwachsen unter ungünstigen familiären Bedingungen zu ersparen, durch die Verhinderung der
Adoption von vornherein nicht erreicht werden. Das Kind lebt dann, anders als im Fall einer
gemeinschaftlichen Adoption oder auch im Fall einer künstlichen Befruchtung, in aller Regel bereits mit
dem Eltern- und dem Stiefelternteil in einer konkreten - sei es ehelichen, sei es nichtehelichen - Familie.
Sofern der rechtliche Elternteil des Kindes mit dem Stiefelternteil nicht verheiratet ist, steht dem Kind
die eheliche Familie schlicht nicht zur Verfügung. Ob eine eheliche Familie dem Stiefkind günstigere
Bedingungen böte, spielt darum insoweit keine Rolle.

(2) Es ist auch nicht anzunehmen, dass sich die Lebensbedingungen eines Stiefkindes in der ohnehin
schon bestehenden nichtehelichen Stiefkindfamilie gerade durch eine Adoption verschlechterten.
Nimmt man mit dem Bundesgerichtshof die statusrechtlichen Vorzüge in den Blick, kann vielmehr das
Gegenteil der Fall sein. Die hervorgehobenen Vorteile des elterlichen Ehestatus sind hier für das Kind
ohnehin nicht zu erlangen. Soll das Kind in der Vermögens- und Personensorge gleichwohl auch
hinsichtlich seiner Beziehung zu dem Stiefelternteil effektiv abgesichert werden, bewirkt die
Verhinderung der Adoption gerade das Gegenteil, weil erst die Adoption den Elternstatus begründet,
durch den das heutige Kindschaftsrecht sowohl das eheliche als auch das nichteheliche Kind in seiner
Beziehung zu den Eltern effektiv sichert. Im Kindschaftsrecht sind die Rechte des Kindes
unverheirateter Eltern inzwischen umfassend geregelt. Anders als im Zeitpunkt der Einführung der hier
angegriffenen Bestimmungen sind die nichtehelichen Kinder den ehelichen Kindern heute praktisch
vollständig gleichgestellt (s. nur § 1615a BGB).

Mit den Vorteilen der Adoption in der Stiefkindkonstellation geht zwar grundsätzlich der Nachteil des
Erlöschens des Verwandtschaftsverhältnisses des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen
Verwandten und der sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten einher (§ 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Indes ist die am Kindeswohl orientierte Einzelfallentscheidung gemäß § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB
geeignet, diesem Umstand bei der Entscheidung über die konkrete Adoption Rechnung zu tragen, so
dass schon aus diesem Gesichtspunkt eine Verschlechterung der Lebensbedingungen eines
Stiefkindes durch eine Adoption nicht anzunehmen ist.

Insgesamt geht der Stiefkindadoption wie jeder Adoption, anders als bei Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung für eine künstliche Befruchtung, eine intensive Kindeswohlprüfung voraus (§ 1741
Abs. 1 Satz 1 BGB). So kann und muss die Stiefkindadoption im Einzelfall ausgeschlossen werden,
wenn sie dem Kind nicht dient (vgl. Botthof, FamRZ 2017, S. 626 <631>; Dethloff, Familienrecht, 32.
Aufl. 2018, S. 480 f.; Hilbig-Lugani, LMK 2017, S. 390 <401>). Die Adoption dürfte nicht zugelassen
werden, wenn zu befürchten wäre, dass sich die Lebensbedingungen des Kindes dadurch
verschlechterten.

c) Ein weiteres Ziel des Gesetzes ist es, dafür zu sorgen, dass ein Kind nur in möglichst stabilen
Familienverhältnissen adoptiert wird, in denen die Beziehung zwischen Eltern- und Stiefelternteil
Aussicht auf längeren Bestand hat. Im Ergebnis kann jedoch auch das nicht rechtfertigen, dass Kindern
in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Möglichkeit der Adoption durch ihren Stiefelternteil ausnahmslos
verschlossen bleibt. Zwar verfolgt der Gesetzgeber damit ein legitimes Ziel (aa). Jedoch hat er mit der
gesetzlichen Regelung eine unverhältnismäßige Ausgestaltung gewählt. Ungeachtet der Eignung (bb)
und der Erforderlichkeit (cc) des vollständigen Ausschlusses der Stiefkindadoption in nichtehelichen
Lebensgemeinschaften ist er jedenfalls kein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Ziels (dd).
aa) Das Ziel des Gesetzes (1), eine Stiefkindadoption nur zuzulassen, wenn die Beziehung zwischen
rechtlichem Elternteil und Stiefelternteil längeren Bestand verspricht, ist legitim (2).

(1) Den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich entnehmen, dass die Regelungen darauf zielen, zu
verhindern, dass ein Kind in unbeständigen Familienverhältnissen adoptiert wird. Dort heißt es:
„Das Ziel der Annahme soll es sein, dem Kind ein beständiges und
ausgeglichenes Zuhause zu verschaffen […]. Die Annahme soll deshalb nur in
Betracht kommen, wenn anzunehmen ist, dass die Ehe der Annehmenden
Bestand haben wird“ (BTDrucks 7/3061, S. 28).

