OLG Köln 03. Dezember 2018
2 Wx 372/18
GBO §§ 29 Abs. 1, 53 Abs. 1; BGB § 2113 Abs. 2 S. 1

Entgeltlicher Veräußerung durch Vorerben; Anforderungen an die Zulässigkeit der Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks

letzte Aktualisierung: 12.4.2019
OLG Köln, Beschl. v. 3.12.2018 – 2 Wx 372/18

GBO §§ 29 Abs. 1, 53 Abs. 1; BGB § 2113 Abs. 2 S. 1
Entgeltlicher Veräußerung durch Vorerben; Anforderungen an die Zulässigkeit der Eintragung
eines Wirksamkeitsvermerks

1. Hinsichtlich der Eintragung einer Auflassungsvormerkung hat das Grundbuchamt die
Entgeltlichkeit noch nicht zu prüfen. Die Eintragung kann jedoch abgelehnt werden, wenn bereits
feststeht, dass der durch die Vormerkung gesicherte Anspruch nie wirksam entstehen wird.

2. Ein der Auflassungsvormerkung beigefügter Wirksamkeitsvermerk ist unzulässig, sofern Zweifel
an der Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäftes bestehen. Diese können sich insbesondere dadurch
ergeben, dass der Vorerbe an eine ihm nahestehende Person veräußert und dabei große Teile des
erheblich über dem Wert des Veräußerungsobjektes liegenden Kaufpreises stundet. (Leitsätze der
DNotI-Redaktion)

Gründe:

