Schenkung von Wohnungseigentum an einen Minderjährigen als lediglich rechtlicher Vorteil?
Grundstücksschenkung an einen beschränkt Geschäftsfähigen Minderjährigen und Verbot des Selbstkontrahierens
Im Fall einer Schenkung von Wohnungseigentum von seiten des gesetzlichen Vertreters an einen über sieben Jahre alten Minderjährigen ist die Frage, ob die Schenkung dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, aus einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrages heraus zu beurteilen. Sofern mit der Übertragung des dinglichen Rechts rechtliche Nachteile verbunden sind, ist deshalb auch dann, wenn der schuldrechtliche Vertrag dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, der gesetzliche Vertreter nicht etwa im Hinblick auf § 181 letzter Halbsatz BGB befugt, den Minderjährigen bei der Annahme der Auflassung zu vertreten oder die von dem Minderjährigen selbst erklärte Auflassung zu genehmigen.
BGH, Beschl. v. 9. Juli 1980, V ZB 16/79
Aus den Gründen:
I. Die Beteiligten betreiben die Umschreibung des hälftigen Miteigentumsanteils an einer Eigentumswohnung.
Inhaber dieses Rechts ist der Beteiligte zu 1. Der Beteiligte zu 2 ist dessen minderjähriger Sohn. Mit notariell beurkundetem Vertrag zwischen den Beteiligten vom I. April 1978 »überließ« der - als »Veräußerer« bezeichnete - Beteiligte zu 1 diesen Miteigentumsanteil schenkungsweise dem - als »Erwerber« bezeichneten - Beteiligten zu 2., Die Beteiligten erklärten in dem Vertrag auch ihre Einigung über den Rechtsübergang, des weiteren bewilligte der Veräußerer und beantragte der Erwerber die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch. Unter Abschnitt VI 5 der Urkunde heißt es, der Erwerber habe von der hinsichtlich der Wohnanlage bestehenden Gemeinschafts- und Hausordnung Kenntnis und trete in diese ein.
Diese Gemeinschaftsordnung ist gemäß den Bestimmungen der §§ 8 Abs. 2,5 Abs. 4,10 Abs. 2 WEG zum Inhalt des Sondereigentums gemacht worden.
Auf den beim Grundbuchamt eingegangenen Vollzugsanstrag hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts in einer Zwischenverfügung vom 10. Oktober 1978 den Standpunkt vertreten, zu der Überlassung sei die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig, da durch den Eintritt des Beteiligten zu 2 in den Verwaltervertrag (Ziff. 5 der Urkunde) die Schenkung diesem nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe.
Rechtspfleger und Amtsgericht haben der dagegen eingelegten Erinnerung nicht abgeholfen. Das Landgericht hat das nunmehr als Beschwerde geltende Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht möchte die weitere Beschwerde der Beteiligten zurückweisen. Es sieht sich daran jedoch durch das in BGHZ 15,168 veröffentliche Urteil des Bundesgerichtshofes gehindert und hat deshalb gemäß
II. Die Voraussetzungen für die Vorlegung der weiteren Beschwerde an den Bundesgerichtshof nach
III. Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg,
Gemäß
I. Die Frage, ob bereits im Hinblick auf die mit jeder Art von Grunderwerb verbundenen öffentlichen Lasten ein rechtlicher Nachteil zu bejahen ist, kann dabei hinsichtlich der hier zur Erörterung stehenden Schenkung eines Anteils an einem Wohnungseigentumsrecht in gleicher Weise offenbleiben wie in den Fällen, in denen sich der Bundesgerichtshof - wie in BGHZ 15,168 - mit der Schenkung eines Grundstücks zu fassen hatte (vgl. auch das Senatsurteil vom 5. Februar 1971 - V ZR 91/68 = LM BGB § 107 Nr. 7 Bl. 3 unter d). Ebensowenig braucht erörtert zu werden, ob der Umstand, daß das schenkweise überlassene Wohnungseigentum mit einer Grundschuld belastet ist, in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen könnte.