Zwar bezieht sich dies wiederum nur auf die gemeinschaftliche Adoption und begründet, warum diese
nur verheirateten Paaren möglich sein soll. Zur Beschränkung der Stiefkindadoption auf Verheiratete
finden sich in den Entwurfsbegründungen keine Ausführungen. Es liegt jedoch nahe, dass der
Gesetzgeber auch mit der Beschränkung der Stiefkindadoption auf Verheiratete vor allem die in der
Ehe vermutete Stabilität der Familienverhältnisse erfassen und Kinder so vor einer Adoption in
unbeständigen Familienverhältnissen bewahren wollte. Der Bundesgerichtshof hat in der hier
angegriffenen Entscheidung den Ausschluss Nichtverheirateter von der Stiefkindadoption ebenfalls mit
Stabilitätserwägungen gerechtfertigt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 30).

(2) Eine Stiefkindadoption nur zuzulassen, wenn die Beziehung zwischen Elternteil und Stiefelternteil
längeren Bestand verspricht, ist ein legitimes gesetzliches Ziel (vgl. auch Art. 7 Abs. 2 Satz 2 des
revidierten Europäischen Adoptionsübereinkommens vom 27. November 2008, BGBl II 2015 S. 2 <6>).
(a) Zwar kann die Verhinderung der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien ein anzunehmendes
Kind nicht davor schützen, einem weiteren Beziehungsabbruch infolge elterlicher Trennung ausgesetzt
zu werden. Auch insoweit gilt, dass das Kind regelmäßig bereits mit dem Stiefelternteil und dem
rechtlichen Elternteil in einer Familie zusammenlebt. Es wird das Trennungsrisiko eben dieser Familie
tragen müssen. Zur Trennung der Eltern kommt es oder kommt es nicht, unabhängig davon, ob eine
Stiefkindadoption erfolgt ist oder nicht. Für ein Kind, das eng an den Stiefelternteil gebunden ist, sind
die Belastungen infolge elterlicher Trennung sogar eher größer, wenn es von dem Stiefelternteil nicht
adoptiert wurde, weil diese Eltern-Kind-Beziehung dann nicht eigenständig rechtlich gesichert ist. Der
effektivste Weg, die Eltern-Kind-Beziehung des Kindes zum Stiefelternteil für den Fall der Trennung
rechtlich zu stützen, ist vielmehr die eigenständige Verrechtlichung dieser Eltern-Kind-Beziehung durch
die derzeit ausgeschlossene Adoption.

(b) Legitim ist die Beschränkung der Stiefkindadoption auf möglichst stabile Beziehungen jedoch, um
das Kind vor Nachteilen zu schützen, mit denen es gerade infolge der Adoption belastet sein könnte,
falls sich Elternteil und Stiefelternteil wieder voneinander trennen, noch bevor sich eine nachhaltige
Beziehung zwischen dem Stiefelternteil und dem Kind bilden konnte, das Kind aber wegen der
Adoption durch ein rechtlich vollwertiges Eltern-Kind-Verhältnis an den Stiefelternteil gebunden bleibt.

Generell wird die Stiefkindadoption zwar gerade auch mit Blick auf eine denkbare Trennung der Eltern
für kindeswohlförderlich gehalten (oben Rn. 67 ff.), weil die Adoption verhindert, dass die Beziehung
des Kindes zum neuen Elternteil im Fall einer elterlichen Trennung jegliche Grundlage verliert (vgl.
BTDrucks 15/3445, S. 15). Im Einzelfall könnte aber eben dieser rechtliche Fortbestand des Eltern-
Kind-Verhältnisses zum Stiefelternteil für das Kind zur Belastung werden. Hierauf hat vor allem die
Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter hingewiesen (oben Rn. 28). Denkbar ist das
insbesondere, wenn die Paarbeziehung der Eltern zerbricht, ohne dass zwischen Kind und
annehmendem Elternteil eine eigenständige, dauerhaft tragfähige Eltern-Kind-Beziehung entstanden
wäre. Das kann der Fall sein, wenn das Eltern-Kind-Verhältnis seine Grundlage im Wesentlichen in der
nun beendeten Beziehung der Eltern gefunden hatte. Das Kind bliebe dann einem Elternteil rechtlich
zugeordnet, dem es emotional und sozial nicht nachhaltig verbunden ist (vgl. zur Bedeutung
verwandtschaftlicher Zuordnungen für die Entwicklung der Persönlichkeit BVerfGE 141, 186 <202 Rn.
35>). In einem solchen Fall können die Nachteile des Fortbestands der rechtlichen Beziehung zum
Stiefelternteil überwiegen.

Vor diesem Hintergrund ist es verfassungsrechtlich legitim, eine Stiefkindadoption nur im Rahmen
einer Stabilität versprechenden Paarbeziehung zulassen zu wollen, um die gerade mit der
Verrechtlichung der Eltern-Kind-Beziehung möglicherweise verbundene Belastung des Kindes nach
einer Trennung der Eltern zu begrenzen. Ist die Beziehung der Eltern dauerhaft stabil, kommt es gar
nicht erst zu dieser Belastung. Selbst wenn sich die Eltern wieder trennen, ist aber bei länger
anhaltender Beziehung wahrscheinlicher, dass auch zwischen Stiefelternteil und Kind eine eigene
tragfähige Beziehung entstanden ist, die über eine Trennung der Eltern hinaus zum Vorteil des Kindes
erhaltenswert ist. Die Stiefkindadoption auf Fälle zu begrenzen, in denen die elterliche Beziehung
Stabilität verspricht, ergänzt und verstärkt so die ohnehin schon bestehende gesetzliche Maßgabe, die
Annahme als Kind nur zuzulassen, wenn zu erwarten ist, dass zwischen dem Annehmenden und dem
Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht (§ 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB). Verhindert wird damit auch, dass
ein Kind in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen kurzfristig wechselnden Beziehungen seines
rechtlichen Elternteils ausgesetzt ist.

bb) Das Differenzierungskriterium der Ehelichkeit der Elternbeziehung ist geeignet, einen Teil der
Beziehungen zu erfassen, die längeren Bestand versprechen.