1.
Im Grundbuch von Q, Blatt 1865 und Blatt 3483, ist jeweils die Beteiligte zu 1. als
Eigentümerin verzeichnet. In Blatt 3483 ist in Abt. II unter lfd. Nr. 1 in Bezug auf den früheren
Anteil des verstorbenen Ehemannes der Beteiligten zu 1. ein Nacherbenvermerk mit
folgendem Inhalt eingetragen:
„Es ist eine Nacherbfolge angeordnet. Im Falle der Wiederverheiratung der Witwe O2
geborene E tritt Nacherbfolge ein. Nacherbe ist in diesem Fall O3,….“
Mit Urkunde vom 11.04.2018 (UR Nr. 650/2018 des Notars Dr. J in C2, Bl. 49 ff. d.A.)
verkaufte die am 15.03.1925 geborene Beteiligte zu 1. den in den vorgenannten beiden
Blättern verzeichneten Grundbesitz an den Beteiligten zu 3. zu einem Kaufpreis von
400.000,-- € unter Vorbehalt eines unentgeltlichen Wohnungsrechtes. Unter § 1 Nr. 3 des
Kaufvertrages heißt es:
„Frau O2 hat den ½ Miteigentumsanteil an dem im Grundbuch von Q Blatt 3483
verzeichneten Grundbesitz von ihrem Ehemann O aufgrund handschriftlicher
gemeinschaftlicher Testamente …. geerbt. In den vorgenannten Verfügungen von Todes
wegen hat der Erblasser bedingte Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung seiner
Ehefrau O2 angeordnet. O2 ist als (bedingte) Vorerben von den gesetzlichen
Beschränkungen befreit, so dass sie ohne Zustimmung des Nacherben zu entgeltlichen
Verfügungen über den Grundbesitz berechtigt ist.
Der Verkäufer und der Käufer bestätigen hiermit, dass der nachstehend vereinbarte Kaufpreis
unter Berücksichtigung des Kapitalwerts des nachstehend vorbehaltenen Wohnungsrechts für
den Verkäufer wie unter fremden Dritten ausgehandelt wurde und der Gesamtwert des
vorbehaltenen Wohnungsrechts und des Kaufpreises nach Überzeugung beider Parteien dem
Verkehrswert des Kaufgegenstandes entspricht, es sich also um ein vollentgeltliches
Geschäft handelt.
Dabei sind die Beteiligten von einem Jahreswert des Wohnungsrechts von € 20.000,00
ausgegangen. Nach § 14 Abs. 1 S. 4 des Bewertungsgesetzes … ergibt sich bei einer
durchschnittlichen Lebenserwartung einer Frau im Alter von Frau O2 ein Kapitalwert des
Wohnungsrechts von (3,034 x € 20.000,00 =) € 60.680,00.
…“
Ein Kaufpreisanteil in Höhe von 250.000,-- € wurde dem Käufer zu monatlichen Raten in
Höhe von 500,-- € nach näherer Maßgabe eines privatschriftlichen Darlehensvertrages vom
11.04.2018 (Bl. 69 ff.) gestundet. Zugunsten des Käufers wurde eine Auflassungsvormerkung
nebst einem in Blatt 3483 einzutragenden Vermerk des Inhalts bewilligt, dass die Vormerkung
bei Eintritt des Nacherbfalls wirksam bleibe. Wegen der Einzelheiten wird auf die zum Vollzug
bei dem Grundbuchamt eingereichte Vertragsurkunde (Bl. 49 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit Zwischenverfügung vom 24.05.2018 (Bl. 87 d.A.) hat die Grundbuchrechtspflegerin
geltend gemacht, es bestünden Bedenken gegen die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks
wegen Zweifeln an einer vollen Entgeltlichkeit. Eine Eintragung komme entweder nach
Vorlage eines Verkehrswertgutachtens oder mit Zustimmung des Nacherben in Betracht. Der
Beteiligte zu 2. hat ebenfalls Bedenken gegen eine Entgeltlichkeit geäußert (Bl. 93 d.A.). Der
Urkundsnotar hat daraufhin ein Wertgutachten eingereicht (Bl. 96 d.A.). Mit am 30.07.2018
erlassenem Beschluss vom 27.07.2018 (Bl. 129 ff. d.A.) hat die Grundbuchrechtspflegerin
erneut eine Zwischenverfügung erlassen. Es werde keine volle Entgeltlichkeit gesehen, da
nicht geklärt sei, ob der Kaufpreis tatsächlich dem vollen Verkehrswert entspreche, und der
zu zahlende Kaufpreis nicht in das Vermögen der Eigentümerin gelange. Es werde gebeten,
den Eintragungsantrag auf die Auflassungsvormerkung ohne Wirksamkeitsvermerk zu
beschränken. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 31.08.2018 hat die
Beteiligte zu 1. weiter vorgetragen (Bl. 140 ff. d.A.). Am 19.09.2018 ist in beiden
Grundbuchblättern die Auflassungsvormerkung eingetragen worden, in Blatt 3483 in Abt. II
unter lfd. Nr. 2 mit dem Zusatz: „Die Vormerkung ist gegenüber dem Nacherben wirksam.“
Eine entsprechende Eintragungsbekanntmachung ist am 24.09.2018 versandt worden (Bl.
168 d.A.)
Mit Schreiben vom 16.10.2018 (Bl. 172 ff. d.A.) hat der Beteiligte zu 2. Beschwerde „gegen
die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes beim Amtsgericht Bergisch Gladbach vom
27.7.2018 sowie die Eintragungsbekanntmachung vom 24.9.2018“ Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, der Verkauf sei nicht entgeltlich erfolgt. Die
Grundbuchrechtspflegerin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur
Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt (Bl. 179 f. d.A.). Zur Begründung hat sie
ausgeführt, die erhobenen Einwendungen betreffend die behauptete fehlende
Unabhängigkeit des Verkehrswertgutachtens und die persönlichen Beziehungen zwischen
Eigentümerin und Erwerber könnten im Grundbuchverfahren nicht überprüft werden. Die
zunächst von ihr beanstandete mangelnde Entgeltlichkeit sei mit dem Schriftsatz vom
31.08.2018 nachgebessert worden, weshalb die Eintragung vorgenommen worden sei.
Mit Beschluss vom 07.11.2018 hat der Senat das Grundbuchamt im Wege einer einstweiligen
Anordnung angewiesen, einen Widerspruch gegen den Wirksamkeitsvermerk einzutragen;
dies ist am 09.11.2018 geschehen.

2.
a) Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die
Zwischenverfügung vom 27.07.2018 wendet. Da mit der Zwischenverfügung der
Eintragungsantrag der beiden anderen Beteiligten beanstandet worden ist, scheidet insoweit
eine Beeinträchtigung von Rechten des beschwerdeführenden Beteiligten zu 2. aus (§ 59
Abs. 1 FamFG)

b) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen „die Eintragungsbekanntmachung vom
24.9.2018“ wendet und als Gegenstand des Verfahrens den beabsichtigten Verkauf des
Grundstücks bezeichnet, ist dies als Beschwerden gegen die Eintragungen der beiden
Auflassungsvormerkungen sowie den allein in Blatt 3483 eingetragenen
Wirksamkeitsvermerk aufzufassen. Jedenfalls insoweit ist der Beteiligte zu 2. als Nacherbe
beschwerdebefugt. Zulässig sind die Beschwerden indes allein mit dem Ziel, nach § 53 GBO
einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen (§ 71 Abs. 2 GBO).