Der Erwerb eines Wohnungseigentums (oder eines Anteils hieran) weist gegenüber dem Erwerb eines Grundstücks die Besonderheit auf, daß der Erwerber mit dem dinglichen Rechtserwerb zugleich in die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und in die vom Gesetz damit verknüpften vielfältigen Verpflichtungen (§§ 10 ff WEG) eintritt, sowie den gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§§ 20 ff WEG) unterworfen ist. Indes kann auch insoweit hier dahingestellt bleiben, ob der rechtsgeschäftliche Erwerb von Wohnungseigentum durch einen Minderjährigen auch dann als ein nicht ausschließlich lukratives Rechtsgeschäft anzusehen ist, wenn hinsichtlich des Gemeinschaftsverhältnisses der Wohnungseigentümer untereinander sowie hinsichtlich-der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums keine die gesetzliche Ausgestaltung abändernden Bestimmungen getroffen worden sind (s. allgemein zum schenkungsweisen Erwerb von Wohnungseigentum durch einen Minderjährigen OLG Celle NJW 1976,2214 mit Anm. Jahnke NJW 1977,960; Soergel/Hefermehl, BGB 11. Aufl. § 107 Rdn. 2; Gitter in MünchKomm zum BGB § 107 Rdn. 23 unter jj; Palandt/Heinrichs, BGB 38. Aufl. § 107 Anm. 2; Bärmann/Pick/Merle, WEG 4. Aufl. § 1 Rdn. 46, § 3 Rdn. 56). Denn in dem hier zur Erörterung stehenden Fall ist ein rechtlicher Nachteil, der - unabhängig von dem in Abschnitt VI Nr. 5 der notariellen Urkunde vereinbarten Eintritt in die Gemeinschaftsordnung - gemäß §§ 8 Abs. 2,5 Abs. 4,10 Abs. 2 WEG unmittelbar mit dem dinglichen Rechtserwerb verbunden ist, jedenfalls darin zu erblicken, daß in der zwischen den (bisherigen) Wohnungseigentümern vereinbarten Gemeinschaftsordnung die den einzelnen Wohnungseigentümer kraft Gesetzes treffenden Verpflichtungen nicht unerheblich verschärft worden sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der über
Der Ansicht, daß der Rechtserwerb im vorliegenden Fall nicht nur von rechtlichem Vorteil ist, kann auch nicht etwa entgegengehalten werden, es handle sich bei den angeführten Rechtsnachteilen nicht um selbständige Verpflichtungen, sondern - im Hinblick darauf, daß die Gemeinschaftsordnung zum Inhalt des Sondereigentums gemacht worden ist - um dem Wohnungseigentum selbst innewohnende Bindungen. Denn im Unterschied etwa zu dem Fall der Schenkung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks, die nach verbreiteter Meinung nicht anders zu beurteilen sein soll als die Schenkung eines unbelasteten Grundstücks (BayObLGZ 1979,49,53 m. N.), haftet hier der Erwerber für die ihm auferlegten Verpflichtungen nicht nur dinglich mit der erworbenen Sache, sondern auch persönlich.
2. Da somit nach
Zu Recht geht das vorlegende Gericht davon aus, daß die Vorschrift des
Fehl geht allerdings der Hinweis in dem letzten Absatz des Vorlagebeschlusses, daß auch schon dem Urteil des erkennenden Senats vom 5. Februar 1971 (V ZR 91/68, LM BGB § 107 Nr. 7) diese Rechtsauffassung zugrundeliege. Zu der Vorlagefrage ergibt sich aus diesem Urteil deswegen nichts, weil über das jenem Fall zugrundeliegende Kausalgeschäft nichts Näheres gesagt ist.
Entscheidend ist aber, daß es mit dem Schutzweck des
Der durch
Nach dieser vom Gesetz vorgezeichneten Interessenabwägung ist daher die Frage des rechtlichen Vorteils oder Nachteils einer Schenkung aus einer Gesamtbetrachtung des schuldrechtlichen und des dinglichen Vertrages heraus zu beurteilen; damit wird sowohl dem Fall einer Schenkung von seiten des gesetzlichen Vertreters als auch einer Schenkung von dritter Seite in gleicher Weise Rechnung getragen. (Ob, wie dies von Westermann JZ 1955,244 befürwortet wird, eine solche Gesamtbetrachtung auch über den Kreis von Schenkungsgeschäften hinaus allgemein angezeigt wäre, mag im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben; dies könnte jedenfalls nicht aus dem Gesichtspunkt des erforderlichen Schutzes des Minderjährigen hergeleitet werden.) Nach Sinn und Zweck des
Entscheidung, Urteil
Gericht:BGH
Erscheinungsdatum:09.07.1980
Aktenzeichen:V ZB 16/79
Erschienen in: Normen in Titel:BGB §§ 107, 181