(1) Sind die Eltern die Ehe eingegangen, spricht dies für einen über einen kurzfristigen
Beziehungswunsch hinausgehenden Bindungswillen und damit für die Stabilität der Beziehung. Daher
ist verfassungsrechtlich nichts dagegen einzuwenden, dass der Gesetzgeber im Adoptionsrecht die
Ehelichkeit der Elternbeziehung als Indikator für Stabilität verwendet. Zwar gibt es auch Ehen, die
schon nach kürzerer Zeit wieder zerbrechen. Im Jahr 2016 hatte zudem etwa die Hälfte der
geschiedenen Ehepaare Kinder unter 18 Jahren (vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 2018,
https://www.destatis.de, S. 58). Ob eine Ehe im konkreten Fall instabil erscheint, kann und muss bei der
Stiefkindadoption jedoch im Rahmen der am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung gemäß §
1741 Abs. 1 Satz 1 BGB näher geprüft werden. Gegebenenfalls muss die Adoption verweigert werden.

(2) Hingegen ist die gesetzliche Regelung nicht geeignet, stabile nichteheliche Stiefkindfamilien zu
erfassen. Die mit der Regelung unwiderlegbar verbundene Vermutung, in nichtehelichen
Stiefkindfamilien sei die Stabilität nicht hinreichend ausgeprägt, ist allenfalls begrenzt tragfähig, weil
zweifellos auch nichteheliche Stiefkindfamilien existieren, in denen die Beziehung der Eltern langfristig
angelegt und tatsächlich stabil ist.

Statistische Angaben deuten darauf hin, dass die tatsächliche Bedeutung der nichtehelichen Familie
als weitere Familienform neben der ehelichen Familie erheblich zugenommen hat. Während die Zahl
der Ehepaare mit Kindern kontinuierlich gesunken ist, stieg die Zahl der Alleinerziehenden und der
nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern. Gab es 2007 noch 6,3 Millionen Ehepaare mit
minderjährigen Kindern, so waren es zehn Jahre später mit nur noch 5,7 Millionen 10% weniger.

Umgekehrt hat sich die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit minderjährigen Kindern von
675.000 im Jahr 2007 um 38% auf 934.000 im Jahr 2017 erhöht. Im Jahr 2017 waren sieben von zehn
Familien (70%) Ehepaare (2007: 74%). Alleinerziehende Mütter oder Väter machten 19% aller Familien
aus (2007: 18%). Weitere 11% aller Familien waren nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern
(2007: 8%) (vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 2018, https://www.destatis.de, S. 59). Knapp
drei Viertel (74%) der minderjährigen Kinder wurden 2017 bei Ehepaaren groß, rund 17% wuchsen bei
einem alleinerziehenden Elternteil auf und 10% lebten bei einem unverheirateten Elternpaar. Vor zehn
Jahren wuchsen mit 77% noch etwas mehr minderjährige Kinder bei verheirateten Eltern auf, 1997
waren es sogar 83% (vgl. Statistisches Bundesamt, Datenreport 2018, https://www.destatis.de, S. 61).
Insbesondere im familienrechtlichen Schrifttum wird hervorgehoben, dass sich die nichteheliche Familie
als weitere Familienform neben der ehelichen Familie etabliert habe und dass dies eine typisierende
Einordnung als instabile Familienform nicht mehr zulasse (vgl. Dahm, in: Kaiser/Schnitzler/Friederici
/Schilling, BGB, Familienrecht, 3. Aufl. 2014, § 1741 Rn. 44; Dethloff, Familienrecht, 32. Aufl. 2018, S.
480 f.; Eckebrecht, NZFam 2018, S. 966 <968>; Hilbig-Lugani, LMK 2017, S. 390 <401>).

Dass auch nichteheliche Stiefkindfamilien existieren, in denen die Beziehung der Eltern langfristig
angelegt und tatsächlich stabil ist, steht nicht zuletzt angesichts der zunehmenden Zahl dieser
Familienbeziehungen außer Frage. Die gesetzliche Regelung ist nicht geeignet, diese stabilen
nichtehelichen Stiefkindfamilien zu erfassen, weil sie die Ehelichkeit der Elternbeziehung als
notwendigen Stabilitätsindikator verwendet und nicht zulässt, eine Stabilitätserwartung alternativ durch
andere Indikatoren zu begründen.

(3) Das verfassungsrechtliche Geeignetheitsgebot verlangt indessen nach ständiger Rechtsprechung
keine vollständige Zielerreichung, sondern lediglich eine Eignung zur Förderung des Ziels (vgl. BVerfGE
138, 136 <189> m.w.N.). Immerhin erlaubt das Kriterium der Ehelichkeit, einen Teil der Stabilität
versprechenden Beziehungen, nämlich die ehelichen, zu identifizieren. Zudem sorgt der strikte
Ausschluss nichtehelicher Lebensgemeinschaften von der Stiefkindadoption mit Sicherheit dafür, dass
es in letztlich doch kurzlebigen nichtehelichen Beziehungen nicht zur Stiefkindadoption kommt, wobei
das Gesetz hierfür bei Ehepaaren allerdings die Überprüfung der Stabilitätsaussicht im Einzelfall
genügen lässt.