aa)
Die Beschwerden sind unbegründet, soweit sie sich gegen die Eintragung der
Auflassungsvormerkungen als solche richten. Bei Vormerkung der Eigentumsumschreibung
ist die Entgeltlichkeit noch nicht zu prüfen. Denn die Eintragung der Vormerkung kann nur
verweigert werden, wenn für das Grundbuchamt sicher feststeht, dass der gesicherte
Anspruch nie zur wirksamen Entstehung gelangen wird. Weil aber eine (teilweise)
unentgeltliche Verfügung auch dann voll wirksam werden kann, wenn die Nacherben
zustimmen (vgl. OLG München ZEV 2012, 328 m.w.N. zur Verfügung eines
Testamentsvollstreckers), erweist sich deren Wirksamkeit oder Unwirksamkeit erst bei der
Vornahme der endgültigen Eintragung.

bb)
Diese Einschränkung des Prüfungsmaßstabes gilt nicht für den Wirksamkeitsvermerk.
Allerdings scheidet eine Löschung von vornherein aus, weil sich diese Eintragung nicht ihrem
Inhalt nach als unzulässig gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO erweist. Denn es ist anerkannt,
dass ein solcher Vermerk eintragungsfähig ist: Hat ein Vorerbe ein Recht am Grundstück oder
eine Vormerkung bestellt, die bei Eintritt des Nacherbfalls wirksam bleiben, so kann die
Eintragung eines Wirksamkeitsvermerks verlangt werden. Durch einen solchen wird
verlautbart, dass der eingetragene Nacherbenvermerk gegenüber diesem Recht keine
Unwirksamkeit im Sinn von § 2113 BGB anzeigt (BayObLG FG Prax 1997, 135; OLG
München FGPrax 2016, 112).
Danach kommt im Falle einer Unrichtigkeit eines Wirksamkeitsvermerks nur die Eintragung
eines Widerspruchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO in Betracht, der dem Vermerk die
Verlautbarungswirkung nimmt. Die Voraussetzungen hierfür sind vorliegend auch erfüllt, weil
die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks ohne hinreichende Prüfung der Voraussetzungen
des § 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB erfolgt und hierdurch das Grundbuch in Ansehung des
Wirksamkeitsvermerks unrichtig geworden ist.
Der Nachweis der Entgeltlichkeit als Eintragungsvoraussetzung wird regelmäßig nicht in der
Form des § 29 Abs. 1 GBO geführt werden können. Die Rechtsprechung hat daher den
allgemeinen Satz aufgestellt, dass eine entgeltliche Verfügung anzunehmen ist, wenn die
dafür maßgebenden Beweggründe im Einzelnen angegeben werden, verständlich und der
Wirklichkeit gerecht werdend erscheinen und begründete Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der
Handlung nicht ersichtlich sind (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 52 Rn. 23 m.w.N.;
OLG München Rpfleger 2012, 250, 251). Vor allem kann sich der Nachweis auch auf
allgemeine Erfahrungssätze stützen, die eine Offenkundigkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz
2 GBO begründen können. Ein allgemeiner Erfahrungssatz besagt zum Beispiel, dass ein
Kaufvertrag mit einem unbeteiligten Dritten ein entgeltlicher Vertrag und keine verschleierte
Schenkung ist, wenn die Gegenleistung an den Vorerben bzw. Testamentsvollstrecker
erbracht wird (vgl. KG FGPrax 2012, 145; OLG München Rpfleger 2012, 250, 251 m.w.N.;
OLG München FGPrax 2016, 112; OLG München RNotz 2018, 491; Senat, Beschluss vom
14.11.2018 – 2 Wx 356/18 (n.v.)). In Fällen eines persönlichen Näheverhältnisses des
verfügenden Vorerben zum Erwerber ist die (vollständige) Entgeltlichkeit durch Vorlage von
Wertgutachten und/oder Verwendungsnachweisen zu belegen; von Amts wegen darf das
Grundbuchamt allerdings nicht ermitteln und etwa über den Verkehrswert des Grundstücks
bzw. die Entgeltlichkeit Gutachten einholen (OLG Düsseldorf FGPrax 2008, 94 m.w.N.).