Ob danach die Eignung der Regelung im verfassungsrechtlichen Sinne bejaht werden kann, kann hier
offenbleiben, weil der vollständige Adoptionsausschluss jedenfalls nicht angemessen ist (unten Rn.
110 ff.).

cc) Ob es im verfassungsrechtlichen Sinne erforderlich ist, die Stiefkindadoption ausnahmslos an die
Bedingung des Bestehens einer Ehe zwischen rechtlichem Elternteil und Stiefelternteil zu knüpfen,
kann im Ergebnis ebenfalls dahinstehen, weil es jedenfalls nicht angemessen ist, dass nicht
schonendere Mittel als der vollständige Adoptionsausschluss ergriffen wurden (unten Rn. 110 ff.).

(1) Eine Ungleichbehandlung ist nur dann erforderlich, wenn kein Mittel zur Verfügung steht, mit dem
sich das Ziel der Differenzierung bei geringerer Benachteiligung der Betroffenen gleich wirksam
erreichen ließe (vgl. BVerfGE 138, 136 <190> m.w.N.), ohne dabei Dritte oder die Allgemeinheit stärker
zu belasten (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. März 2018 - 1 BvF 1/13 -
www.bverfg.de, Rn. 47 m.w.N.).

(2) Ein milderes Mittel bestünde hier darin, die Stiefkindadoption auch in nichtehelichen
Stiefkindfamilien zu ermöglichen, wenn die Beziehung der Eltern Stabilität verspricht (vgl. Botthof,
FamRZ 2017, S. 626 <631>; Dethloff, Familienrecht, 32. Aufl. 2018, S. 480 f.; Hilbig-Lugani, LMK 2017,
S. 390 <401>). Nach der derzeitigen Rechtslage trifft der Ausschluss der Stiefkindadoption alle
nichtehelichen Stiefkindfamilien, mithin auch jene, in denen die Eltern in stabiler nichtehelicher
Partnerschaft leben und diese Stabilität auch zukünftig erwartet werden darf. Gemessen an der
Zwecksetzung der Differenzierung gibt es in diesen Fällen keinen Grund, die Stiefkindadoption zu
verhindern. Die Regelung hat insofern überschießende Wirkung. Wie die zumeist jüngeren Regelungen
anderer Rechtsordnungen zeigen, bestehen demgegenüber verschiedene zielgenauere Möglichkeiten,
die Stiefkindadoption für Stabilität versprechende nichteheliche Stiefkindfamilien zu öffnen.

(a) Der Gesetzgeber könnte eine Regelung treffen, nach der die zu erwartende Stabilität
nichtehelicher Paarbeziehungen im Einzelfall geprüft werden muss. Dieser Weg wurde in einigen
anderen Rechtsordnungen gewählt (vgl. etwa für Schweden: § 1 Gesetz (2003:376) über
Zusammenlebende in Verbindung mit 4. Kapitel § 6 Abs. 2 Satz 1 Elterngesetz in der Fassung des
Gesetzes vom 29. Juni 2018; für Slowenien: Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 213 Abs. 1
Familiengesetz in der Fassung vom 21. März 2017; für das Vereinigte Königreich: Sec. 144(4)(b) in
Verbindung mit Sec. 49(1)(b) in Verbindung mit Sec. 51(2) Adoption and Children Act 2002 und
Sec. 30(1), (3) in Verbindung mit Sec. 29(3) in Verbindung mit Sec. 119(5) Adoption and Children
(Scotland) Act 2007; für Island: Art. 2 Abs. 2 und Abs. 5 Adoptionsgesetz No. 130/1999; für Norwegen:
Sec. 6 Abs. 1 Satz 2 Adoptionsgesetz (Nr. 48) vom 16. Juni 2017; für Serbien: Art. 4 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 101 Abs. 2 Familiengesetz; außerhalb Europas: für Staaten Australiens: Sec. 3,
Sec. 30(1) Adoption Act 2000 in Verbindung mit Sec. 21C(1)-(3) Interpretation Act 1987 New South
Wales, Sec. 92(1)(a) Adoption Act 2009 in Verbindung mit Sec. 5AA(1)(b) Succession Act 1981 in
Verbindung mit Sec. 32DA(1), (2) Acts Interpretation Act 1954 Queensland sowie Sec. 67(1)(a)
Adoption Act 1994 in Verbindung mit Sec. 3(1), Sec. 13A Interpretation Act 1984 Western Australia).
(b) Für die Prüfung der Stabilitätsaussichten einer nichtehelichen Partnerschaft können zur
Verbesserung der Vorhersehbarkeit zusätzlich oder alternativ konkrete Stabilitätsindikatoren
vorgegeben werden. Insbesondere könnte eine konkret bezifferte Mindestdauer der Beziehung oder
des Zusammenlebens mit der anderen Person, dem Kind oder beiden verlangt werden (vgl. etwa für
Belgien: Art. 343 § 1 b und Art. 356-1 Abs. 3) Code Civil; für Dänemark: § 1 Nr. 1 Adoptionsverordnung
[Nr. 1863]; für Irland: Sec. 3(1)(a) Adoption Act 2010 in der Fassung von Sec. 3(a) Adoption
Amendment Act 2017 und Sec. 37(5)(a), (b) Adoption Act 2010 in der Fassung von Sec. 18(b) Adoption
Amendment Act 2017; für die Niederlande: Art. 227 Abs. 2 Satz 2 Burgerlijk Wetboek; für Portugal:
Art. 1 Abs. 2, Art. 7 Gesetz [Nr. 7/2001] zum Schutz faktischer Lebensgemeinschaften in der Fassung
vom 29. Februar 2016 in Verbindung mit Art. 1979 Abs. 1, Abs. 2 Código Civil; für Spanien: Art. 234-1
in Verbindung mit Art. 235-32 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) Código Civil de Cataluña; für die Schweiz:
Art. 264c Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Zivilgesetzbuch; für Norwegen: Sec. 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4
Adoptionsgesetz (Nr. 48) vom 16. Juni 2017; außerhalb Europas: für Staaten Australiens: Sec. 30(1)(b)
Adoption Act 2000 New South Wales, Sec. 92(1)(c) Adoption Act 2009 Queensland, Sec. 10A(b) in
Verbindung mit Sec. 11(1) Adoption Act 1984 Victoria, Sec. 67(1)(a) Adoption Act 1994 Western
Australia; für Kanada: Art. 546, Art. 555 Satz 2 Code Civil du Québec; für Neuseeland: High Court,
Urteil vom 24. Juni 2010, Re Application by AMM and KJO to adopt a child, [2010] NZFLR 629,
Rn. 35 f. zu Sec. 3 Adoption Act 1955, vgl. dort auch Sec. 1C(2)(b) Property (Relationships) Act 1976,
Sec. 60(1) Family Proceedings Act 1980).

(c) Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, die Ehe der Eltern dabei weiterhin als einen
Stabilitätsindikator zu verwenden, sofern die Regelung daneben auch für nichteheliche Konstellationen
eine Stabilitätsfeststellung zulässt (oben Rn. 104). Auch diesen Weg sind andere Rechtsordnungen
gegangen. In einer größeren Zahl von Rechtsordnungen, die die Stiefkindadoption in nichtehelichen
Lebensgemeinschaften zulassen, gelten nur für diese Lebensgemeinschaften besondere
Anforderungen an die Dauer der Beziehung, nicht aber für Paare, deren Beziehung durch Eheschluss
beziehungsweise Eintragung formell verrechtlicht ist (vgl. für Belgien: Art. 343 § 1 Code Civil; für
Dänemark: § 1 Nr. 1 Adoptionsverordnung [Nr. 1863] und §§ 5, 5a Adoptionsgesetz; für Österreich:
§ 191 Abs. 1 in Verbindung mit § 197 Abs. 4 ABGB sowie Oberster Gerichtshof, Beschluss vom
21. August 2013 - 3 Ob 139/13g -, Rn. 2, m.w.N.; für Portugal: Art. 7 Gesetz [Nr. 7/2001] zum Schutz
faktischer Lebensgemeinschaften in der Fassung vom 29. Februar 2016 in Verbindung mit Art. 1979
Abs. 1 Código Civil; für Schweden: § 1 Gesetz (2003:376) über Zusammenlebende in Verbindung mit
4. Kapitel § 6 Abs. 2 Satz 1 Elterngesetz in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juni 2018; für Spanien:
Art. 234-1 in Verbindung mit Art. 235-32 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) Código Civil de Cataluña; für das
Vereinigte Königreich: Sec. 144(4)(b) in Verbindung mit Sec. 49(1)(b) in Verbindung mit Sec. 51(2)
Adoption and Children Act 2002 sowie Sec. 30(1), (3) in Verbindung mit Sec. 29(3) in Verbindung mit
Sec. 119(5) Adoption and Children (Scotland) Act 2007; für Serbien: Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 101 Abs. 2 Familiengesetz; außerhalb Europas: für Kanada: Art. 546, Art. 555
Satz 2 Code Civil du Québec; für Neuseeland: High Court, Urteil vom 24. Juni 2010, Re Application by
AMM and KJO to adopt a child, [2010] NZFLR 629, Rn. 35 f. zu Sec. 3 Adoption Act 1955, vgl. dort
auch Sec. 1C(2)(b) Property (Relationships) Act 1976, Sec. 60(1) Family Proceedings Act 1980).
(d) Andere Staaten sind dazu übergegangen, die Adoptionsvoraussetzungen für Paare zu
vereinheitlichen und die Dauer unabhängig von der Partnerschaftsform zum Kriterium für die Gewähr
der Beständigkeit der Beziehung zu erheben (vgl. für Irland: Sec. 37(5)(a), (b) Adoption Act 2010 in der
Fassung von Sec. 18(b) Adoption Amendment Act 2017 und Sec. 3(1)(a) Adoption Act 2010 in der
Fassung von Sec. 3 Adoption Amendment Act 2017; für die Niederlande: Art. 227 Abs. 2 Satz 2
Burgerlijk Wetboek; für Norwegen: Sec. 13 Abs. 1 bis 3 Adoptionsgesetz (Nr. 48) vom 16. Juni 2017;
außerhalb Europas: für Staaten Australiens: Sec. 30(1)(b) Adoption Act 2000 New South Wales,
Sec. 92(1)(c), Sec. 128 Adoption Act 2009 Queensland, Sec. 10(1)(b), Sec. 10A(b) in Verbindung mit
Sec. 11(1) Adoption Act 1984 Victoria, Sec. 67(1)(a) Adoption Act 1994 Western Australia; für Kanada:
Sec. 62(1), Sec. 63(3) Child, Youth and Family Enhancement Act Alberta, Sec. 29(2), 35(1)(a) Adoption
Act British Columbia, Sec. 199(2)(c), Sec. 202(1)(a) in Verbindung mit Sec. 179(1) Child, Youth and
Family Services Act in Verbindung mit Sec. 10(1) Human Rights Code Ontario).