Nach diesen grundbuchverfahrensrechtlichen Maßstäben ist hier der Entgeltlichkeitsnachweis
nicht geführt:
Zunächst ist vorliegend nicht zu erkennen, dass es sich bei dem Käufer um einen
unbeteiligten Dritten handelt. Vielmehr heißt es im Kaufvertrag, dass der Kaufpreis „wie unter
fremden Dritten“ ausgehandelt worden sein soll, was dahingehend verstanden werden muss,
dass der Beteiligte zu 3. eben nicht ein „fremder Dritter“ war, sondern bereits, wie im Übrigen
der Beteiligte zu 2. vorbringt, in einer Nähebeziehung zur Antragstellerin stand. Ohne Erfolg
stützt sich die Antragstellerin zur Belegung des Verkehrswertes der Immobilie auf das
Wertgutachten N vom 13.06.2018 (Bl. 97 ff. d.A.). Dieses entbehrt hinreichender
Aussagekraft: Aus welchen Gründen auf Seiten 11, 12 des Gutachtens ein als „Hinterland“
ausgewiesener Bodenanteil von 461 qm für „unrentierlich“ erachtet und nur mit 20% des im
Übrigen angesetzten Betrag von 460,-- €/qm bewertet worden ist, wird nicht konkret erläutert.
Auch die Grundstücksbeschreibung auf Seite 6 des Gutachtens bringt insoweit keine
Aufklärung. Hier sind zudem sowohl unter „Grundstücksbeschreibung“ als auch unter
„Abmessungen“ Übermalungen festzustellen, welche nicht erkennen lassen, was hier von
wem überdeckt worden ist.
Es kommt maßgebend hinzu, dass – worauf bereits das Grundbuchamt in seiner am
30.07.2018 erlassenen Zwischenverfügung vom 27.07.2018 hingewiesen hatte - dem Käufer
ein über die Hälfte hinausgehender Kaufpreisteil darlehensweise gestundet worden ist.
Aufgrund der – nach Erfahrung des Senats bei Grundstücksverkäufen angesichts der Höhe
des Kaufpreises sehr ungewöhnlichen - Vereinbarung monatlicher Raten von 500,-- € kann
nicht davon die Rede sein, dass der Gegenwert der Immobilie noch vollständig dem in den
Händen der Vorerbin befindlichen Nachlass zufließt. Erforderlich für die Entgeltlichkeit einer
Verfügung ist, dass ein tatsächlicher, wirtschaftlich greifbarer Gegenwert in den Nachlass
gelangt (Staudinger/Avenarius, BGB, Neubearbeitung 2013, § 2113 Rz. 75). Zwar kann bei
Stundung der Gegenforderung Entgeltlichkeit anzunehmen sein, wenn die Gegenleistung bis
zum Tod des Vorerben gestundet ist (OLG Hamm NJW 1969, 1492; MünchKomm/Grunsky,
BGB, 7. Aufl. 2017, § 2113 Rz. 35 m.w.N.). Dies ist hier gerade nicht der Fall, vielmehr ist die
Laufzeit in dem durch den Kaufvertrag in Bezug genommenen Darlehensvertrag als
„unbegrenzt bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens“ bestimmt. Daran ändern auch
die mit Schriftsatz vom 31.08.2018 vorgelegten Modifikationen des Darlehensvertrages
nichts.
Soweit eine subjektive Erkennbarkeit der (teilweisen) Unentgeltlichkeit auf Seiten des
Vorerben verlangt wird (BGH NJW 1984, 366; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 2113
Rz. 10), ist dieses Erfordernis jedenfalls wegen der genannten darlehensweisen Stundung
des erheblichen Kaufpreisteils erfüllt.
Offenbleiben kann an dieser Stelle, ob der privatschriftlich vorgelegte Darlehensvertrag in
formeller Hinsicht zum Nachweis getroffener Vereinbarungen ausreichen würde.

3.
Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf den Ausgang des Verfahrens auf § 81 Abs. 1
Satz 1, Satz 2 FamFG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 GBO sind
nicht erfüllt.

Art:

Entscheidung, Urteil

Gericht:

OLG Köln

Erscheinungsdatum:

03.12.2018

Aktenzeichen:

2 Wx 372/18

Rechtsgebiete:

Erbeinsetzung, Vor- und Nacherbfolge
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO §§ 29 Abs. 1, 53 Abs. 1; BGB § 2113 Abs. 2 S. 1