(3) Indessen schließt das derzeitige Recht, indem es eine Stiefkindadoption in einer nichtehelichen
Familie nicht zulässt, mit Sicherheit aus, dass eine Adoption in einer vermeintlich stabilen
nichtehelichen Partnerschaft erfolgt, die sich dann doch als kurzlebig erweist. Wird die
Stiefkindadoption hingegen für nichteheliche Familien geöffnet, kann eine positive Stabilitätsprüfung im
Einzelfall fehlgehen. So gesehen verhindert ein vollständiger Adoptionsausschluss wirksamer als eine
für konkretere Stabilitätserwartungen geöffnete Regelung, dass ein Kind in einer instabilen
Paarsituation vom Stiefelternteil adoptiert wird, die nach kurzer Dauer zerbricht. Allerdings wird bei
einer Stiefkindadoption in ehelichen Familien, die auch zerbrechen können, ein Stabilitätsrisiko
gesetzlich in Kauf genommen (oben Rn. 96). Ob die Differenzierung gleichwohl im
verfassungsrechtlichen Sinne erforderlich ist, kann offenbleiben, weil sie jedenfalls unangemessen ist.
dd) Die angegriffene Regelung ist unverhältnismäßig im engeren Sinne.

(1) Soweit der durch vollständigen Adoptionsausschluss in nichtehelichen Stiefkindfamilien erzielbare
Schutz der Kinder wirksamer ist als der Schutz, der sich mit einer auf konkretere Stabilitätsprognosen
im Einzelfall abstellenden Adoptionsregelung erzielen lässt, steht dieser Vorteil jedenfalls in keinem
angemessenen Verhältnis zu den Nachteilen des vollständigen Adoptionsausschlusses. Er wiegt die
Nachteile nicht auf, die Kindern in nichtehelichen Stiefkindfamilien dadurch entstehen können, dass
ihnen die Adoption auch dann versperrt bleibt, wenn die Beziehung der Eltern stabil ist und die
Adoption insgesamt ihrem Wohl diente. Der Schutz des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption
lässt sich hinreichend wirksam mit einer auf konkretere Stabilitätsprognosen abstellenden
Adoptionsregelung (oben Rn. 104 ff.) sichern, in deren Rahmen der Gesetzgeber nicht gehindert ist, an
nichteheliche Lebensgemeinschaften solche Stabilitätserwartungen zu stellen, wie sie Ehen
berechtigterweise entgegengebracht werden dürfen.

(2) Dass die mittelbar angegriffenen Regelungen eine Stiefkindadoption in stabilen Stiefkindfamilien
gleichwohl vollständig ausschließen, ist auch nicht durch Vereinfachungs- und Typisierungsbefugnisse
des Gesetzgebers gerechtfertigt.

(a) Der Gesetzgeber darf zwar unter bestimmten Voraussetzungen typisierende Regelungen
verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Benachteiligung Einzelner
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen.

(aa) Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen muss der Gesetzgeber nach ständiger
Rechtsprechung nicht unter allen Umständen um alle denkbaren Einzelfälle besorgt sein (vgl. BVerfGE
84, 348 <359>; 145, 106 <145 f. Rn. 106>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL
11/14 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 136; stRspr). Auch jenseits der Regelung von Vorgängen der
Massenverwaltung, zu denen die Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen offensichtlich nicht zählt, sind
gesetzliche Typisierungen nicht von vornherein ausgeschlossen. In Betracht kommt dies etwa dann,
wenn eine Regelung über ungewisse Umstände oder Geschehnisse zu treffen ist, die sich - wie hier die
Bestandsfestigkeit einer Paarbeziehung - selbst bei detaillierter Einzelfallbetrachtung nicht mit
Sicherheit bestimmen lassen. Es kann dann zur Rechtssicherheit beitragen, wenn der Gesetzgeber
Rechtsfolgen typisierend an klarer zu fassende Tatbestandsvoraussetzungen knüpft, die - als
Stellvertretermerkmale - die ungewissen Umstände oder Geschehnisse möglichst genau erfassen.
Auch das hier in Betracht gezogene mildere Mittel einer an die bisherige Beziehungsdauer
anknüpfenden Adoptionsregelung bliebe insofern eine typisierende Regelung.

(bb) Die mit einer Typisierung verbundene Ungleichbehandlung ist allerdings nur unter bestimmten
Voraussetzungen verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.

Insbesondere darf der Gesetzgeber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss
realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. BVerfGE 145, 106 <146 Rn. 107>;
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 u.a.-, www.bverfg.de, Rn. 136;
stRspr). Die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten dürfen also nur eine verhältnismäßig
kleine Zahl von Personen betreffen (vgl. BVerfGE 84, 348 <360>; 145, 106 <146 f. Rn. 108>; stRspr).
Darüber hinaus darf das Ausmaß der Ungleichbehandlung nicht sehr intensiv sein (vgl. BVerfGE 84,
348 <360>; 145, 106 <146 f. Rn. 108>; stRspr).

Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären; hierfür sind auch
praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. BVerfGE 84, 348 <359 f.>; 145, 106 <146 f.
Rn. 108>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 u.a. -, www.bverfg.de, Rn.
136; stRspr). Die aus der Typisierung erwachsenden Vorteile müssen also im rechten Verhältnis zu der
damit notwendig verbundenen Ungleichheit stehen (vgl. BVerfGE 145, 106 <146 f. Rn. 108>; BVerfG,
Urteil des Ersten Senats vom 10. April 2018 - 1 BvL 11/14 u.a. -, www.bverfg.de, Rn. 136; stRspr).
(b) Danach ist die strikte Differenzierung der Adoptionsmöglichkeiten in einer Stiefkindfamilie nach
dem Kriterium der Ehelichkeit nicht von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt.

Dem Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Stiefkindfamilien liegt nicht realitätsgerecht
der typische Fall als Maßstab zugrunde. Die nichteheliche Familie hat sich mehr und mehr als weitere
Familienform neben der ehelichen Familie etabliert. Es gibt keine Erkenntnisse, die heute die Annahme
rechtfertigten, dass die Paarbeziehung innerhalb einer nichtehelichen Stiefkindfamilie typischerweise
besonders fragil und nur in einer kleinen Zahl von Fällen stabil wäre. Die Regelung trifft damit nicht nur
zu einem verhältnismäßig geringen Teil die Falschen, sondern wird immer wieder Stiefkindfamilien
betreffen, die länger Bestand haben, so dass ein tragfähiges Eltern-Kind-Verhältnis entsteht und die
Annahme des Kindes durch den Stiefelternteil dem Kindeswohl dienlich wäre.

Das Ausmaß der Ungleichbehandlung ist zudem intensiv. Für die Kinder entscheidet sich anhand des
Familienstands ihrer Eltern, ob sie ihren sozialen Elternteil als rechtlichen Elternteil erhalten können
oder nicht. Dies betrifft grundlegende Voraussetzungen ihrer persönlichen Entwicklung. Auch insoweit
unterscheidet sich die hier zu beurteilende Typisierung nach dem Ehelichkeitskriterium maßgeblich von
der früher für verfassungsgemäß befundenen Beschränkung von Krankenversicherungsleistungen für
eine künstliche Befruchtung auf Ehepaare (vgl. BVerfGE 117, 316 ff.), die keinem bereits existierenden
Kind etwas nehmen kann, sondern die finanzielle Förderung der Verwirklichung eines Kinderwunschs
betrifft.

Die Härte ließe sich auch ohne übermäßige Schwierigkeiten vermeiden, indem nichteheliche
Stiefkindfamilien nicht strikt von der Adoption ausgeschlossen würden. Es wäre möglich, die
Kindeswohldienlichkeit auch in dieser Konstellation im Einzelfall zu prüfen und dabei statt oder neben
dem Ehekriterium alternative Stabilitätsindikatoren wie etwa die bisherige Beziehungsdauer zu
verwenden. Dass es einen gesteigerten Aufwand bedeutet, die Adoptionsvoraussetzungen auch in
nichtehelichen Stiefkindfamilien zu prüfen anstatt entsprechende Anträge - wie bisher - unter Verweis
auf das geltende Recht kategorisch abzulehnen, kann die Benachteiligung der betroffenen Kinder nicht
rechtfertigen, zumal bei einer Adoption ohnehin immer eine Einzelfallprüfung erfolgt.

d) Die unterschiedliche Behandlung von Stiefkindern in ehelichen und nichtehelichen Familien ist
auch nicht durch die in Art. 6 Abs. 1 GG zugunsten der Ehe enthaltene Wertentscheidung
gerechtfertigt.

aa) Das Grundgesetz stellt in Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der
staatlichen Ordnung. Damit garantiert die Verfassung nicht nur das Institut der Ehe, sondern gebietet
als verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden
privaten und öffentlichen Rechts einen besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (BVerfGE 124,
199 <224 f.>; 126, 400 <420>). Daraus folgen ein Beeinträchtigungsverbot und ein Förderungsgebot.
Um dem Schutzauftrag Genüge zu tun, ist es insbesondere Aufgabe des Staates, alles zu unterlassen,
was die Ehe beschädigt oder sonst beeinträchtigt, und sie durch geeignete Maßnahmen zu fördern
(BVerfGE 124, 199 <224 f.>; 126, 400 <420>). Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe ist
es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, sie gegenüber anderen Lebensformen zu
begünstigen (BVerfGE 124, 199 <225>; 126, 400 <420> m.w.N.). Auch die ehebegünstigenden Normen
bei Unterhalt, Versorgung und im Steuerrecht können ihre Berechtigung in der gemeinsamen
Gestaltung des Lebensweges der Ehepartner finden (BVerfGE 124, 199 <225>; 126, 400 <420>).
Geht die Förderung der Ehe allerdings mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher,
obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen
der Ehe vergleichbar sind, rechtfertigt die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche
Differenzierung nicht (BVerfGE 126, 400 <420> m.w.N.; ähnlich BVerfGE 124, 199 <226>). Ein
Abstands- oder Benachteiligungsgebot, das die Benachteiligung anderer Lebensformen bereits für sich
genommen rechtfertigen könnte, besteht nicht. Denn aus der Befugnis, in Erfüllung und Ausgestaltung
des verfassungsrechtlichen Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren,
lässt sich kein in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der
Ehe zu benachteiligen. Es ist verfassungsrechtlich nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der
Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe auszugestalten und mit
geringeren Rechten zu versehen sind (BVerfGE 124, 199 <226>). Vielmehr bedarf es eines besonderen
Differenzierungsgrundes, der im Unterschied zwischen Ehe und anderer Lebensform liegen und gerade
für den geregelten Sachverhalt tatsächlich von Bedeutung sein muss. Hier bedarf es jenseits der
bloßen Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am
jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel die Benachteiligung anderer Lebensformen rechtfertigt
(BVerfGE 124, 199 <226>; in der Sache ähnlich BVerfGE 126, 400 <421>) und dabei über die abstrakte
Förderung der Ehe hinausgehen muss (vgl. BVerfGE 124, 199 <226>).

bb) Die angegriffene Regelung benachteiligt insofern eine vergleichbare Lebensform, als sie
Stiefkindern in nichtehelichen Familien, auch wenn diese tatsächlich ebenso stabil sind wie eheliche
Familien, eine Adoption durch den Stiefelternteil strikt vorenthält. Für den Ausschluss der
Stiefkindadoption in nichtehelichen Stiefkindfamilien besteht gemessen an Regelungsgegenstand und
Regelungsziel kein hinreichend gewichtiger Sachgrund.

(1) Regelungsgegenstand ist hier die Zulassung der Stiefkindadoption in ehelichen Familien einerseits
und die Verwehrung der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien andererseits. Zwischen der
ehelichen und der nichtehelichen Partnerschaft bestehen durchaus Unterschiede. Die nichteheliche
Lebensgemeinschaft unterscheidet sich von der Ehe insbesondere dadurch, dass sich die Partner
keinen verbindlichen Normen unterwerfen. Familienrechtliche Regelungen, die das Verhältnis nicht
verheirateter Paare betreffen (zum Beispiel die Unterhaltspflicht von Mutter und Vater aus Anlass der
Geburt nach § 1615l BGB oder sorge- und umgangsrechtliche Regelungen in §§ 1626a, 1684 BGB),
knüpfen an das gemeinsame Elternsein an, begründen jedoch keine gegenseitige Einstandspflicht als
Paar. Auch ist die Auflösung der faktischen Lebensgemeinschaft - anders als die Beendigung der Ehe -
allein vom einfachen Willen eines oder beider Partner abhängig und an keine rechtlichen
Voraussetzungen und Verfahren gebunden.

(2) Gemessen am Regelungsziel ist die Ungleichbehandlung von Stiefkindern in ehelichen und in
nichtehelichen Familien indessen nicht gerechtfertigt. Sie dient dem Ziel, Adoptionen in instabilen
Stiefkindfamilien zu verhindern. Sie beruht wie gesehen auf der unwiderleglichen Vermutung, die
nichteheliche Stiefkindfamilie sei instabil und habe nur vorübergehend Bestand. Diese Annahme hat
sich aber in ihrer Rigorosität als nicht hinreichend tragfähig erwiesen (oben Rn. 97 ff.) und kann die
ausnahmslose Schlechterstellung der nichtehelichen gegenüber der ehelichen Familiensituation nicht
rechtfertigen.

4. Ob die adoptionsrechtliche Benachteiligung nichtehelicher Lebensgemeinschaften gegenüber
verheirateten Paaren trotz der Möglichkeit, die angestrebte Adoption nach Eheschließung zu
realisieren, einen eigenständigen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründet, kann hier offenbleiben,
weil die Verhinderung der Stiefkindadoption jedenfalls die betroffenen Kinder in nicht gerechtfertigter
Weise benachteiligt und damit bereits aus diesem Grunde verfassungswidrig ist.

D.

I.
§ 1754 Abs. 1 und Abs. 2 BGB und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB verstoßen gegen Art. 3
Abs. 1 GG, weil sie im Fall der Annahme eines Kindes durch den Ehegatten eines Elternteils das

Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses zu diesem Elternteil ausschließen und dem Kind die
Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten einräumen, wohingegen ein Kind von seinem
mit einem Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Stiefelternteil unter keinen
Umständen adoptiert werden kann, ohne dass die verwandtschaftliche Beziehung zum Elternteil
erlischt. Weil die angegriffenen Entscheidungen auf dieser verfassungswidrigen Regelung beruhen,
sind auch diese verfassungswidrig.

II.
Die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95
Abs. 3 i.V.m. § 78 Satz 1 BVerfGG). Da dem Gesetzgeber hier aber mehrere Möglichkeiten zur
Verfügung stehen, den Gleichheitsverstoß zu beseitigen, kommt nur eine Unvereinbarkeitserklärung in
Betracht (vgl. BVerfGE 133, 59 <99 Rn. 106>; stRspr).

III.
Der Gesetzgeber muss bis zum 31. März 2020 eine Neuregelung treffen. Bis zur Neuregelung durch
den Gesetzgeber ist das geltende Recht auf nichteheliche Stiefkindfamilien nicht anwendbar. Verfahren
sind bis zu einer Neuregelung auszusetzen.

IV.
Die Entscheidungen sind aufzuheben und die Sache ist an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen.
Das Verfahren ist bis zur gesetzlichen Neuregelung auszusetzen, soweit es sich nicht auf andere Weise
erledigt.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

BVerfG

Erscheinungsdatum:

26.03.2019

Aktenzeichen:

1 BvR 673/17

Rechtsgebiete:

Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
Elterliche Sorge (ohne familiengerichtliche Genehmigung)

Erschienen in:

NJW 2019, 1793-1802
Zerb 2019, 147-159

Normen in Titel:

GG Artt. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 u. 2; BGB § 1741 Abs. 2